Die Daemonen 03 - Am Ende der Zeiten
besaß, hatten alle in der Stadt ein Zuhause, in dem sie nächtigen konnten. Bei Koaron war das peinlicherweise das Haus seiner Eltern. Er hatte ja bislang noch nicht lange genug ernsthaft gearbeitet, um sich einen eigenen Quader leisten zu können. Die Peinlichkeit verstärkte sich noch, weil Voy nicht von seiner Seite wich.
»Ich weiß nicht, wo ich hin soll«, schmollte sie.
»Aber warum ich? Tibe hat einen Quader, soviel ich weiß. Glai hat auch genug Platz, ich bin schon mal bei ihr untergekommen, als ich zu Hause dicke Luft hatte.«
»Ich mag Tibe und Glai aber nicht so sehr. Ich mag lieber Männer.«
Koaron hatte geschluckt. Er hatte das Gefühl gehabt, dass Voy ihm nur erzählte, was er ihrer Meinung nach hören wollte. Sie war äußerst anpassungsfähig. Aber in Wirklichkeit hatte er sie doch einmal mit Bakenala knutschend und züngelnd zwischen den Kojen gesehen. »Aber … aber der Kapitän! Der hat doch bestimmt ein ganz reizendes Häuschen! Und außerdem wäre es gut, wenn jemand in seinem Zustand nach ihm sehen würde …«
»Er ist aber betrunken«, sagte sie kleinlaut und machte ganz reizend verlegene Bewegungen mit ihren Armen.
Also hatte Koaron sie mitgenommen. Und seinen Eltern damit eine Freude bereitet, weil sie nun endlich glauben konnten, dass er eine Freundin hatte. Die beiden waren darüber mehr aus dem Häuschen geraten als über die Tatsache, dass ihr Sohn sich nicht nur mit zwei Großen, sondern auch mit vierzig Psells angelegt und einen Schiffbruch überlebt hatte, bei dem das Schiff himmelhoch in die Luft geschleudert worden war. Mit der unschuldig-verschlagenen Voy neben sich war dies einer der beschämendsten Abende in Koarons Leben geworden.
In der Nacht hatte Voy sich schließlich offensiv an ihn herangemacht. Das war ja zu erwarten gewesen.
Sie war so verdammt hübsch, und ihr schmaler Leib duftete ganz außerordentlich, weil ein Schiffsmädchen immer auf so etwas achtete und sie sich natürlich in der Stadt tagsüber schon mehrmals frisch gemacht hatte. Aber dennoch konnte und wollte Koaron nicht.
Er träumte von Adain. Er glaubte, dass sie unerreichbar war, und das reizte ihn.
Für ihn war sie das Äquivalent zum Dreifachen Taucher . Dieser Sprung hatte Wennim das Rückgrat gekostet. Und auch Adain, falls sie sich hingab, mochte das das Rückgrat kosten, das hatte Koaron seit ihrem Tanz mit den Psells begriffen.
Am folgenden Tag also kehrte er in die Sanddocks zurück. Er hatte die unbefriedigt zänkische Voy im Schlepptau, was seinem Ruf unter den zumeist nur großspurigen, aber noch nicht besonders lebenserfahrenen Jungs alles andere als abträglich war. Die Neuigkeit, dass Koaron, obwohl er noch lange kein Kapitän war, ein Schiffsmädchen abgeschleppt hatte, machte schnell die Runde.
Er war von hier weggegangen als einer der vielversprechendsten Könner. Er hatte zwei Sprünge erfunden, die nur er jemals einwandfrei hinbekommen hatte: Koarons Krone und den Waagesegler . Aber das hatte ihm nie genügt. Die Sanddocks waren ihm zu vertraut. Jede einzelne Kurve, jede Röhre und Halbröhre, jeder Höhenunterschied, jedes Geländer – alles kam ihm wie hundertmal glattgeschmirgelt vor, blankpoliert von den Funken seiner eigenen Räder. Seinen Einhandsegler hatte er verscherbelt. Der neue Besitzer, das erfuhr er nun, hatte ihn bereits zu Schrott gesprungen. Jetzt bot ihm einer der Jungs – Bechte – seinen Segler an. »Nur für heute, Mann, das wäre mir eine Ehre.« Koaron drehte ein paar Runden auf Bechtes Brett, fasste nach dem Wind, pflügte an Wänden entlang, flatterte gewandt auf ein Treppengeländer, fräste es abwärts, sprang ab, drehte sich dabei zweimal um den Mast, das Segel wirbelnd wie das Ballkleid einer Tänzerin. Er kam auf mit den Rollen, glitt weiter, der verwehte Sand bot immer neue Spuren, es fühlte sich gut an, Voy schaute ihm zu und vergaß zu zetern, gleich drei der Jungs versuchten sie anzuquatschen und vor ihr anzugeben, Koaron lächelte darüber, wie wenig Eindruck sie auf sie machen konnten und er dagegen schon, denn er war immerhin Bestandteil von Voys Schiff, welches auch immer das nun war.
Koaron zeigte den Waagesegler einmal, zweimal, beim dritten Mal sogar mit beiden Beinen vom Brett gelöst, Bechte jubelte so wild, dass er nach hinten in den Sand fiel, Koaron schlieferte lediglich auf den Steuerbordrädern an ihn heran und besprühte den Jungen zusätzlich mit Sand, fast wie ein Hund, der sein Revier markiert, es fühlte sich gut
Weitere Kostenlose Bücher