Die Daemonen 01 - Die Daemonen
Anschließend hatte er – immer noch verwirrt und schmerzrasend – den Heldentod auf dem Schlachtfeld gesucht und festgestellt, dass die meisten Gegner ihn angesichts seiner offensichtlichen Furchtlosigkeit wohl für einen unüberwindlichen Streiter hielten und angsterfüllt vor ihm zurückwichen, bis er schließlich erschöpft und unverletzt zur jubelnden Stadt zurückkehren musste.
Am anderen Tag, beim zweiten, entschlosseneren Vorstoß der Belagerer, hatte Benesand seinen Unterleib so fest mit Nägeln, Reitsporen und Salzkristallen zusammengeschnürt, dass er blutend und erbrechend auf einem Wehrgang zusammensackte, gerade als die ersten Angreifer die Mauern überkletterten. Als kriegsverwundeten Helden verbrachte man ihn umgehend ins Lazarett. Der Angriff auf die Mauern wurde abgewehrt, der siegreiche Gegenangriff zusätzlich angefacht durch die Wut über Benesands schwere und, da am Unterleib, besonders ruchlose Verwundung. Als die Heilkundigen Benesands Wunden und deren Ursachen erkannten, erklärten sie nur kryptisch: »Dieser Mann hat sich das Schwert der Untreue gemordet, um desto entschlossener das Schwert der Königstreue führen zu können!« Der Stadtkoordinator für kirchliche Angelegenheiten beantragte augenblicklich eine Seligsprechung zweiten Grades, die aber aufgrund der angespannten Gesamtlage noch nicht hatte erfolgen können.
Laut offizieller Lesart war Faur Benesand unter großen Schwierigkeiten aus Irathindurien geflohen, um Orison-Stadt vor dem bevorstehenden Überfall durchBaron den Kaatens zu warnen. Deshalb und aufgrund seiner großen Tapferkeit im Felde wurde er von König Tenmac III. mit gleich zwei Orden dekoriert, zum Kronritter ernannt und in den militärischen Beraterstab aufgenommen. Einstweilen bekam Faur Benesand von all diesen Ehren aber gar nichts mit, denn er lag immer noch besinnungslos im Lazarett und wurde von zarten Händen gepflegt.
Der König stand auf einem der Wehrtürme und blickte auf das glitzernde, kristallgepanzerte Belagerungsheer. Die Wehrtürme wie auch überhaupt die hohen Mauern von Orison-Stadt waren Relikte aus der Zeit, als das Land noch nicht befriedet war, und von dieser, der einzigen Stadt die Ritter auszogen, um die Barbaren, Dämonen und anderen übernatürlichen Wesen, die das noch wilde Land bevölkerten, zu vertreiben oder zu vernichten. In den Jahrhunderten des Friedens waren immer wieder Rufe laut geworden, die Mauern und Türme zu schleifen, um die Einheit der Stadt mit dem Land zu unterstreichen, doch die herrschenden Könige hatten sich immer dagegen entschieden. Nun erwies sich, wie weise Misstrauen war.
»Es sind viel zu wenig Leute im Heer dieses Barons, um die Stadt wirklich gut und dauerhaft abzuriegeln. Was bezwecken die eigentlich?«, fragte der König nun seinen Berater.
»Sie können nur eines im Schilde führen«, murmelte Tanot Ninrogin. »Auf Verstärkung warten.«
»Verstärkung aus Irathindurien?«
»Ist das nicht naheliegend?«
»Nein.« Wieder lächelte der junge König dieses rätselhafte Lächeln. »Die selbsternannte Königin wird nicht eingreifen, da bin ich mir sicher. Ich schlage also vor, wir lassen einfach die guten Mauern unserer Stadt für uns arbeiten. Sollen sie noch vier, fünf, sechs Vorstöße wagen und sich dabei immer wieder aufs Neue die Köpfe einrennen und Männer verlieren. Wir halten einfach nur dagegen und stand. Am Ende werden wir ihnen vorschlagen, lediglich die Offiziere zu bestrafen, das restliche Heer kann dann wieder zurück ins Vierte Baronat marschieren und den Bauern beim Einbringen der Ernte zur Hand gehen.«
Zum wiederholten Male in den letzten Wochen blickte Ninrogin seinen König forschend an. War daswirklich noch der Knabe, den er auf die Krönungszeremonie hatte vorbereiten müssen? Der geweint und geschrien hatte, wenn sich eine Spinne in seinem Zimmer befand? Tenmac III. war nicht grausamer geworden, aber bedeutend selbstsicherer, seitdem er die Krone trug.
Gemeinsam schauten sie auf das Feldlager des ehrgeizigen und reichen Vierten Barons hinab. Von hier sahen die Ritter wie Käfer aus. Käfer, die sich unter einem Stein verkriechen würden, wenn nur ausreichend helles Tageslicht auf sie fiele.
Der Leibwächter
Der Tag der Entscheidung rückte näher.
Als um Orison-Stadt bereits schwerterklirrend gefochten wurde, fand im Inneren Schloss des Zweiten Baronats der Rückkampf zwischen Minten Liago und Oloc statt.
Die Katakombe war bis zum Bersten gefüllt. Sogar einige
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