Die Dämonen
Bereitschaft?«
»Nein, es ist nichts da; aber es wird alles beschafft werden, alles, alles ...«
»Man findet doch auch bei diesen Leuten Edelmut!« dachte Schatow, während er sich zu Ljamschin begab. »Die Anschauungen und der Mensch selbst, das sind, wie es scheint, zwei sehr verschiedene Dinge. Ich habe ihnen vielleicht in vielen Stücken unrecht getan! ... Keiner von uns ist schuldlos, keiner, und ... wenn doch alle von dieser Überzeugung durchdrungen wären! ...«
Bei Ljamschin brauchte er nicht lange zu klopfen; zu seiner Verwunderung öffnete dieser sofort die Luftscheibe; er war barfuß und im Nachtanzug aus dem Bett gesprungen, obwohl er damit eine Erkältung riskierte und sonst beständig sehr ängstlich auf seine Gesundheit bedacht war. Aber daß er jetzt wach war und so eilig erschien, hatte seinen besonderen Grund: Ljamschin hatte infolge der Sitzung bei den »Unsrigen« vor Aufregung den ganzen Abend über gezittert und noch nicht einschlafen können; es stand ihm immer der Besuch einer Anzahl von ungeladenen und sogar sehr unerwünschten Gästen vor Augen. Die Mitteilung von Schatows beabsichtigter Denunziation hatte ihn in einen höchst peinlichen Zustand versetzt ... Und da mußte nun gerade jemand so furchtbar laut an das Fenster klopfen! ...
Bei Schatows Anblick bekam er es dermaßen mit der Angst, daß er die Luftscheibe sofort wieder zuschlug, nach seinem Bette lief und sich hineinlegte. Schatow begann wütend zu klopfen und zu schreien.
»Wie können Sie sich erdreisten, mitten in der Nacht so zu klopfen?« rief Ljamschin drohend, aber halbtot vor Furcht, als er nach mindestens zwei Minuten sich entschlossen hatte, die Luftscheibe von neuem zu öffnen, und sich endlich überzeugt hatte, daß Schatow allein gekommen war.
»Da bringe ich Ihnen den Revolver wieder; nehmen Sie ihn zurück, und geben Sie mir fünfzehn Rubel dafür!«
»Was heißt das? Sind Sie betrunken? Das ist ja Raub; ich werde mich noch erkälten. Warten Sie, ich werde mir gleich ein Plaid umlegen.«
»Geben Sie schnell die fünfzehn Rubel her! Wenn Sie sie nicht geben, werde ich bis zum Morgen klopfen und schreien; ich werde Ihnen das ganze Fenster zerschlagen.«
»Und ich werde die Wache rufen; dann werden Sie ins Loch gesteckt werden.«
»Bin ich etwa stumm, was? Werde ich nicht auch die Wache rufen? Wer hat die Wache zu fürchten, Sie oder ich?«
»Wie können Sie nur eine so unwürdige Meinung hegen? ... Ich weiß, worauf Sie anspielen ... Halt, halt; um Gottes willen, klopfen Sie nicht! Ich bitte Sie, wer hat denn in der Nacht Geld? Nun, wozu brauchen Sie denn das Geld, wenn Sie nicht betrunken sind?«
»Meine Frau ist zu mir zurückgekehrt. Ich habe Ihnen zehn Rubel abgelassen, obwohl ich nicht ein einziges Mal daraus geschossen habe; nehmen Sie den Revolver hin, nehmen Sie ihn augenblicklich hin!«
Ljamschin streckte mechanisch die Hand durch die Luftklappe hinaus und nahm den Revolver in Empfang; eine kurze Zeit stand er still da; dann steckte er auf einmal schnell den Kopf durch die Luftklappe und sagte, ohne recht zu wissen, wie er dazu kam, indem ihm ein Schauer den Rücken entlang lief:
»Sie lügen; Ihre Frau ist gar nicht zu Ihnen gekommen ... Sie wollen sich ganz einfach irgendwohin davonmachen.«
»Sie Dummkopf! Wozu soll ich mich davonmachen? Ihr Peter Werchowenski, der mag davonlaufen, aber nicht ich. Ich bin soeben bei der Hebamme Wirginskaja gewesen, und sie hat sich sofort bereit erklärt, zu mir zu kommen. Erkundigen Sie sich danach! Meine Frau wird von Wehen gequält; ich brauche Geld; geben Sie mir Geld!«
Ein ganzes Feuerwerk von Gedanken blitzte in Ljamschins schlauem Kopfe auf. Alles nahm plötzlich eine andere Gestalt an; aber die Furcht ließ ihn immer noch nicht zur ruhigen Überlegung kommen.
»Aber was ist denn das ... Sie leben ja doch gar nicht mit Ihrer Frau zusammen?«
»Ich werde Ihnen für solche Fragen den Schädel einschlagen.«
»Ach, mein Gott, verzeihen Sie; ich verstehe; ich war nur so verblüfft ... Aber ich verstehe, ich verstehe. Aber ... aber ... wird denn Arina Prochorowna wirklich zu Ihnen kommen? Sagten Sie nicht soeben, daß sie zu Ihnen gekommen sei? Wissen Sie, das ist doch nicht wahr. Sehen Sie, sehen Sie, sehen Sie, wie Sie fortwährend die Unwahrheit sagen!«
»Sie sitzt wahrscheinlich jetzt schon bei meiner Frau; halten Sie mich nicht auf; ich kann nichts dafür, daß Sie so dumm sind.«
»Das ist nicht wahr; ich bin nicht dumm. Nehmen Sie es nicht
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