Die Daemonen 02 - Freiheit oder Finsternis
wollte nicht weichen. Der Albdruck und das kleine Mädchen auf seinem Arm hielten sich mit zu Grimassen verzogenen Gesichtern die Ohren zu. Schließlich konnte Naona Ickard nicht mehr weiterschreien. Ihre Stimme war verbraucht.
Das Ungeheuer hielt ihr das Kind hin. »Ich frage Euch nochmals. Die Kleine wird von mir seit Wochen schon gefüttert mit Menschenbrot, Schmelzwasser und Beutefrüchten, wo immer ich welche erhaschen konnte. Aber ich sehe, dass Ihr richtigen Proviant habt in Euren Taschen für zwei Menschen. Das wird reichen, bis ich zurück bin. Ihr braucht nichts weiter zu tun, als hier auf mich zu warten, und ich verspreche Euch, dass niemand Euch ein Haar krümmen wird.«
Naona Ickard wollte erklären, dass sie eine Unterhändlerin der Königin war und sich eigentlich auf einer wichtigen Mission zur Hauptstadt befand, aber sie konnte nicht mehr sprechen, ihre Stimme war verbraucht.
»Ich will nicht, dass du mich weggibst, Oro!«, begann jetzt das kleine Mädchen zu quengeln. »Was soll ich bei dieser Kreischtante? Ich will bei dir bleiben!«
»Ich werde kämpfen müssen. Ich kann nicht die ganze Zeit auf dich achtgeben.«
»Das ist mir egal! Ich will bei dir bleiben! Ich will bei dir bleiben! Ich will bei dir bleiben! Ich will bei dir bleiben!«
»Das ist ein nettes altes Muttchen. Sie wird gut für dich sorgen!«
»Neiiiiiin, du willst mich weggeben, du kommst nie mehr wieder, alle kommen nicht mehr wieder, waaahhhh!« Und das Kind begann so heftig zu weinen und zu zappeln, dass sein Gesicht bald genau so rot war wie das des Hundedämons.
Erst jetzt verstand Naona Ickard, dass ihr das Ungeheuer eine Chance zum Weiterleben geboten hatte. Instinktiv griff sie nach dem Kind, doch das Mädchen boxte und trat nach ihr.
»Ich will nicht, ich will nicht, ich will nicht, ich will nicht! Neeeeiiiin, sie hat kalte Finger, Oro, gib mich nicht weg, bitte, bitte, gib mich nicht weg!«
Der Hundedämon zögerte. Die Monstrositätenmeute hinter ihm wurde zusehends unruhig.
»Aber Kleines, es ist doch nur für ein paar Tage …«, versuchte Orogontorogon es noch einmal mit traurig hängenden Schlappohren.
Doch das Kind ließ sich nicht erweichen. »Nein, Mama und Papa kommen auch nicht wieder, ich will nicht mehr, ich will nicht mehr! Entchen ist es immer kalt! Schick die alte Frau weg und bring mich doch mal irgendwohin, wo es warm ist, Oro!«
»Du willst lieber bei mir bleiben in Feuer und Wut, Schlachtgestöber und Gestorbenengeheul?«
Genja blickte Orogontorogon verständnislos an. »Ich will bei dir bleiben.«
»Na dann. Du hast es ja gehört, Muttchen.« Der Hundedämon packte das Gesicht von Naona Ickard und zerquetschte ihren Schädel mit nur einer Pranke. Der Körper der alten Frau tanzte seltsam und stieß schauderhafte Geräusche aus. Tot und unkenntlich stürzte sie in den aufgewühlten Schnee.
Mit dem Kind ging ebenfalls etwas Eigenartiges vor sich. Es starrte auf den Tod mit Neugier, fing dann aber leicht an zu zittern. Von diesem Moment an wurde Genja krank.
»Weiter, Freunde!«, trieb Orogontorogon seine schier unüberschaubare Meute an. »Verteilt den neu gewonnenen Proviant, und dann hurtig auf die Füße! Uns erwartet noch viel mehr Beute. Und eine hübsche Krone dazu!«
Die Leichname der beiden Unterhändler wurden ebenso zerrissen und unter den gierigen Dämonen verstreut wie ihre Pferde. Nur die weiße Flagge blieb zurück, im Schnee schon aus wenigen Schritt Entfernung nicht mehr sichtbar.
noch achtundzwanzig bis zum Ende
Culcah organisierte die weitere Eroberung des Landes, während König Orison sich alles genau ansah und anhörte und ihm höchstens in immer wieder auftretenden Befehlsordnungszwisten den Rücken stärkte.
Die Dämonen, die gemeinen, einfachen Dämonen, fragten, wann denn endlich Schluss sei mit dem Krieg. Man hatte doch nun die Hauptstadt. Könnte man nun nicht endlich damit anfangen, sich frei und sicher zu fühlen?
Aber es galt, acht Innere Schlösser zu erobern, die zwar noch nicht gefallen, aber durch die Zusammenstellung des gemeinsamen Belischell-Heeres deutlich geschwächt waren. Es gab zwei denkbare Vorgehensweisen: nacheinander wie jemand, der im Kreise geht, oder gleichzeitig wie ein zu einem Stern expandierenes Licht.
Neueste Zählungen durch flug- und rechenbegabte Spitzmaulechsen setzten Culcah darüber in Kenntnis, dass sein Heer aus nun noch 93 000 Dämonen bestand. 103 000 hatten die Übernahme der Hauptstadt und die anschließenden
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