Die Daemonen 03 - Am Ende der Zeiten
konnte Adain das auch nicht.
Es war wie gegen die Psells. Er wollte sie gar nicht töten, aber ihnen schien nichts anderes einzufallen. Die Menschen waren ganz ähnlich wie die in der Wüste geborenen Gespenster früherer Dämonen. Man versammelte sich hier, um sich gegenseitig auszurotten. Dabei bot das Land so viel Platz, dass man einander getrost für immer hätte aus dem Weg gehen können. Aztrivavezer, Bescheidende und noch fünf bis zehn weitere höchstens anhand ihrer kuriosen Kleidungsvorlieben unterscheidbare Gruppierungen. Weder Kirr noch Aztrivavez waren als Heimstätten weniger öde als die übrige Wüste. Das gesamte Blutvergießen ergab überhaupt keinen Sinn, denn die Wüste konnte selbst mit Blut nicht bewässert und fruchtbar gemacht werden, und das deprimierte Adain zutiefst.
Er wollte den König treffen und ihn fragen, ob wenigstens er einen tieferen Grund hinter all dem sah, vielleicht, weil er nicht von hier stammte und eine fremde Perspektive auf alles Geschehen hatte. Immerhin hatte er sich freiwillig dazu entschieden, in dieses Land zu kommen. Alle anderen waren unweigerlich hier hineingeboren worden. Also verwalteten sie Missstände. Der Fürst und sein Berater jedenfalls schienen an nichts weiter als an der Aufrechterhaltung gewalttätig ritualisierten Treibens interessiert zu sein. Man kämpfte gegen die Bescheidenen , weil man schon lange gegen die Bescheidenen kämpfte. Aber selbst dieses »lange« war in den Maßstäben Adains kein besonders herausragender und dadurch ehrfurchtgebietender Zeitraum.
Er vermisste Orogontorogon. Er vermisste den vertrottelten Kapitän mit dem lachhaft bunten Backenbart. Er vermisste auch Gilgel und Koaron und Bakenala, mit denen er noch nicht die Gelegenheit gehabt hatte, Liebe zu machen, und Liebemachen schien ihm eine deutlich angenehmere, lohnendere und lehrreichere Beschäftigung zu sein als Umbringen. Der Gedanke, dass Gilgel und Koaron jetzt gerade irgendwo in diesem Getümmel getötet wurden, schmerzte ihn. Immerhin war Bakenala sicher an Bord der Miralbra Liv .
Adain vermisste sogar den Dämonenschlundmahlstrom vor dem Zusammenbruch, vor der Herausbildung der Einzelleiber, denn das unendliche Kreisen war ganz ähnlich gewesen wie diese Schlacht, ähnlich eng und trudelnd und sinnentleert, aber eben auch ganz anders, nämlich still, bestimmt, weise und jedem seinen Platz im Chaos zugestehend. Diese Schlacht dagegen gestand niemandem irgendetwas zu, nicht einmal Ruhm und Ehre. Sie war ein Verdrängungswettbewerb und keine Heimstatt. Sie war das nur allzu vergängliche Aufflackern von lebensverneinendem Unsinn, und kein Chronist würde jemals ausreichend wiedergeben können, was sich an Absurditäten an diesem einzigen Platz an diesem einzigen Tag abgespielt hatte.
Adain kämpfte mit der Lustlosigkeit eines müßig dahinwehenden Wüstenwindes.
Die Miralbras hielten nicht lange stand. Sie waren auf einen Überfall nicht vorbereitet.
Nur zwei von ihnen kamen überhaupt noch in Fahrt, wurden jedoch nach kläglich kurzer Verfolgungsjagd von jeweils sechs mit den örtlichen Wüstengegebenheiten weitaus besser vertrauten Kirrer Seglern geentert und sogar gekentert.
Die Miralbra Liv war nicht unter jenen, denen noch ein kurzatmiges Flüchten gelang. Obwohl Jitenji und Tibe Kommandos brüllten, was ihre Lungen nur hergaben, waren Voy und Bakenala einfach zu wenig Besatzung, um Segel zu setzen und das Schiff unter Wind bringen zu können. Zemu bewaffnete sich in der Kombüse mit sämtlichen vierzehn Messern, die seine Kochgerätschaften hergaben, verschanzte sich hinter einem Holzbretterschränkchen und beschloss, seine Haut gegen die verhassten Bescheidenen so teuer wie möglich zu verkaufen. Jitenji und Tibe jedoch gaben auf. Sie waren Steuerfrauen, keine Kriegerinnen. Voy war ein Schiffsmädchen, Bakenala zwar immerhin Sammlerin, aber nach wie vor angeschlagen. Und Zemu? Ein Arzt und ein Koch, niemals ein Kämpfer.
Sie hissten ein weißes Stück Stoff zum Zeichen entweder des Sichergebens oder der Verbundenheit mit den Ansichten der Bescheidenen und harrten der Dinge, die da auf sie zukommen mochten.
Glai fand Koaron, als dieser gerade im Begriff war, mit dem Gesicht im blutigen Matsch zu versacken.
»Ich hab dich, Junge«, sagte sie und zweifelte daran, dass er sie hören konnte. Er verlor sehr viel Blut, seine linke Schulter sah aus wie etwas, das halbiert am Haken eines Fleischers hing, und sie bemühte sich, aus Teilen ihrer und seiner
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