Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Dämonenfalle

Die Dämonenfalle

Titel: Die Dämonenfalle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter F. Hamilton
Vom Netzwerk:
der sich ein Moiré-Gestöber aus Interferenzen abbildete. Tanzende Farbpünktchen flossen ineinander und formierten sich zu dem verschwommenen, aus Augenhöhe gesehenen Abbild eines altmodischen Restaurants. Auf der Liege stöhnte Christine mit geschlossenen Augen leise auf, als in ihrem Kopf die Erinnerung wie ein Film ablief. Ein Fenster in die Vergangenheit.
    »Da wären wir«, sagte Rebecca. Sie erteilte der KI eine Reihe von Befehlen.
    Flimmernd und flackernd wie ein alter, auf Filmrolle gebannter Amateurfilm spielte sich jener Märzabend des Jahres 1832 vor meinen Augen ab. Christine saß mit ihren Freunden mitten im Orange Grove an einem Tisch. Sie waren so jung, so schön, so voller Lebensfreude und Vitalität, und ihr ausgelassenes Gelächter ließ mich wehmütig an meine eigene Jugend denken. Sie erzählten sich Anekdoten und Witze, beklagten sich über Tutoren, lästerten über Kommilitonen und Universitätsangestellte, debattierten über die Politik der Familien. Nachdem der Ober den Hauptgang gebracht hatte, steckten sie kichernd die Köpfe zusammen und saßen darüber zu Rate, ob sie sich über das Gemüse beschweren sollten. Mehr Wein wurde bestellt. Am Tisch wurde es lauter.
    Es schneite, als sie ihre Mäntel holten und das Orange Grove verließen. Kleine Eisflecken glitzerten zwischen dem Schneematsch auf dem Gehweg. Vor dem Restaurant standen sie alle noch eine Weile zusammen, um sich voneinander zu verabschieden. Christine gab jedem einen Kuss. Dann legte Carter ihr seinen Arm um die Schultern, und gemeinsam schlendertensie so durch die kalten Straßen Oxfords zu dem Block, wo sie ihr Künstleratelier hatte.
    Die Babysitterin, die dort wartete, musste noch entlohnt und herauskomplimentiert werden. Dann waren sie allein. Sie stolperten in ihren Werkraum und versanken inmitten von Christines eigenwilligen Gemälden in einem langen Kuss. Viel zu sehen war von den Bildern nichts, stattdessen nur Carters stark verschwommenes Gesicht aus der Nähe. Nachdem sie sich wieder voneinander gelöst hatten, ging Christine zu einer alten Kommode hinüber und kramte aus einer Schmuckschatulle ihren geheimen Kokainvorrat hervor. Carter war bereits dabei, sich auszuziehen, als sie sich wieder zu ihm umwandte.
    Sie schnupften das Rauschgift und begrapschten und befummelten sich anschließend eine halbe Ewigkeit lang in einer Weise, die zu keinem rechten Ergebnis führen wollte. Das Läuten des Telefons machte dem ein Ende. Christine torkelte zu dem Apparat hinüber, um ranzugehen, und reichte ihn dann Carter. Mit trübem Blick sah sie zu, wie sich in seinem Gesicht zuerst Verärgerung, dann Verwirrung und schließlich Fassungslosigkeit abmalte. Im nächsten Moment knallte er den Hörer auf und klaubte seine Sachen zusammen. Eine Uhr an der Wand zeigte vier Minuten nach halb zwölf.
    Wie gelähmt saß ich da, den Kopf in den Händen, und mochte nicht glauben, was ich soeben gesehen hatte. Es musste sich um eine Fälschung handeln. Die Locketts hatten eine Technik zur Implantation falscher Erinnerungen entwickelt. Sie hatten unsere Institut-KIs korrumpiert. Christine hatte ihr Alibi für sich so oft wiederholt, dass es stärker als die Wirklichkeit geworden war. Außerirdische waren in der Zeit zurückgereist, um die Vergangenheit zu verändern.
    »Edward.«
    Als ich den Blick hob, schaute Christine Jayne Lockett auf mich herab. In ihrem Gesicht spiegelte sich kein Zorn. Wenn überhaupt irgendetwas, so war es eher Mitleid, das sie für mich empfand.
    »Das mit den guten Verbindungen, die ich zu unserem Ältestenrat habe, war kein Scherz«, sprach sie weiter. »Und lassen Sie mich Ihnen eins sagen, Sie arrogantes Schwein, wenn diese … diese geistige Vergewaltigung mit irgendeinem anderen Fall in Verbindung stünde, würde ich ein solches Geschrei veranstalten, dass ihre gesamte Familie abstreiten würde, Sie überhaupt nur zu kennen. Der einzige Grund, warum ich es nicht tue, ist Justin. Ich hab’ ihn wirklich gemocht. Er war mein Freund, und ich werde ihm nie vergessen, dass er ein bisschen Glück und Heiterkeit in mein Leben gebracht hat. Ich wollte damals, dass sein Mörder gefasst wird, und das will ich heute noch genauso.«
    »Ich danke Ihnen«, flüsterte ich schwach.
    »Werden Sie jetzt aufgeben?«
    Ich lächelte, vor Selbstmitleid beinahe zerfließend. »Wir bewegen uns auf etwas hin, das Bethany das Plateau genannt hat, das Ende und Ziel allen wissenschaftlichen Fortschritts. Ich hab mit jeder Methode, die

Weitere Kostenlose Bücher