Die Daemonen 02 - Freiheit oder Finsternis
kam Blannitt lallend vom Kurs ab und geriet im Nebel zu dicht an die Hafenstadt Icrivavez heran, sodass sie leibhaftige Dämonen zu sehen bekamen, die meckernd oder gackernd durch weißen Dunst flogen. Unter vollkommener Vermeidung jeglichen Geräusches gelang es den dreien, sich vom Land zu entfernen, ohne von den Ungeheuern bemerkt zu werden. Für Blannitt waren es die ersten Dämonen seines Lebens; Taisser hatte vor einundzwanzig Jahren einen gesehen, der von Minten Liago erschlagen wurde. Einzig Eker Nuva hatte am Inneren Schloss so viele von denen zu Gesicht bekommen, dass er nicht weiter beeindruckt war.
Ein anderes Mal begannen Blannitt und Eker Nuva plötzlich sich zu prügeln, weil dem erfahrenen Boten Blannitts andauerndes Geschimpfe auf die Nerven ging. Die Miralbra schwankte stark unter der Schlägerei, beide Streithähne stürzten schließlich über Bord und kamen im Winterwasser prustend wieder zur Vernunft. Taisser angelte sie über die Reling, zuerst den Kapitän, um des Friedens willen, dann den Boten.
Nachdem sie sich alle mehrere Tage lang angegiftet oder angeschwiegen hatten, erreichten sie endlich Rurga. Taisser fürchtete hier bereits Dämonen, aber sie wurden am Strand von Inselbewohnern erwartet. Die Rurganer hielten unablässig nach Norden hin Ausschau und hatten den kleinen, seltsam schlingerig laufenden Einmaster schon lange bemerkt.
Kurz nach der Anlandung gab es den nächsten Konflikt. Blannitt weigerte sich, auf dieser »Kackinsel« zu bleiben. Das war alles nie so geplant gewesen. Er wollte sein »treues Mädel« nehmen und sich nach Norden absetzen, nach Ferretwery oder Zarezted, wo die »stinkende Dämonenbrut« sicher noch nicht Fuß gefasst hatte. Taisser dachte nur kurz daran, den schwankenden Kapitän mittels einer königlichen Vollmacht zu binden. Aber die Rurganer verfügten über eigene Schiffe. Sollte Blannitt doch sein Glück versuchen. Unruhig pflügte die Miralbra ohne Taisser und Eker durch die Brandung zurück. Wahrscheinlich würde Blannitt sich verfahren, den Dämonen in die Fänge geraten und von keiner Menschenseele jemals wiedergesehen werden, aber es war seine eigene Entscheidung, es war sein Leben, sein Boot – sein Mädel –, seine Grüne See.
Mit der Bezeichnung »Kackinsel« jedoch hatte der Kapitän gar nicht so unrecht gehabt. Rurga war nicht annähernd ein so grünes Paradies wie Kelm. Auf Rurga gab es überwiegend Sand und Felsen, und die Sandfelsen waren mit dem Unrat von Abertausenden von kreischenden Seevögeln bekleckert. Dementsprechend roch es auf dieser Insel scharf und beißend. Den Bewohnern schien das allerdings nichts auszumachen. Begierig erhofften sie sich von dem königlichen Beraterund dem Boten Neuigkeiten über den Fortgang des Krieges.
Auf dem großen Versammlungsplatz traf Taisser die Rurganerin Nenamlelah Ekiam wieder. Die junge Witwe war mitsamt ihren Brüdern selbst erst vor zwei Wochen nach Rurga zurückgekehrt. Taisser und Eker vervollständigten Nenamlelahs eigenen Bericht über die Dämoneninvasion: Hugart Belischells Heer war zerschlagen, der Dämonenfeldzug umfasste mehrere zehntausend, wenn nicht sogar hunderttausend Ungeheuer, und die Königin führte die Einwohner Orisons von Orison-Stadt aus nach Norden, um ein Bündnis mit Coldrin zu wagen.
Die Erwähnung des Wortes »Coldrin« führte im Rat zu großer Unruhe. »So weit wird es noch kommen«, sagte einer der älteren Männer, »dass wir zuerst die Dämonen zurückschlagen müssen und dann die Coldriner, die keinen Deut besser sind.« Es gelang Nenamlelah Ekiam, die Wogen zu glätten. Sie hatte inzwischen im Stamm eine hohe Position zugewiesen bekommen. Immerhin hatte sie die Hauptstadt gesehen, die Königin nicht nur gesprochen, sondern auch umarmt, die von Dämonen verwüsteten Hafenstädte als erste Person überhaupt lebend bezeugt, sie hatte selbst gegen einen Dämon gekämpft und war dabei siegreich geblieben – und es war ihr gelungen, aus Orison-Stadt drei erfahrene Kämpen der Königin mitzubringen, die den Stamm der Rurganer im Kämpfen unterrichten sollten. Diese drei bereits älteren Berufssoldaten hatten vor zwei Wochen mit ihrer Arbeit begonnen und wurden auf der Insel mit großem Respekt behandelt. Dreißig wehrfähige Männer und zwanzig kampfbegabte Frauen hattensie aus dem Rurganervölkchen zusammentrommeln können, und diese fünfzig drillten sie nun unter Nenamlelah Ekiams mäßigender Oberaufsicht.
»Diese unscheinbare Truppe wird die
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