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Die Dämonen ruhen nicht

Die Dämonen ruhen nicht

Titel: Die Dämonen ruhen nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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Zapfsäulen, eine für Normalbenzin und eine für Diesel. Jack arbeitet von fünf Uhr morgens bis neun Uhr abends in seinem Ein-Zimmer-Büro, wo die Wand mit der abblätternden Farbe mit wild durcheinander hängenden ausgestopften Fischen dekoriert ist. Der Kalender über seinem alten Metallschreibtisch enthält Hochglanzfotos von metallic lackierten Fischerbooten - den sehr teuren, die bis zu neunzig Stundenkilometern schaffen.
    Die Klimaanlage im Fenster und das Chemieklo hinter dem Haus sind Jacks einzige Zugeständnisse an die Errungenschaften der Neuzeit. Doch er hat keine hohen Ansprüche. Er wurde in dieses harte Leben hineingeboren und dazu erzogen, alle Opfer zu bringen, die nötig sind, um hier bleiben zu können, in einer Welt, geprägt vom Wasser, den darin lebenden Tieren und von mit Greisenbart bewachsenen Bäumen.
    Es ist nicht weiter ungewöhnlich, dass die Leute, die in seinem kleinen Hafen Station machen und auftanken, auch in die Stadt fahren, um Lebensmittel zu kaufen. Wer ein paar Wochen oder noch länger an den Bayous und Flüssen sein Lager zum Angeln aufschlägt, lässt normalerweise sein Auto und den Bootsanhänger auf dem Parkplatz stehen. Deshalb fällt Jack der weiße Jeep Cherokee, der zwischen Pick-ups und anderen Geländefahrzeugen in einer entlegenen Ecke des Parkplatzes am Wasser steht, auch nicht weiter auf.
    Er kümmert sich um seine eigenen Angelegenheiten, obwohl seine Menschenkenntnis genauso gut entwickelt ist wie sein Geruchssinn. Die Sumpffrau hat von Anfang an starke Signale ausgesendet - und das ist jetzt schon seit zwei Jahren so. Sie wirkt nicht wie jemand, der gern plaudert oder sich persönliche Fragen stellen lässt.
    Bev Kiffin öffnet die Luke und holt ihre Badetasche heraus. Sie steht am Heck, lässt den Anker fallen und wirft dann zwei Nylontaue hinauf zum Tankdock, während Jack winkt und rasch auf sie zukommt.»Wenn das nicht die Sumpffrau ist!«, ruft er. »Volltanken?«
    Der Hafen ist beleuchtet, und die Insekten schwärmen in dichten Wolken im gelblichen Lampenschein. Jack wirft ihr das Bulin zu.
    »Ich lass das Boot für ein paar Stunden hier.« Bev dreht das Tau und schlingt es locker um die Enden der Klampe. Dann schlägt sie die Plane zurück und stellt die leeren Benzinkanister auf den Steg. »Mach sie voll. Was kostet das inzwischen?«
    »Einsfünfundachtzig.«
    »Mist.« Bev springt auf den Steg. Für eine Frau von ihrer Leibesfülle ist sie ziemlich gelenkig. »Das ist ja Straßenraub.«
    Jack lacht. »Ich bin nicht für die Ölpreise verantwortlich.«
    Er ist hoch gewachsen, kahlköpfig und so dunkel und stark wie eine Zypresse. Bev hat ihn noch nie ohne seine schweißfleckige orange Harley-Davidson-Kappe und einen Priem Kautabak im Mund gesehen.
    »Musst du gleich wieder weg?« Er spuckt aus, wischt sich den Mund mit dem Rücken seiner von Pigmentflecken bedeckten, knotigen Hand ab und hilft ihr mit den Achtertauen.
    »Nur zum Laden.«
    Bev wühlt in ihrer Badetasche nach dem Schlüssel, der - für den Fall, dass er einmal versehentlich im Wasser landet - an einem kleinen Schwimmer hängt. Ihr Blick schweift über den voll besetzten Parkplatz und bleibt an dem Cherokee hängen.
    »Ich glaube, ich werf mal den Motor an, um sicherzugehen, dass die Batterie nicht leer ist.«
    »Tja, wenn doch, geb ich dir gern Starthilfe«, meint Jack und reiht die Benzinkanister neben der Zapfsäule auf.
    Bev sieht zu, wie er in die Hocke geht und den Zapfhahn in die Kanister steckt, während ihr Geld auf dem Zähler der Zapfsäule verrinnt. Sein Nacken erinnert sie an die Haut eines Alligators, und seine Ellenbogen sind mit dicken Schwielen bedeckt. Obwohl sie mindestens zehn Mal im Jahr, in letzter Zeit sogar öfter, herkommt, hat er keine Ahnung, wer sie ist, und das ist sein Glück. Auf dem Weg zum Geländewagen fragt sie sich plötzlich, ob das Auto wohl auch Benzin braucht. Sie kann sich nicht erinnern, ob sie beim letzten Mal getankt hat.
    Bev öffnet die Fahrertür, steigt ein und steckt den Zündschlüssel ins Schloss. Nach drei Startversuchen springt der Motor an, und sie stellt zu ihrer Erleichterung fest, dass der Tank noch halb voll ist. Falls es zu wenig werden sollte, wird sie zu einer anderen Tankstelle fahren. Nachdem sie die Scheinwerfer angeschaltet hat, legt sie den Rückwärtsgang ein und parkt am Steg. Sie holt das Geld heraus und sortiert mit zusammengekniffenen Augen die Scheine auseinander, während Jack sich die Hände an einem Lappen abwischt.

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