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Die Dämonen ruhen nicht

Die Dämonen ruhen nicht

Titel: Die Dämonen ruhen nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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vernehmen.«
    Berger schaut hoch. Ihr Blick bleibt an Lucy hängen.
    »Tja«, sagt sie in einem Ton, der bei Lucy Nervosität auslöst. »Wir alle wissen, wie verwirrend die Feststellung des Todeszeitpunkts sein kann. Und offenbar ist sich die Polizei nicht sicher, was Uhrzeit und Datum von Roccos Henkersmahlzeit - wenn wir sie mal so nennen wollen - angeht. Offenbar werden die Bestellungen beim Zimmerservice in diesem Hotel nicht mit dem Computer verwaltet.«
    Sie beugt sich vor. Lucy kennt diesen Gesichtsausdruck. Er ängstigt sie.
    »Soll ich deine Tante anrufen und sie nach dem Todeszeitpunkt fragen? Möchtest du, dass ich mich mit unserem guten Freund Detective Marino in Verbindung setze und mich erkundige, was er von der randalierenden Prostituierten in der Hotelhalle hält? Die Personenbeschreibung in diesem Bericht würde auf dich passen. Aber sie war anscheinend Ausländerin. Vielleicht Russin.«
    Berger steht vom Sofa auf, geht zum Fenster und blickt hinaus. Sie schüttelt den Kopf und fährt sich mit den Fingern durchs Haar. Als sie sich umdreht, ist ihr Blick wie üblich argwöhnisch. Es ist ihm nichts zu entnehmen.
    Das staatsanwaltschaftliche Verhör hat begonnen.

78
    Lucy könnte genauso gut in einem Konferenzzimmer im dritten Stock der New Yorker Staatsanwaltschaft eingesperrt sein und durch staubige Fenster auf die alten Gebäude in der Innenstadt hinausschauen, die sich von allen Seiten näher drängen. Währenddessen trinkt Berger schwarzen Kaffee aus einem Pappbecher mit griechischem Muster, wie sie es bei allen Vernehmungen tut, die Lucy je beobachtet hat.
    Lucy hat das schon oft getan, und zwar aus den verschiedensten Gründen. Sie kennt die Geräusche und das Gefühl, wenn Berger einen anderen Gang einlegt. Und sie ist gut vertraut mit dem Klang und den Umdrehungen von Bergers Motor, während sie sich mit dem Täter oder dem verlogenen Zeugen eine Verfolgungsjagd liefert, ihn überholt oder einfach frontal auf ihn prallt. Nun tritt die PS-starke Maschine gegen sie an; Lucy ist gleichzeitig erleichtert und starr vor Schreck.
    »Du kommst gerade aus Berlin, wo du eine schwarze Mercedes-Limousine gemietet hattest«, beginnt Berger. »Auf dem Rückflug nach New York war Rudy bei dir - zumindest nehme ich an, dass es sich bei Frederick Mullins, angeblich deinem Ehemann, der in den Maschinen der Lufthansa und der British Airways neben dir saß, um Rudy handelt. Interessiert es dich, woher ich das weiß, Mrs. Mullins ?«
    »Ein scheußliches Alias. Eines der schlimmsten.« Lucy spürt, wie sie die Nerven verliert. »Jedenfalls, was Namen angeht. Ich meine ...« Sie lacht auf, obwohl es dazu keinen Grund gibt.
    »Beantworte meine Frage. Erzähl mir von dieser Mrs. Mullins. Was wollte sie in Berlin?« Bergers Miene ist reglos, in ihren Augen malt sich Wut, die die Folge von Angst ist. »Ich habe so eine Ahnung, dass die Geschichte, die ich jetzt zu hören kriegen werde, alles andere als lustig ist.«Lucy starrt auf ihr beschlagenes Trinkglas, auf die Limette, die auf den Boden des Glases sinkt, und die Kohlensäurebläschen.
    »Der Abschnitt deines Rückflugtickets und die Quittung der Autovermietung lagen in deinem Aktenkoffer, und der stand - wie immer - weit offen auf deinem Schreibtisch«, führt Berger fort.
    Lucy lässt sich nichts anmerken. Sie weiß verdammt gut, dass Bergers neugierigem Blick nichts entgeht, auch wenn etwas nicht für ihn bestimmt ist.
    »Vielleicht wolltest du ja, dass ich sie sehe.«
    »Keine Ahnung. Wenn ja, war ich mir dessen nicht bewusst«, antwortet Lucy leise.
    Berger beobachtet ein Kreuzfahrtschiff auf dem Hudson, das langsam von einem Schleppkahn gezogen wird.
    Lucy schlägt nervös die Beine übereinander.
    »Rocco Caggiano hat also Selbstmord begangen. Ich nehme nicht an, dass du ihn während deines Europaaufenthalts zufällig getroffen hast. Ich will auch nicht behaupten, dass du in Stettin warst. Allerdings fliegen die meisten Leute, die in diesen Teil von Nordpolen reisen, normalerweise nach Berlin, so wie du und Rudy«
    »Du wärst eine gute Staatsanwältin«, versucht Lucy es mit einem Scherz, blickt aber immer noch nicht auf. »In einem Kreuzverhör mit dir hätte ich keine Chance.«
    »Dieses Szenario stelle ich mir lieber nicht vor. Um Himmels willen! Mr. Caggiano, also Jean-Baptiste Chandonnes Anwalt. Sein ehemaliger Anwalt. Tot. Mit einer Kugel im Kopf. Dich freut das vermutlich.«
    »Er wollte Marino töten.«
    »Wer hat das gesagt? Rocco oder Marino

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