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Die da oben - Innenansichten aus deutschen Chefetagen

Die da oben - Innenansichten aus deutschen Chefetagen

Titel: Die da oben - Innenansichten aus deutschen Chefetagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Barbara u Heidtmann Nolte
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für diese Harmonie alles und werden über den Tisch gezogen. Wenn ein Mitarbeiter zum Beispiel nicht loyal ist, können Sie ihn ein-, zweimal darauf hinweisen. Vielleicht ist ihm nicht bewusst, dass er illoyal wirkt. Ich habe neulich einer Gruppe von jungen Frauen gesagt: »Letztlich müsst ihr aber bereit sein, einen nachweislich illoyalen Mitarbeiter rauszuschmeißen.« Das ist ein wichtiges Signal für alle anderen.
    Tun sich Frauen damit schwerer als Männer?
    Auch Männer gehen Konflikten gelegentlich aus dem Weg, bis es zu spät ist. Das ist schade, denn gemeinsam einen Konflikt zu lösen schweißt zusammen. Wenn ich mal mit jemandem aneinander geraten bin und wir den Konflikt offen, durchaus auch heftig ausgetragen haben, dann kommt man anschließend bestens miteinander klar.
    Wurde es bei Ihnen bei der Deutschen Bahn manchmal laut?
    Absolut …
    … auch im Vorstand?
    Natürlich. Ich habe das bei der Bahn auch immer sehr geschätzt. Wir haben uns im Vorstand sehr intensiv miteinander auseinandergesetzt, aber nie ist einer beleidigt gewesen.
    Sie wirken nicht so, als ob Sie leicht beleidigt wären.
    Ich bin auch nur ein Mensch. Wenn jemand mir etwas vorwirft, was ich ungerecht finde, dann bin ich nicht beleidigt, ich würde eher sagen: enttäuscht. Aber man kommt mit zunehmender Erfahrung schnell darüber hinweg. Man darf auch mal sagen, dass man enttäuscht ist, aber man darf es natürlich nicht kultivieren und dann dauerbeleidigt sein. Das geht nicht. In einem komplexen Unternehmen, in dem schnelle Entscheidungen getroffen werden müssen, tritt jeder einem anderen schon mal auf den Fuß. Das lässt sich kaum vermeiden. Und wenn sich dann eine Kultur entwickelt unter dem Motto: »Mit dem rede ich nicht mehr, weil der mir mal blöd gekommen ist!«, dann dürfte theoretisch irgendwann keiner mehr mit keinem reden.
    Sie wurden im Lokführerstreik vor zwei Jahren vom Chef der Lokführergewerkschaft GDL , Manfred Schell, auch persönlich angegriffen. Im Stern nannte er Sie damals eine Außerirdische.
    Ich habe das Interview mal nachgelesen. Da sagte er: »Im Vorstand der Bahn sind eben generell nur noch Außerirdische.« Nach dem Motto: Die kommen alle von draußen und haben keine Ahnung von der alten Bahn mehr. Das war gar nicht auf mich allein gemünzt. Die Medien hatten aber kein Interesse an sieben Außerirdischen, sie wollten halt einen oder maximal zwei Außerirdische: Mehdorn und mich.
    In der Fernsehsendung »Anne Will« hat Schell die Augen verdreht, wenn Sie sprachen.
    Das habe ich in der Situation zum Glück nicht gesehen. Aber ich glaube, dass er damit nicht gepunktet hat.
    War es leichter für Sie, über Schells Beleidigungen zu stehen, weil er sich selbst damit unmöglich gemacht hat?
    Nein, ich habe immer versucht, auf der sachlichen Ebene zu bleiben. Ich bin nie ausfallend geworden, obwohl ich natürlich auch manchmal verärgert war.
    Der Lokführerstreit zog sich ein Jahr hin. Er war der längste Tarifkonflikt in der Geschichte der Bahn. Manfred Schell ging zwischendurch in Kur, was ihn wieder viele Sympathien kostete.
    Ja, aber dieser Konflikt war schon eine wahnsinnige Belastung. Wir alle konnten beispielsweise keinen Urlaub nehmen. An Weihnachten wollte ich einmal kurz verreisen, wurde aber am ersten Tag wieder zurückgerufen, weil die GDL für den 7 . Januar mit Streik gedroht hatte. Am 5 . Januar ist dann mein Vater gestorben.
    Überraschend?
    Er war im Krankenhaus, schien aber auf dem Weg der Besserung. Ich saß an dem Tag in Verhandlungen, damals beim Verkehrsminister. Am Abend bin ich nach Hamburg gefahren, um ihn zu besuchen. Und als ich ankam, war er gerade gestorben.
    Haben Sie sich Vorwürfe gemacht, dass Sie nicht mehr Zeit hatten, um sich um ihn zu kümmern?
    Nein, ich war oft da. Die Zugverbindung von Berlin nach Hamburg dauert zum Glück nur 90 Minuten. Das war alles sehr traurig. Im Grunde aber habe ich erst nach und nach begriffen, dass mein Vater nicht mehr da ist. Ich glaube, das ist immer so, wenn man nahe Angehörige verliert. Man trauert zeitverzögert. Ich habe mir nach dem Tod meines Vaters zwei Tage frei genommen, dann saß ich wieder am Verhandlungstisch.
    Sie haben im Streik auch das unorthodoxe Verfahren der Mediation eingesetzt.
    Ich bin ein großer Freund von Mediation, weil in einer guten Mediation die Parteien selber ihre Lösung finden – unter Anleitung von unparteiischen Dritten. Wir hatten zu dem Zeitpunkt schon alles andere versucht, also sagten wir uns:

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