Die Daemonen 02 - Freiheit oder Finsternis
zarten Fleisch von Menschenkindern.
Culcah begriff, dass die Soldaten, die unter seinem persönlichen Kommando standen, sich über andere Dämonen erhoben. Er begriff auch, dass darin Potenzial für weitere Reibereien und Konflikte lag. Er begriff aber ebenfalls, dass diese Dämonen seine Dämonen waren, dass sie seinetwegen so stolz auf sich waren, dass dies ein Kompliment für ihn und seine Kampfeskraft war. Er spürte, wie eine große väterlich-brüderliche Zuneigung zu diesen seinen 8000 Mitstreitern in ihm heranwuchs.
Und abermals stellte er sich die Frage, ob es nicht seine verdammte Pflicht war, seine wunderbare Truppe vor König Orisons letzten Endes für alle verhängnisvollen Plänen in Schutz zu nehmen.
noch zweiundzwanzig bis zum Ende
Die Töchter Benesands waren Bestandteil der eintausend, die unter Führung des Wolkenstreichlers Hiserio die Königin nach Coldrin geleitete. Marna Benesand hatte darauf bestanden. Seit ihr das Pferd unter dem Hintern weggestohlen worden war, die Königin anschließend vom Dieb dieses Pferdes schwer verwundet wurde und Marna sich daran hatte gewöhnen müssen, ein anderes Pferd – das eines im Kampf Gefallenen – zu reiten, lebte sie unter dem beständigen Gefühl, eine üble Schmach wiedergutmachen zu müssen.
Die Königin hatte ihr nie Vorwürfe gemacht. Die Königin hatte überhaupt nicht mitbekommen, woher das Pferd gekommen war, das der rote Hund geritten hatte. Aber Marnas Schwestern hatten es mitbekommen. Sie hatten sie stürzen sehen, ungelenk in tiefen Schnee und mit einem äußerst unvorteilhaften, empörten Ausdruck im Gesicht. Gewissermaßen war das schlimmer, als im Kampf gefallen zu sein wie die anderen Schwestern, die nun nicht mehr bei ihnen waren, aber in der Erinnerung ewig jung, schön und tapfer blieben. Marna dagegen hatte sich blamiert. Bis auf die Knochen.
Jetzt hielt sie die Töchter stets in der Nähe der Königin. Eher sollten sie alle zugrunde gehen, als dass der Königin noch ein einziges Haar gekrümmt werden konnte. Marna misstraute den Wolkenstreichlern . Die schlitzäugigen Burschen auf ihren streng riechenden Gämsen hatten nicht einmal Bezahlung verlangt dafür, den Tross durch die Berge zu führen. Wer unternahm denn schon eine gefahrvolle Winterpassage, ohne etwas als Gegenleistung zu erhalten? Dafür war es ihnen geschickt gelungen, die Königin von 27 000 Begleitern und potentiellen Beschützern zu trennen. Eintausend waren ein weitaus bequemeres Opfer als 28 000. Nein, Marna Benesand traute diesen dunkelhäutigen Bergnomaden genauso wenig wie einem Dämon.
Von all diesen quälenden Überlegungen abgesehen war die Reise durch das Wolkenpeinigergebirge ein kolossales Abenteuer.
Die eintausend Beherzten überquerten Brücken aus zapfenbehangenem Eis, Hänge von so blendendem Weiß, dass sie sich die Augen verbinden und sich von den Gämsen führen lassen mussten, um nicht wahnsinnig zu werden, Ebenen, auf denen jeder Schritt ein melodisches Klingeln verursachte, einen schmalen Felsgrat, an dessen beiden Rändern es meilenweit lotrecht in die Tiefe ging, sodass allein der Schwindel schon mehrere Flüchtlinge umkippen ließ, sowie ein Gewitter, das unterhalb ihres Weges wütete und dessen Wolken buchstäblich um ihre Füße tollten. Sie wurden von plötzlichen Fallwinden umgerissen, balancierten an den trügerischen Rändern von Gletscherspalten entlang, stapften durch Schneefelder, die aus murmelgroßenKugeln zu bestehen schienen, sahen Lawinen abgehen und ganze Bergwände leerreißen mit einer Wucht und Macht, dass man selbst das Gefühl hatte, aufwärts zu schweben. Sie sahen Felsen und Steinverwerfungen, die wie frisch getrocknete Schlacke gefaltet und gedrechselt wirkten und dennoch älter waren als jedes Zeugnis einer Menschheit. Sie hörten das Heulen und Klagen verfangener Sturmböen und geheimnisumwitterter Wesen, spürten das Rumpeln und Beben stadtgroßer berstender Eisschollen, sahen Bergadler fliegen und ein Massiv kalben, das sie vorher für Fels gehalten hatten, hielten sich dicht an rasiermesserscharfem Gestein und fern von seltsamen Tieren, die allesamt riesig waren, aber so weiß, dass man sie ohne Fingerzeige der Wolken streichler übersehen hätte. Ein paar dieser Tiere wurden erlegt. Das Fleisch von dreien reichte tausend Mäulern für drei Tage.
Die Reitgämsen konnten Wege erklettern, auf denen jeder Mensch verloren gewesen wäre, aber die Wolken streichler nutzten diese Fähigkeiten ausschließlich
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