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Die Dämonen ruhen nicht

Die Dämonen ruhen nicht

Titel: Die Dämonen ruhen nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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dass ich vorhabe, den Mordfall Susan Pless wieder aufzurollen, wozu eine richterliche Anordnung für einen DNS-Test bei Chandonne nötig ist. Anschließend setze ich mich mit dem Gouverneur von Texas in Verbindung. Ohne seine Genehmigung wird Chandonne nämlich nirgendwohin überstellt. Ich kenne Gouverneur Corley zwar gut genug, um mit ernsthaftem Widerstand seinerseits zu rechnen, doch ich glaube, dass er mir zumindest zuhören wird. Da man bei ihm im Bundesstaat stolz darauf ist, die Welt von Mördern zu säubern, werde ich ein Abkommen mit ihm schließen müssen.«
    »Der Kampf für die Gerechtigkeit ist und bleibt das beste Wahlkampfargument«, spottet Lucy und öffnet die Tür.

68
    Es ist später Vormittag in Polen. Ein Haustechniker namens George Skrzypek wird ins Zimmer 513 des Radisson Hotels geschickt, um einen verstopften Badewannenabfluss zu reinigen, der einen unangenehmen Geruch verströmt.
    Er klopft einige Male an die Tür und ruft »Haustechnik«. Als niemand antwortet, schließt er auf und stellt sofort fest, dass die Gäste offenbar ausgezogen sind. Sie haben ein zerwühltes Bett voller Spermaflecke, einige leere Weinflaschen und auf den Nachttischen schmutzige, von Kippen überquellende Aschenbecher zurückgelassen.
    Die Schranktür steht offen, Kleiderbügel liegen auf dem Boden, und als Skrzypek mit seinem Werkzeugkasten ins Bad geht, entdeckt er die übliche eingetrocknete Zahnpasta am Waschbecken und die Spritzer auf dem Spiegel. Die Toilette ist nicht abgezogen, in der Badewanne steht das Schmutzwasser, und auf einem Teller mit angebissenen Pralinen auf der Fläche neben dem Waschbecken kriechen dicke Fliegen. Weitere Insekten umschwirren summend die Lampe über dem Spiegel und fliegen Angriffe auf Skrzypeks Kopf.
    Schweine.
    So viele Leute sind Schweine.
    Er zieht Gummihandschuhe mit langem Schaft an, taucht die Hand ins kalte, dreckige Badewasser und tastet nach dem Abfluss. Er ist mit Büscheln langer, schwarzer Haare verstopft. Schweine.
    Das Wasser fließt aus der Wanne. Skrzypek wirft die nassen, verfilzten Haare ins Klo, wedelt die Fliegen aus seinem Gesicht und beobachtet angewidert, wie sie über dem Teller mit Pralinen herumschwirren. Dann zieht er die Gummihandschuhe aus und schlägt damit nach den dicken, schwarzen ekligen Viechern.Natürlich sind Fliegen für ihn keine exotischen Insekten. In seinem Beruf bekommt er sie häufig zu Gesicht, allerdings nie so viele in einem Zimmer und auch nicht um diese Jahreszeit, wenn das Wetter kühl ist. Er geht am Bett vorbei und bemerkt das offene Fenster, ein typischer Anblick, selbst im Winter, weil so viele Gäste rauchen. Als er es schließen will, entdeckt er noch eine Fliege, die auf dem Fensterbrett kriecht. Dann erhebt sie sich wie ein Luftschiff und summt an ihm vorbei ins Zimmer. Von draußen weht ein schwacher Geruch herein, der ihn an saure Milch und verwesendes Fleisch erinnert. Skrzypek steckt den Kopf aus dem Fenster. Der Gestank kommt aus dem Zimmer rechts daneben. Zimmer 511.

69
    Das Auto steht an einer Parkuhr in der 114. Straße Ost in Harlem, einen Häuserblock von Raos entfernt.
    In seinem alten Leben hatte Benton keine Schwierigkeiten, einen der begehrten Tische bei Rao’s zu ergattern, denn er war beim FBI und genoss einen Sonderstatus bei der Familie, die das berühmte, wenn nicht sogar berüchtigte italienische Restaurant seit hundert Jahren betreibt. Früher war es ein Treffpunkt der Mafia, und auch heute ist schwer zu sagen, wer eigentlich dort verkehrt. An den wenigen Tischen mit den karierten Tischdecken sitzen häufig Prominente. Das Lokal ist bei Polizisten beliebt. Der Bürgermeister von New York hingegen meidet es. Inzwischen wird Benton wohl nie wieder näher ans Rao’s herankommen als bis zur 114. Straße Ost, wo er in einem zerbeulten schwarzen Cadillac sitzt, den er für zweitausendfünfhundert Dollar in bar gekauft hat.
    Er steckt das Mobiltelefon in den Zigarettenanzünder. Motor und Klimaanlage laufen, die Türen sind verriegelt, und sein Blick verlässt nie den Rückspiegel, durch den er finstere Ge- stalten beobachtet, die nichts Besseres zu tun haben, als durch die Straßen zu laufen und Ärger zu machen. Die Rechnungsadresse dieses Telefons ist das Postfach einer Frau in Washington, die es gar nicht gibt. Die Satellitenortung des Punktes, von wo aus Benton den Anruf tätigt, spielt keine Rolle, und zwei Minuten später hört er, wie Senator Frank Lord mit einem Mitarbeiter spricht. Allerdings

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