Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Dämonen

Titel: Die Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovic Dostoevskij
Vom Netzwerk:
Oh, Sie unausstehlicher Mensch!« rief sie, sich jetzt wild umherwerfend, und stieß den sich über sie beugenden Schatow zurück.
    »Marja, ist will tun, was du willst ... ich will umhergehen ... ich will etwas reden ...«
    »Sehen Sie denn wirklich nicht, daß es angefangen hat?«
    »Was hat angefangen, Marja?«
    »Wie soll ich das wissen! Als ob ich etwas davon verstände ... O ich Verfluchte! Oh, möge alles im voraus verflucht sein!«
    »Marja, willst du nicht sagen, was anfängt? ... Sonst kann ich ja ... Wie soll ich es denn verstehen, wenn du so sprichst?«
    »Sie abstrakter, unnützer Schwätzer! Oh, möge alles in der Welt verflucht sein!«
    »Marja, Marja!«
    Er fürchtete in allem Ernste, daß sie anfinge, irrsinnig zu werden.
    »Aber sehen Sie denn noch immer nicht, daß ich von Geburtswehen befallen bin?« rief sie, indem sie sich aufrichtete und ihn mit einer furchtbaren, krankhaften Wut anblickte, bei der sich ihr ganzes Gesicht verzerrte. »Möge es im voraus verflucht sein, dieses Kind!«
    »Marja,« rief Schatow, nachdem er nun endlich begriffen hatte, um was es sich handelte. »Marja ... Aber warum hast du das nicht früher gesagt?« Er sammelte schnell seine Gedanken und griff mit energischer Entschlossenheit nach seiner Mütze.
    »Aber woher sollte ich es denn wissen, als ich herkam? Wäre ich dann etwa zu Ihnen gekommen? Es war mir gesagt worden: erst in zehn Tagen! Wo wollen Sie denn hin? Wo wollen Sie denn hin?«
    »Ich will eine Hebamme holen! Ich will den Revolver verkaufen: vor allen Dingen brauchen wir jetzt Geld!«
    »Unterstehen Sie sich nicht, eine Hebamme zu rufen! Nur eine einfache Frau, eine alte Frau will ich haben; in meinem Portemonnaie sind noch achtzig Kopeken ... Die Bauerfrauen gebären ja auch ohne Hebammen ... Und wenn ich krepiere, um so besser ...«
    »Auch eine alte Frau wird zu haben sein. Aber wie kann ich dich allein lassen, Marja?«
    Er überlegte jedoch, daß es besser sei, sie jetzt allein zu lassen, trotz all ihrer Raserei, als sie nachher ohne Hilfe zu lassen; und so lief er denn, ohne auf ihr Stöhnen und auf ihre zornigen Ausrufe zu hören, so schnell er nur konnte, die Treppe hinab.
     
III.
     
    Vor allen Dingen mußte er zu Kirillow. Es war schon gegen ein Uhr nachts. Kirillow stand mitten im Zimmer.
    »Kirillow, meine Frau kommt nieder!«
    »Was meinen Sie damit?«
    »Sie kommt nieder, sie gebiert ein Kind!«
    »Hören Sie ... irren Sie sich auch nicht?«
    »Nein, nein, sie hat Wehen! ... Ich brauche eine Frau, eine alte Frau, unbedingt sofort ... Läßt sich jetzt eine beschaffen? Sie hatten ja doch viele alte Frauen hier ...«
    »Sehr schade, daß ich nicht niederzukommen verstehe,« antwortete Kirillow nachdenklich; »ich meine nicht, ich verstehe nicht niederzukommen, sondern ich verstehe nicht zu machen, daß eine Frau niederkommt ... oder ... Nein, ich verstehe das nicht zu sagen.«
    »Sie meinen, Sie können nicht selbst bei einer Entbindung helfen; aber darum bin ich auch nicht gekommen; ich brauche eine alte Frau, eine alte Frau, eine Krankenwärterin, eine Magd!«
    »Eine alte Frau wird sich beschaffen lassen, nur vielleicht nicht sogleich. Wenn es Ihnen recht ist, so will ich an deren Statt ...«
    »Oh, das ist unmöglich; dann will ich jetzt zu Frau Wirginskaja, der Hebamme.«
    »Ein gräßliches Frauenzimmer!«
    »Ja gewiß, Kirillow, gewiß; aber sie ist besser als die andern alle! Freilich, es wird sich alles ohne Andacht, ohne Freude, mit Mißmut, unter Schimpfreden und Gotteslästerungen vollziehen, – bei einem so großen Geheimnis, dem Erscheinen eines neuen Wesens! ... Oh, sie verflucht dieses neue Wesen schon jetzt ...«
    »Wenn es Ihnen recht ist, so will ich ...«
    »Nein, nein, aber während ich hinlaufe (oh, ich will die Wirginskaja schon herschleppen), könnten Sie manchmal zu meiner Treppe gehen und leise horchen; aber gehen Sie nicht hinein; Sie würden sie erschrecken; gehen Sie ja nicht hinein; horchen Sie nur ... für den schlimmsten Fall. Nur wenn das Äußerste eintreten sollte, dann können Sie hineingehen.«
    »Ich verstehe. An Geld habe ich noch einen Rubel. Da ist er. Ich wollte mir morgen ein Huhn kaufen; aber jetzt will ich es nicht mehr. Laufen Sie schnell, laufen Sie aus Leibeskräften! Der Samowar ist die ganze Nacht über bereit.«
    Kirillow wußte nichts von dem Anschlage auf Schatow und hatte auch früher nie etwas von dem Grade der diesem drohenden Gefahr gewußt. Er wußte nur, daß derselbe noch irgendwelche

Weitere Kostenlose Bücher