Die da oben - Innenansichten aus deutschen Chefetagen
Mehdorn galt als Ihr Förderer. Ohne geht es nicht als Frau.
Jeder, auch ein Mann, braucht Förderer. Und zwar mehr als nur einen. Mehrere im Unternehmen müssen Ihnen etwas zutrauen und Sie unterstützen. Deswegen bin ich skeptisch, ob spezielle Frauenförderungsprogramme wirklich etwas bringen. Ich glaube, es tut Männern wie Frauen gut, wenn sie gefördert werden. Ich glaube auch, dass Frauen Mentorinnen von Männern sein sollten und umgekehrt.
Ist Angela Merkel als Kanzlerin ein Vorbild für die Frauen?
Mir gefällt sehr, wie souverän sie als oberste Frau des Staates auftritt, auch wenn ich mit ihrer Politik nicht immer übereinstimme. Nur ob sie ein Vorbild für alle Frauen ist, da bin mir nicht so sicher. Ihre Position ist so einzigartig, dass sich die wenigsten mit ihr identifizieren können. Außerdem ist sie promovierte Naturwissenschaftlerin. Davon haben wir in Deutschland leider nur sehr wenige. Und sie hat sich in der Politik durchgesetzt.
Die Fernsehmoderatorin Gabi Bauer sagte mal, dass man Eines niemals darf, wenn man als Frau im Berufsleben ernst genommen werden will: weinen.
Jeder kommt in Situationen, in denen man emotional in einer Art und Weise reagiert, wie man es eigentlich nicht will. Nehmen Sie nur Bill Clinton, der weinte immer wieder einmal. Generell bekommt der eine vielleicht eher Schweißausbrüche, ein rotes Gesicht oder ringt nach Luft. Der andere tendiert womöglich dazu, zu weinen. So be it! Weinen ist vielleicht auch eine Altersfrage. Ich denke, dass ich mit 30 eher mal geweint habe als jetzt mit 50 .
Haben Sie im Beruf mal geweint?
Ja, immer wenn ich mich von guten Kollegen verabschieden musste, da habe ich schon Tränen in den Augen.
Aber aus Enttäuschung geweint?
Nein, aber ich bin leicht gerührt. Ich weine auch mal im Kino und eben in Abschiedssituationen.
Man darf aus Rührung weinen, aber nicht wegen einer Niederlage. Für einen Politiker wäre es die größte Katastrophe, wenn er nach einer Wahlniederlage weinen würde.
Aber wie viele Fußballspieler weinen denn, wenn sie ein Spiel verlieren? Die sitzen auf dem Rasen und weinen. Es hat sich viel verändert in den Rollenbildern, auch im Management. Die unfehlbare Manager-Generation, die immer nur top, top, top war, immer das Ergebnis gesteigert hat, gibt es nicht mehr. Manager geben sich menschlicher. Soziale Kompetenz und Führungsverhalten werden immer wichtiger.
Können Sie etwas mit dem Begriff »Emotionale Intelligenz« anfangen?
Ich bin da kein Spezialist. Ich stelle nur immer wieder fest, dass Fachkompetenz allein heute nicht ausreicht. Ein Manager muss in der Lage sein, Wachstumsstrategien zu entwickeln und gleichzeitig seine Leute mitnehmen können. Er muss ein guter Zuhörer sein, eine Atmosphäre des Vertrauens schaffen und ein Gefühl für Mitarbeiter entwickeln.
Gefühl ist Ihrer Ansicht nach auch in der Wirtschaft wichtig.
Ja. In der Krise wird offensichtlich, wie viele Strategien eben nicht aufgegangen sind. Was haben wir an fehlgeschlagenen Joint Ventures und gescheiterten Geschäftsmodellen alles erlebt. Da sind Fehler gemacht worden von Leuten, die eigentlich sehr viel mitgebracht haben: an Erfahrung und auch gutem Willen. Insofern ist es nicht falsch, sich auch vom Gefühl leiten zu lassen. Häufig bespricht man eine Entscheidung und geht dann mit dem Gefühl raus, sie ist doch falsch. Es passt nicht. Dann muss man schauen: Hält das ungute Gefühl an? Es gibt natürlich die ewigen Zauderer. Und die gibt es übrigens bei Männern genauso wie bei Frauen. Die können einfach keine Entscheidung treffen. Weil ihnen ja jeder etwas anderes erzählt. Da werden Sie verrückt. Man muss vorher verschiedene Meinungen einholen, aber dann muss man zu seiner Entscheidung kommen, dazu stehen und später im Zweifel sagen: »Ich habe hier eine falsche Entscheidung getroffen. Ich sehe das heute ein.«
Das darf man nur in der Öffentlichkeit nicht sagen.
Doch, darf man. Man muss es auch. Am schlechtesten kommen meiner Meinung nach diejenigen weg, die sich herausreden: »Ich habe es ja gleich gesagt. Aber keiner wollte auf mich hören!« Das ist eine Entschuldigung, die beim Vorstand eines Unternehmens nicht zählt. Ein Vorstand, der eine Entscheidung nicht mitträgt, muss zurücktreten. Insofern ist das auch ein harter Job: Man muss viele Entscheidungen treffen, die man nicht immer im Detail überblicken kann.
Sie sprechen kenntnisreich über Führungsstile. Als hätten Sie viele Seminare dazu besucht.
Ja,
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