Die Daemonen 02 - Freiheit oder Finsternis
Hintertür. Wir machen einen Ausfall an einer der weniger umkämpften Mauern, legen aber noch mindestens hundert von diesen Bastarden dabei um!«
Marnas Augen verengten sich, sodass Tränen hervorgepresst wurden und über die aschenen Wangen abfließen konnten. Faur Benesand! Der herrliche Held mit wehendem Haar! Von der höchsten Zinne herab hätte er auf die Dämonen hinuntergelacht. Wo war er nur, wo? Was, wenn er doch noch am Leben war? Marnas Augen verengten sich noch weiter. »Schwestern!«, rief sie plötzlich aus, wie unter dem Eindruck einer Vision, die sie noch nicht ganz erfassen konnte. »Wie lauteten nochmal die Theorien über Faur Benesands Verbleib?«
»Dass er«, versuchte Zilia Benesand, die ehemalige Schauspielerin, sich zu erinnern, »König Tenmac III. das Leben gerettet hat, als die beiden Dämonen gerade so wie heute die Hauptstadt verwüsteten? Und dabei selbst sein Dasein hingab?«
»Nein, eine andere!«
»Dass er«, versuchte es nun die frühere Gesellschafterin Aligia Benesand, »die beiden Dämonen erschlagen habe, auf einer der beiden Südinseln vermutlich, und sich dann als Mönch in die Einsamkeit zurückgezogen habe, um für die Gewalt seines Schwertes zu sühnen?«
»Schon besser, aber immer noch nicht die Richtige!«
»Dass er«, brummte Teanna, »einer der vielen unerkannt gebliebenen Toten der Verwüstungen von Orison-Stadt wurde?«
»Ach nein, Teanna, was für ein Unfug! Das ist ja nun wirklich die blödeste Theorie von allen! Nein, die andere, die andere!«
»Dass er«, fiel es Zilia plötzlich wieder ein, »angreifende Coldriner aus dem Norden zurückschlug, mehr oder weniger im Alleingang, nachdem alle Männer seiner Einheit gefallen oder geflohen waren, und dass er dann selbst in den Wolkenpeinigerbergen das Grab eines Schwerverwundeten fand, ein Grab aus Fels und Eis!«
»Das ist es! Das ist es!«
»Ich verstehe nicht, Schwester«, sagte Hazmine verwirrt.
»Coldrin! Die Berge! Aber begreift Ihr denn nicht? Wohin die Königin sich wendet! Wir sind dumm gewesen, von Anfang an! Wir hätten tatsächlich mit der Königin mitreiten sollen! Um das Grab unseres Vaters in den Bergen zu suchen! Oder ihm ein Grab zu geben,falls er unbeweint der Einsamkeit verhaftet blieb! Oder um ihn zu finden, falls er vielleicht gar nicht tot ist, sondern nur angewidert von der Geringfügigkeit der Menschen das Land Orison hinter sich ließ, um fortan zur Rechten König Turers von Coldrin Gericht zu halten über die Dummen und Schwachen!«
»Hört, hört!«, brummten die Schwestern anerkennend, und: »So könnte es gewesen sein!«
Marna Benesand richtete sich zu ihrer vollen Größe auf und ordnete ihr Haar. »Schwestern, holt eure Pferde. Wir werden nicht einfach sang- und klanglos in dieser stürzenden Festung untergehen. Wir werden unsere Gefallenen rächen und unseren idealen Vater noch dazu. Immer zu einem Scherz und einem Kunststück aufgelegt!«
»Immer zu einem Scherz und einem Kunststück aufgelegt!«, wiederholten ihre sechs Schwestern im Einklang. Dann holten sie unter dem fortdauernden Bewurf durch Felsen, Flammen und Fontänen ihre Reittiere.
Nicht jedem wäre es gelungen, angesichts von draußen herandrängenden Unholden ein paar Städter dazu zu bewegen, ein schmales Nord-Tor für sie zu öffnen und hinter ihnen wieder zu schließen. Aber Die Töch ter Benesands mit ihren blitzenden Schenkelchen, den durchnässten Blusen unter dem glänzenden Leder der Rüstung und den erhitzt ins Gesicht fallenden Haaren war dies ein Leichtes. Die Städter warfen ihnen Luftküsschen zu und erhielten Luftküsschen als Dank. Die Städter winkten und vergaßen darüber beinahe das Wiederverriegeln. Aber Die Töchter Benesands zahlten die Gefälligkeit zurück und hieben aus ihren Sätteln herabso wütend auf die verdutzten Dämonen ein, dass diese die Gelegenheit nicht nutzen konnten und abermals gegen ein verschlossenes Tor schürften. Der Ausfall der berittenen Damen kostete Dutzenden von Dämonen das Leben. Die Töchter jedoch verloren keine einzige Schwester mehr. Nachdem die Umklammerungen der Stadt erst einmal gesprengt waren, stoben sie in den deutlich weniger umkämpften Norden davon. Der Königin nach, den Bergen entgegen.
Hinter ihnen verzischte geschleudertes Wasser als weithin sichtbarer weißer Dampf und mischte sich mit dem dichten Qualm zu bewegten Mustern des Untergangs.
noch zweiunddreißig bis zum Ende
Die Überfahrt nach Rurga verlief nicht ohne Schwierigkeiten. Einmal
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