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Die Daemonenseherin

Die Daemonenseherin

Titel: Die Daemonenseherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Melzer
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und den Pullover anzuziehen, doch er ließ sich nicht so leicht abschütteln. »Bitte, du verstehst das nicht. Wenn ich nicht gehe, wird etwas Schreckliches passieren.«
    »Du hast etwas gesehen?«
    »Nicht direkt.«
    Er hob eine Augenbraue.
    »Es … ich weiß einfach, dass das nicht gut enden wird.«
    »Ach ja? Sagt wer?«
    »Der gesunde Menschenverstand.«
    »Derselbe, der einem auch sagen sollte, dass man besser nicht mit einem Skalpell in seinem eigenen Fleisch herumschneidet?« Er schüttelte den Kopf. »Du gehst nirgendwohin.«
    »Logan, bitte.« Sie hob den Kopf und sah ihm in die Augen in der Hoffnung, dass er die Dringlichkeit begriff, wenn er nur tief genug blickte. »In meiner Nähe bist du nicht sicher. Niemand ist das noch.«
    »Und allein bist du nicht sicher.« Er hielt noch immer ihre Hand mit dem Pullover fest, doch sein Griff hatte sich gelockert. »Gib jetzt nicht auf. Du hast schon so lange durchgehalten«, sagte er ruhig. »Ich glaube an dich.«
    »Sagst du das auch noch, wenn ich das nächste Mal einschlafe und der Dämon dir die Kehle herausreißt?«
    »Das wird nicht passieren.« Seine Entschlossenheit ließ sie beinahe glauben, dass er recht haben könnte. Aber nur beinahe.
    »Ich weiß nicht, ob ich noch länger die Kraft habe, gegen ihn zu kämpfen.«
    Logan nahm ihr den Pullover aus der Hand und ließ ihn fallen, dann zog er sie an sich. »Du hast sie.« Sein Atem strich warm über ihren Hals. »Und ich werde dafür sorgen, dass du sie nicht verlierst.«

20
    N achdem sie einsehen musste, dass Logan sie nicht gehen lassen würde, ließ Alessa sich von ihm zurück zum Bett führen. Sie war froh, sich wieder hinlegen zu können, denn ihre Beine fühlten sich an wie wabbeliger Gummi. Dass sie überhaupt so weit gekommen war, grenzte schon an ein Wunder; wie sie es hätte schaffen sollen, ihn tatsächlich zu verlassen, wusste sie selbst nicht.
    Doch so groß ihre Erleichterung auch sein mochte, ihre Furcht überwog.
    Als Logan sich anzog und nach nebenan ging, damit sie in Ruhe schlafen konnte, lag sie da und starrte an die Wand. Die Augen zu schließen, wagte sie nicht, aus Furcht vor dem, was der Dämon dann tun würde. Wenn er das nächste Mal ihren Körper verließ, würde er vielleicht nicht so einfach verschwinden.
    Alle Versuche, sich einzureden, dass er kleiner geworden war und damit vielleicht – zumindest vorerst – die Fähigkeit eingebüßt hatte, sich zu materialisieren, beruhigten sie nicht. Wach zu bleiben war das Einzige, was sein Auftauchen sicher verhindern konnte.
    Das Schmerzmittel machte sie müde. Der Dämon hingegen schien langsam wieder zu sich zu kommen. Alessa konnte spüren, wie er sich hinter der Mauer regte. Da sie fürchtete, dass eine weitere Dosis zwar sie selbst, aber nicht ihn aus den Schuhen hauen würde, lehnte sie ab, als Logan sie fragte, ob sie noch etwas gegen die Schmerzen brauchte.
    Ihr war bewusst, dass sie auf Dauer nicht wach bleiben konnte, deshalb stellte sie den Wecker so ein, dass er alle zehn Minuten ein Signal gab, das sie aus dem Schlaf reißen sollte. Sie hoffte, es würde genügen, um den Dämon zu vertreiben, falls er sich blicken ließ.
    Der wenige Schlaf, den sie auf diese Weise fand, war alles andere als erholsam, und nach einigen Stunden fühlte Alessa sich so gerädert, dass selbst der Kaffee, den Logan ihr auf ihren Wunsch in Mengen brachte, nichts daran änderte. Dabei war Kaffee für sie als Teetrinkerin für gewöhnlich ein zuverlässiger Wachmacher.
    Wollte sie das länger durchhalten, würde sie etwas Stärkeres brauchen. Soweit sie sich erinnern konnte, standen im Badschrank zwar alle möglichen Schmerzmittel, aber nichts, das aufputschte oder wach hielt. Logan darum zu bitten, ihr etwas zu besorgen, kam nicht infrage. Er würde sich weigern und ihr versichern, dass er mit dem Dämon schon fertig werden würde, falls er tatsächlich auftauchte.
    Ihre Rettung erschien am späten Nachmittag in Gestalt von Kent. Der Wecker klingelte im mittlerweile fast gewohnten Zehnminutentakt. Als sie danach tastete, um daraufzuschlagen, war das Klingeln bereits verstummt. Träge öffnete sie die Augen und blickte in Kents besorgtes Gesicht.
    Er hielt den Wecker, der in seinen Pranken winzig aussah, und drehte ihn hin und her, als versuchte er herauszufinden, was sie damit wollte. »Du solltest lieber schlafen, statt dich von dieser Höllenmaschine stören zu lassen.« Mit Schwung stellte er den kleinen Kasten wieder auf den Nachttisch, zu

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