Die Dämonenfängerin. Aller Anfang ist Hölle
fegte die trockenen Blätter vom Grabstein aus glattem Granit. Es war fast drei Jahre her, dass Miriam Henley Blackthorne sie verlassen hatte. Seitdem hatte es keinen Tag gegeben, an dem Riley und ihr Dad sie nicht vermisst hätten. Riley wandte sich zum Grab ihres Vaters. Der Geruch frischer Erde erfüllte die Luft um sie herum. Die Blumen oben auf dem Erdhügel waren mit einer dünnen Frostschicht überzogen.
Wahrscheinlich wartete Mom schon auf der anderen Seite auf ihn. Riley verzog das Gesicht. Es würde kein schönes Wiedersehen werden. Als ihre Mutter im Sterben lag, hatte sie ihren Dad schwören lassen, dass er auf Riley aufpassen würde. Jetzt war ihre Tochter ganz allein.
Mom wird ganz schön sauer sein.
Sie berührte die kalte Erde und dachte daran, dass ihr Vater darunter lag.
Jetzt sind sie zusammen.
Es führte kein Weg daran vorbei. Sie waren zusammen, und Riley war allein. Niemand war mehr da, um über ihre Witze zu lachen, sie festzuhalten. Sie zu lieben.
Ein bodenloser Abgrund tat sich vor ihr auf. Ein erstickter Schluchzer entwischte ihrer Kehle, dann noch einer, während ihr warme Tränen über die Wangen rannen. Sie war einem Zusammenbruch nahe und weinte mehr um sich als um ihre Eltern.
Jemand berührte sie, und sie schrak zusammen. Es war Simon. Er sagte kein Wort, sondern öffnete nur seine Arme für sie. Sie ließ sich hineinsinken und schluchzte weiter. Er flüsterte Trostworte, die sie nicht verstand. Was am meisten zählte, war, dass er sie festhielt. Als sie keine Tränen mehr übrig hatte, löste sie sich von ihm und putzte sich die Nase, verlegen, weil sie sich vor ihm so gehen gelassen hatte.
»’tschuldigung … ich …«
»Sie wissen, dass du sie liebst und dass du sie vermisst. Das ist das Wichtigste.«
»Ich weiß nicht, was ich machen soll«, gab sie zu.
»Du wirst deinen Weg finden. Ich weiß es.«
Simon nahm sie bei der Hand und führte sie zu den Schlafsäcken. Er packte sie fest in ihrem ein. Dann kroch er in seinen eigenen und robbte zu ihr, bis sie sich an den Seiten berührten. Er nahm den Arm heraus, damit sie den Kopf auf seine Schulter legen konnte. Sie kuschelte sich an ihn, dankbar für seine Freundlichkeit.
»Dein Arm wird dir abfrieren«, sagte sie schniefend.
»Du hast recht.« Er nahm eine der Decken, deckte sich damit zu und legte sich wieder so hin wie vorher. Erneut schmiegte sie sich eng an ihn. Zum ersten Mal, seit ihr Vater tot war, fühlte sie sich warm und sicher. Dass sie so empfand, sagte eine ganze Menge über Simon aus.
»Danke. Du bist … echt lieb.«
»Das ist leicht bei jemandem wie dir. Jetzt versuch zu schlafen. In ein paar Stunden dämmert es«, flüsterte er.
In dem Wissen, dass er da war und über sie wachte, glitt Riley in einen unruhigen Traum, angefüllt mit anzüglich grinsenden Nekros, diebischen Klepto-Dämonen und finsterem Gelächter.
*
Simons Armbanduhr piepte. Er setzte sich auf und streckte sich.
»Guten Morgen«, sagte er.
Blinzelnd öffnete Riley die Lider und rieb sich den Schlaf aus den Augen. Als sie sich aufsetzte, bewegte sich ihr Haar merkwürdig. Sie fuhr mit der Hand hindurch, doch zu ihrer Erleichterung hingen keine Eiszapfen darin.
Draußen schlafen nervt echt.
»Es wird mit jeder Nacht leichter«, sagte Simon. »Du musst nur sicher sein, dass du nicht schlafwandelst.«
Er verschwand erneut auf der Rückseite des Mausoleums, um das Gras zu wässern.
Das ist so unfair.
Als er zurückkam, ließ er sich im Schneidersitz nieder, befingerte seinen Rosenkranz und begann zu beten. Er war eindeutig ein NKJ – ein netter katholischer Junge, wie ihre Mom sie immer genannt hatte. Höflich und keine Spur von Verdorbenheit. Kein Wunder, dass ihr Dad ihn gemocht hatte.
Nach ein paar Minuten hörte er auf zu beten und steckte den Rosenkranz fort.
»Guten Morgen«, sagte er noch einmal, fröhlicher dieses Mal.
»Dir auch … guten Morgen«, sagte sie und rappelte sich mühsam auf.
»Bist du immer so griesgrämig?«, fragte er, als wollte er sich die Sache für später merken.
»Ich habe jedes Recht dazu: Mein Hintern tut weh. Ich bin müde, mir ist kalt, und ich will nach Hause. Das war eine der schlimmsten Nächte in meinem Leben.«
»Oh.« Er klang verletzt.
Riley schlug sich gegen die Stirn. »’tschuldigung. Das war blöd von mir. Danke, dass du heute Nacht bei mir geblieben bist. Allein wäre ich vor Angst eingegangen.«
Auf der Stelle war Simon wieder versöhnt und lächelte sie an, als
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