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Die Dämonen

Titel: Die Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovic Dostoevskij
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Ball stattfindet oder nicht, das ist natürlich nicht meine Sache, da ich darüber nichts zu sagen habe; aber meine Rolle als Festordner ist beendet. Verzeihen Sie meine Heftigkeit; aber ich kann nicht gegen die gesunde Vernunft und gegen meine Überzeugung handeln.«
    »Hören Sie, hören Sie!« rief sie und schlug die Hände zusammen.
    »Ich höre,« versetzte er. »Und nun ein Wort zu Ihnen,« wandte er sich an mich. »Ich glaube, Sie haben alle irgendein Tollkraut gegessen, von dem Sie so irrereden. Meiner Ansicht nach hat sich nichts zugetragen, absolut nichts, was nicht auch früher schon passiert wäre, und was nicht immer in dieser Stadt passieren könnte. Was für ein Komplott soll denn stattgefunden haben? Es ist ein häßlicher, schmählich dummer Vorfall gewesen; aber wo ist da ein Komplott zu finden? Und ein Komplott gegen Julija Michailowna, die doch gerade diese Menschen verzogen und patronisiert und ihnen all ihre leichtfertigen Streiche unverdientermaßen verziehen hat? Julija Michailowna! Was habe ich Ihnen einen ganzen Monat lang unaufhörlich wiederholt? Wovor habe ich Sie gewarnt? Wozu in aller Welt hatten Sie denn dieses ganze Pack nötig? Mußten Sie sich denn mit diesen gemeinen Menschen liieren? Um eine Vereinigung der Gesellschaft herbeizuführen? Die werden auch gerade eine Vereinigung eingehen; ich bitte Sie!«
    »Wann hätten Sie mich gewarnt? Im Gegenteil, Sie haben es gebilligt; Sie haben es geradezu verlangt ... Ich muß gestehen, ich bin im höchsten Grade erstaunt ... Sie selbst haben mir viele seltsame Leute zugeführt.«
    »Nein, ich habe mich mit Ihnen darüber gestritten und es nicht gebilligt; was aber das Zuführen anlangt, so ist es richtig, daß ich Ihnen welche zugeführt habe, aber erst als sie schon von selbst sich dutzendweise herandrängten, und erst in der letzten Zeit, um die literarische Quadrille zustande zu bringen; denn dabei kann man diesen Pöbel nicht entbehren. Aber ich möchte darauf wetten: heute haben diese Kerle noch ein Dutzend ebensolchen Gesindels ohne Billette mitgebracht!«
    »Zweifellos!« stimmte ich ihm bei.
    »Sehen Sie wohl, Sie sind schon meiner Ansicht. Erinnern Sie sich wohl, was hier in der letzten Zeit für ein Ton geherrscht hat, ich meine in der ganzen Stadt? Überall nichts als Frechheit und Schamlosigkeit; unaufhörlich wurden Skandalgeschichten ausposaunt. Und wer ermutigte dieses Treiben? Wer deckte es durch seine Autorität? Wer hat sie alle aus Rand und Band gebracht? Wer hat die ganze untere Volksklasse vor den Kopf gestoßen? In Ihrem Album sind ja alle hiesigen Familiengeheimnisse reproduziert. Haben Sie nicht Ihren Dichtern und Zeichnern den Kopf gestreichelt? Haben Sie nicht diesem Ljamschin Ihre Hand zum Küssen gereicht? Hat nicht in Ihrer Gegenwart der Seminarist den Wirklichen Staatsrat ausgeschimpft und seiner Tochter mit seinen Teerstiefeln das Kleid verdorben? Wie können Sie sich da darüber wundern, daß das Publikum unfreundlich gegen Sie gesinnt ist?«
    »Aber das ist doch alles Ihr eigenes Werk! O mein Gott!«
    »Nein, ich habe Sie gewarnt; wir haben uns gestritten, hören Sie wohl? Wir haben uns gestritten!«
    »Sie lügen mir ja ins Gesicht!«
    »Na, das können Sie allerdings leicht sagen. Sie brauchen jetzt ein Opfer, an dem Sie Ihren Ärger auslassen können; na gut, lassen Sie ihn an mir aus; ich habe es schon einmal gesagt. Ich will mich lieber an Sie wenden, mein Herr ...« (Er konnte sich gar nicht auf meinen Namen besinnen.) »Lassen Sie uns an den Fingern abzählen: ich behaupte, daß es außer Liputin keinen Verschwörer gegeben hat, ab-so-lut keinen! Das werde ich beweisen; aber sehen wir uns zunächst einmal diesen Liputin genauer an! Er hat ein Gedicht des Narren Lebjadkin vorgebracht, – ist das nun also Ihrer Ansicht nach ein Komplott? Wissen Sie, Liputin hat das möglicherweise einfach für einen Witz gehalten. Im Ernst, im Ernst, für einen Witz Er hat das einfach in der Absicht vorgebracht, alle zu erheitern und zum Lachen zu bringen, und in erster Linie seine Gönnerin Julija Michailowna; das ist die ganze Geschichte. Glauben Sie das nicht? Na, war das denn etwa nicht in ganz demselben Tone, der hier einen ganzen Monat lang geherrscht hat? Und mit Ihrer Erlaubnis möchte ich sagen: weiß Gott, unter anderen Umständen hätte das auch vorkommen können! Der Scherz war plump, na ja, von starkem Kaliber, zugegeben, aber doch immerhin lächerlich.«
    »Wie? Sie halten Liputins Benehmen für witzig?«

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