Die Daemmerung
Dutzende? Der Tempel ist nicht für lauter Frauen gedacht?«
Chert lachte erleichtert auf. »Ja, jetzt seid ihr dran, ihr armen Brüder?« Er wandte sich an Flint. »Das heißt, unsere Opalia ist auch wieder da. Komm, Junge.«
Während sie dem nervösen Mönch folgten, fiel Chaven ein paar Schritte zurück, als hinge er immer noch genüsslich seinen Gedanken nach.
Flint beugte sich dicht an Cherts Ohr. »Er sagt nicht die Wahrheit«, flüsterte der Junge. Es klang nicht tadelnd, einfach nur wie eine nüchterne Tatsachenfeststellung. »Nicht die ganze. Er verschweigt uns irgendwas Wichtiges.«
»Dieses Gefühl hatte ich auch«, murmelte Chert. Vor ihnen ergossen sich Mönche aus der Säulenvorhalle des Tempels wie Mäuse auf der Flucht vor einer Katze. »Und das gefällt mir gar nicht.«
Also bin ich jetzt wieder im Waffenkleid,
dachte Ferras Vansen mattbelustigt, während er das Kettenhemd anlegte, das ihm die Funderlinge gegeben hatten. Es bestand aus erstaunlich feinen Gliedern und war so leicht, dass man darunter kaum ein Polster brauchte.
Na ja, wenigstens hatte ich nicht genug Zeit, mich an die Freiheit zu gewöhnen.
»Ich habe etwas Proviant eingepackt, wie Ihr gesagt habt, Hauptmann«, meldete Bruder Antimon. »Brot, Käse und ein, zwei Zwiebeln. Ah ja, und wir haben Glück — schaut mal!« Der Mönch hielt ihm einen offenen Beutel hin. »Altmännerohren!«
Kurz hatte Vansen das Gefühl, dass ihm sein Magen die Kehle hinaufzukriechen und aus dem Mund zu hüpfen drohte, doch dann bemerkte er, dass die Dinger in Antimons Beutel zwar wie verschrumpelte, fleischige Ohren aussahen, in Wirklichkeit aber Pilze waren. Trotzdem: Sie rochen sehr seltsam, erdig und modrig. Vansen fiel es schwer, sich begeistert zu zeigen. »Ja. Großartig.«
»Ich halte das immer noch für keine gute Idee, Hauptmann«, erklärte Zinnober. »Nehmt doch wenigstens ein Dutzend Männer mit. Jaspis stünde bereit.«
»Ja, nehmt mich mit, Hauptmann.« Schlegel Jaspis' kahler Kopf war so voller Schrammen und blauer Flecken, dass er aussah wie aus Marmor gehauen. »Ich nehme mir diese Wiesentänzer vor. Ja, ich hätte nichts dagegen, noch ein paar niederzumachen.«
»Deshalb ist das hier nicht die richtige Mission für Euch«, sagte Vansen. »Ich will nicht unseren besten Kämpfer für ein Unternehmen vergeuden, bei dem ich gar nicht kämpfen will. Ihr werdet hier dringender gebraucht.«
»Aber wir brauchen
Euch
hier, Vansen«, sagte Malachit Kupfer. »Das ist das Entscheidende.«
»Vertraut mir, ihr Herren, so kann ich mehr bewirken. Was ist euch lieber — dass ich hierbleibe und euch helfe, den nächsten Angriff zurückzuschlagen, oder dass ich dafür sorge, dass es keine Angriffe mehr gibt?«
»Das ist Scheinlogik — es sind nicht die einzigen Möglichkeiten. Ihr könntet umkommen, ehe Ihr einen Waffenstillstand geschlossen habt. Dann hätten wir weder einen Verteidiger noch einen Unterhändler.«
»Kein sehr erheiternder Gedanke, Magister, aber ich muss das Risiko eingehen. Ich bin der Einzige, der das hier tun kann, glaubt mir. Und wenn ich zu viele Männer mitnehme, schwäche ich nicht nur Eure Verteidigungsreihen, sondern erhöhe die Gefahr, dass meine Mission als Angriff gesehen wird. Meine einzige Hoffnung ist es, mit ihrer Anführerin zu sprechen, von Angesicht zu Angesicht.« Er wandte sich an Antimon. »Ich bin sehr damit einverstanden, dass der Gefangene diesen Strick da umhat, Bruder — wir müssen ihn natürlich am Fortlaufen hindern —, aber es wäre mir doch lieber, er hätte ihn ums Fußgelenk, nicht um den Bauch. Wenn er zu fliehen versucht, möchte ich ihn von den Beinen reißen können.« Er sagte es mit einem strengen Blick auf den Drag, der, auch wenn er die Worte nicht verstand, Vansens Ton mit Sicherheit verstehen würde. Der bärtige kleine Mann zog ängstlich den Kopf ein und entblößte seine schiefen gelben Zähne.
Sie hielten sich nicht lange mit Abschiedsformalitäten auf: Vansen wusste, dass Zinnober und die anderen nicht mit seinem Vorhaben einverstanden waren, und es war ihm selbst arg, dass er gerade Antimon mitnehmen musste, diesen äußerst beliebten jungen Burschen. Als Dolmetscher hätte vielleicht auch ein anderer Funderlingsmönch dienen können, aber Antimon traute er zu, auch in einer kritischen Situation einen kühlen Kopf zu behalten, und obwohl er sich so zuversichtlich gab, war ihm doch klar, wie klein die Chance war, sein Ziel zu erreichen, ohne dass irgendetwas
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