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Die Daemonen 02 - Freiheit oder Finsternis

Die Daemonen 02 - Freiheit oder Finsternis

Titel: Die Daemonen 02 - Freiheit oder Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meissner
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Keimzelle des gesamten orisonischen Widerstands werden«, sagte Taisser Sildien, und beschloss, seinen Rang als königlicher Berater hintanzustellen und sich dem Drill ebenfalls zu unterwerfen, um ein Mann zu werden, der einer stolzen Königin würdig war.
    Er half beim Ausheben von Gräben und Errichten von Palisaden, er machte Liegestützen, rannte hustend über staubende Guanofelder, erkraxelte mit anderen um die Wette Sandfelsen, schaufelte Hirsebrei aus Holzschalen, hechtete über querliegende Baumstämme, robbte unter querliegenden Baumstämmen durch frischen Salzwassermatsch, sprang hoch und duckte sich in schnellem Wechsel, bis ihm ganz schwindelig wurde und er, als der Älteste unter den Gedrillten, immer häufiger Sonderpausen bewilligt bekommen musste. Er übte das Fechten, das Vorstoßen und Abwehren mit einem hölzernen Speer, das Formationeneinhalten und Einem-Mitstreiter-Deckung-geben. Er stürzte, wurde gehauen, fragte sich so manches Mal, was er sich hier eigentlich antat, und machte doch weiter, weil der Krieg über Orison gekommen war und alle Annehmlichkeiten des Hoflebens nun der Vergangenheit angehörten. Er lernte das Sauberhalten von Waffe und Kleidung – Verrichtungen, für die in Taissers Jugend und in seiner Zeit als königlicher Berater immer Bedienstete zuständig gewesen waren. Er beugte sich dem Diktat der drei ungebildeten Soldaten, die sich aber auf ihrem Fachgebiet, dem Soldaten-Sein, ausgezeichnet auskannten,und die sich mit ihren hölzernen Signalpfeifen gegen das Kreischen der allgegenwärtigen Seevögel durchsetzten. Eker Nuva dagegen beteiligte sich nicht an dem Drill. Er war Reiter, und auf Rurga gab es außer den beiden, die sie auf der Miralbra mitgebracht hatten, keine Pferde, sodass es auch keinen Sinn hatte, irgendjemandem hier das Reiten beizubringen. Er sah keinen Nutzen darin, durch Matsch zu robben. Einzig an den Kampfübungen nahm er teil, weil dies auch früher schon zu seinem militärischen Alltag gehört hatte und es ihm dabei half, nicht einzurosten.
    Abgesehen von seiner Sehnsucht nach der Königin und seiner Sorge um ihr Wohlergehen während der strapaziös winterlichen Flucht nach Norden fühlte Taisser sich wohl auf Rurga. Er hatte Muskelkater und Prellungen, aber es drohte noch keine echte Gefahr für Leib und Leben, sodass man auf beides Rücksicht nehmen konnte. Er fühlte, wie seine weichliche Leibesmitte fester und schlanker wurde und wie seine Arme eine Kraft gewannen, die sie nicht einmal vor einundzwanzig Jahren auf dem irathindurischen Feldzug besessen hatten. Das Inselklima sagte ihm, der aus den vornehmen Vierteln der Hafenstadt Kurkjavok stammte, mehr zu als das der deutlich kälteren Hauptstadt. Er entdeckte sogar einige seiner in den letzten einundzwanzig Jahren in Vergessenheit geratenen Talente wieder und erleichterte so manchen Rurganer beim Kartenspiel um Proviantzuteilungen und andere militärisch anmutende Vergünstigungen.
    Er spürte sein Leben, seinen Körper und verdrängte sein schlechtes Gewissen den vielen Orisonern gegenüber, die sich zurzeit auf der Flucht oder in nackter Notbefanden. Mit der ihm eigenen Überzeugungskraft redete er sich ein, hier unten im Süden kriegsentscheidende Maßnahmen durchzuführen.
    Er vermied es, mit der jungen Witwe Nenamlelah Ekiam alleine zu sein, weil er deutlich spüren konnte, dass sie einander gefielen. Auch sie nahm am Drill teil, um sich zu stärken. Beide fühlten sich seltsam hier auf Rurga, hin- und hergerissen zwischen Wohlbefinden und Unrast, wie durch ein wütendes Geschick an diesen Ort verpflanzt. Die drei Soldaten gingen in ihrer Aufgabe auf. Eker Nuva war ohne Leidenschaften. Nenamlelah und Taisser jedoch mussten ihr Hiersein andauernd vor sich selbst rechtfertigen, und indem sie ihre Körper im Drill spürten, empfanden sie auch ihre Einsamkeit stärker.
    Oftmals suchte Minten alleine die Steilküste auf, spähte am Horizont nach geflügelten Nachtmahren und dachte währenddessen oft über Minten Liago nach, in zwei sich immer wieder abwechselnden Tendenzen.
    Die erste Tendenz besagte, dass Minten Liago der geborene Verlierer war. Als Hafenarbeiter war er im Gefängnis gelandet, im Gefängnis war seine Strafe verschärft worden, im Inneren Zirkel hatte er es nie ganz bis an die Spitze geschafft, seine aus Coldrinern bestehende Sondereinheit war aufgerieben worden, seine kurze Zeit als Taissers Gehilfe im Glücksspielbetrug war durchschaut und durch Zwangsverpflichtung in die

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