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Die Dämonen ruhen nicht

Die Dämonen ruhen nicht

Titel: Die Dämonen ruhen nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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hochgeschoben, bevor oder während er auf sie eingestochen hat? Und erst dann hat er es aufgerissen?«
    »Ich bin nicht sicher«, erwidert Dr. Scarpetta. Eine Rekonstruktion ist stets eine schwierige Angelegenheit; für eine genauere Analyse wird sie einige Stunden ungestört und bei guter Beleuchtung in der Gerichtsmedizin verbringen müssen. »Drehen wir sie um, und sehen wir sie uns von hinten an.«
    Sie und Dr. Lanier greifen über die Leiche hinweg und halten sie am linken Arm fest. Als sie sie ein Stück - aber nicht vollständig - umdrehen, rinnt Blut aus den Wunden. Oben am Rücken befinden sich mindestens sechs Stichverletzungen; seitlich am Hals hat sie eine lange Schnittwunde.
    »Also ist sie gerannt, während er auf sie einstach. Zumindest eine Zeit lang muss sie vor ihm hergelaufen sein.« Diese Schlussfolgerung stammt von Eric; er und Nic kommen mit einigen Lampen zurück und schließen sie an.
    »Kann sein«, lautet Scarpettas einziger Kommentar.
    »Ein Schmierer an der Wand im Flur sieht aus, als wäre das Opfer dagegen geprallt oder gestoßen worden. Es ist etwa auf halbem Wege. Möglicherweise hat er sie an die Wand geschoben und in den Rücken gestochen. Anschließend konnte sie sich befreien und ist hier reingelaufen«, schlägt Nic vor.
    »Kann sein«, wiederholt Scarpetta. Dann legen sie und Dr. Lanier die Leiche vorsichtig wieder ab. »Ich weiß nur eines: Ihr Pyjamaoberteil war verrutscht, als ihr einige der Stichwunden an Brust und Bauch zugefügt wurden.«
    »Das hochgeschobene Pyjamaoberteil weist auf ein sexuelles Motiv hin«, sagt Eric.
    »Es handelt sich um einen in äußerster Wut verübten Sexualmord«, entgegnet Scarpetta. »Auch wenn sie nicht vergewaltigt wurde.«
    »Das wurde sie vielleicht wirklich nicht.« Dr. Lanier beugt sich dicht über die Leiche und sammelt mit einer Pinzette Spuren ein. »Fasern«, stellt er fest. »Vielleicht vom Pyjama. Anders als die meisten glauben, ist nicht immer Vergewaltigung im Spiel. Einige dieser Schweinekerle können das gar nicht, weil sie keinen hochkriegen. Oder sie masturbieren lieber.«
    »Sie war doch Ihre Nachbarin«, meint Scarpetta zu Nic. »Sind Sie sicher, dass das Rebecca ist und nicht die andere Frau auf den Fotos? Die beiden sehen sich sehr ähnlich.«
    »Es ist Rebecca. Die andere Frau ist ihre Schwester.«
    »Hat sie bei ihr gewohnt?«, fragt Dr. Lanier.
    »Nein, Rebecca hat allein gelebt.«
    »Für den Moment betrachten wir das als vorläufige Identifizierung, bis wir sie durch zahnärztliche Unterlagen oder Ähnliches bestätigen können«, entgegnet Dr. Lanier, während Eric fotografiert. Als Maßstab nimmt er ein fünfzehn Zentimeter langes Plastiklineal, das er neben jedem Motiv arrangiert.
    »Ich bin sicher.« Ohne mit der Wimper zu zucken, blickt Nic der Toten ins von Blutergüssen bedeckte, blutige Gesicht. Die Augen starren stumpf unter geschwollenen Lidern hervor. »Wir waren nicht befreundet und hatten nie privat miteinander zu tun. Aber ich habe sie auf der Straße getroffen und gesehen, wie sie im Garten arbeitete oder ihren Hund ausführte ...«
    »Welchen Hund?« Scarpetta sieht sie fragend an.
    »Sie hat einen gelben Labrador, einen Welpen, vielleicht acht Monate alt. Ich bin nicht sicher, aber ausgewachsen ist er noch nicht. Er war ein Weihnachtsgeschenk, ich glaube, von ihrem Freund.«
    »Bitten Sie Detective Clark, dafür zu sorgen, dass die Polizei nach dem Hund sucht«, sagt Dr. Lanier. »Und wenn Sie schon einmal dabei sind, soll er alle verfügbaren Kräfte herschicken lassen, um den Tatort abzusichern. Wir werden noch eine Weile hier zu tun haben.«
    Dr. Lanier reicht Scarpetta ein Päckchen mit Wattestäbchen, eine kleine Flasche mit destilliertem Wasser und ein steriles Röhrchen. Nachdem sie die Verschlusskappe von Flasche und Röhrchen abgeschraubt hat, taucht sie ein Wattestäbchen ins Wasser und versucht, Speichelspuren auf der Brust zu sichern. Das Wattestäbchen färbt sich blutrot. Abstriche von Vagina, Anus und allen übrigen Körperöffnungen können warten, bis die Leiche in der Gerichtsmedizin ist. Dann beginnt Scarpetta mit dem Sammeln von Indizien.
    »Ich gehe raus«, sagt Nic.
    »Jemand muss hier noch mehr Lampen aufstellen.« Dr. Lanier erhebt die Stimme.
    »Ich kann höchstens sämtliche Lampen im ganzen Haus zusammensuchen«, schlägt Eric vor.
    »Das wäre eine Hilfe. Aber fotografiere sie an ihrem ursprünglichen Platz, bevor du sie entfernst, Eric. Sonst behauptet irgendein verdammter

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