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Die Daemonen 01 - Die Daemonen

Die Daemonen 01 - Die Daemonen

Titel: Die Daemonen 01 - Die Daemonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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nichts mit mir zu tun. Erschlag sie doch endlich! Zerschmettere sie, die furchtbare Frau, die uns allen im Genick sitzt und uns peinigt! Und dann lass mich einfach hier sterben. Ich will nirgendwo mehr hinmüssen. Lass Ruhe sein. Ich habe wahrlich genug gebetet und gelitten, und nichts davon, gar nichts ging in Erfüllung.«
    Gäus wunderte sich über diesen kläglichen Heerführer. War Irathindur so mächtig, dass er es letzten Endes ganz alleine geschafft hatte, beinahe das gesamte Orison einzunehmen? Ohne fähige Unterstützung? Nein, es musste entschlossene und tatkräftige Menschen im irathindurianischen Heer geben. Vielleicht der Kapitän des Viermasters …
    Gäus spürte zu dem riesigen, in der Brandung ankernden Schiff hinüber. Und dann nahmen seine Tasthaare einen goldenen Reflex wahr, ganz am äuβersten Rand seiner Wahrnehmung.
    Irathindur, die Göttin.
    Sie kam zurück. Sie war allein. Sie ritt, aber von dem anderen Pferd und den zwanzig Mann Eskorte fehlte jegliche Spur. Dafür strahlte die Göttin golden wie ein Spiegelbild der Sonne selbst.
    Plötzlich wurde Gäus wieder von dieser schrecklichen, leiblichen Todesfurcht erfasst. Er hatte sich so sehr verausgaben müssen, um dieses Unwetter zu erzeugen und die Flotte zur Insel Kelm zu entführen. Was, wenn Irathindur jetzt stärker war als er, weil Irathindur zwanzig Soldaten und ein Pferd geopfert und sich an ihrer Lebenskraft bereichert hatte? Der ganze schöne Plan. Die Insel Kelm. Der Gramwald. Der Dämonenschlund. Alles hinfällig, weil Irathindur ihn einfach niederstrecken würde. Der Koordinator war überhaupt keine Hilfe. Auch die Soldaten waren nur im Weg. Allenfalls würden sie zu ihrer Göttin überlaufen. Aber sie würden niemals bezeugen, dass ihre Göttin nur ein Dämon war.
    Gäus streckte eine Hand nach dem Meer aus. Den Viermaster, der dort ankerte im unruhigen Wasser, durchlief ein Zittern, obwohl kein Wind die Takelung zum Schwingen brachte.
    Die Wolken ballten sich weit im Hintergrund, spuckten fahle Blitze von sich. Der Himmel tobte. Dunkelgrau wogte das Meer, weiβlichen Schaum auf den gebleckten Zähnen.
    Der augenlose König entfaltete die Finger seiner Hand wie die Zacken einer Gabel. An seinem Arm entlanghorchend, konnte er den Viermaster dort schaukeln hören in stärker werdender Dünung. Er schob die Finger vorwärts, als schaufele er sie unter das Schiff, und ballte die Hand dann zur Faust.
    Das riesige Schiff ächzte. Matrosen und Soldaten begannen auf dem Deck umherzulaufen wie Ameisen in einem von einem Stock durchbohrten Bau. Irgendetwas stimmte nicht. Widersprüchliche Kommandos wurden gebellt. Einige sprangen voller Ahnungen über Bord. »Wir müssen runter hier!«, schrie Minten Liago seinen Freund Taisser Sildien an, doch der entgegnete: »Ich lasse meine hübsche Offizierin nicht im Stich! Sie ist verwundet, ohne mich kommt sie nicht klar!«
    Gäus hob den Arm mit der geballten Faust langsam höher, den Wolken entgegen. Langsam, unter der Belastung ächzend wie ein algenbärtiger Riese, hob sich der Viermaster aus den Wellen, triefend, gischtend, gewaltig. Die Ankerkette zerriss mit einem scharfen, peitschenden Knall. Matrosen und Soldaten stürzten und kreischten auf dem Deck, aber noch blieb es einigermaβen waagerecht, sodass immerhin derKapitän noch stehen konnte. Er befahl nun aber nichts mehr. Er sah nur das Meer unter sich schwinden und das Krähennest des Ausgucks den Wolken näher kommen, und er murmelte zitternd ein unhörbares Gebet.
    Auch Eiber Matutin betete jetzt. Er betete darum, dass die Städte des Himmels nicht verlöschen mögen.
    Minten Liago stand an der Reling. Jetzt schien es ihm zu hoch zum Springen. Er klammerte sich an einer Strickleiter fest, die zur Takelung emporführte.
    Der König hob den Arm mit der geballten Faust hoch über den Kopf. Er musste nachfassen, so schwer war das Schiff. Erst mit einer zweiten Hand, dann mit einer dritten und vierten. Das Schiff stieg und stieg und kam dabei näher, von unbarmherzigen Kräften gezogen und gerissen, bis es fünfzig Schritt über dem König innehielt. Altes Salzwasser regnete als feiner Sprüh herab. Der Geruch von Tang, Muscheln und Rogen. Das Schreien und Wehklagen der hilflosen Menschen dort oben. Einige sprangen noch immer über Bord und stürzten nun dumpf auf Sand. Minten klammerte sich fest. Taisser und Lae fanden und umarmten sich unter Deck.
    Dann lieβ Gäus die Arme sinken, öffnete die Fäuste, formte aus den Fäusten Hände

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