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Die Dame aus Potsdam

Titel: Die Dame aus Potsdam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg R. Kristan
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hinzukommen. Die Abkürzung »Stasi« allerdings war streng verpönt. Wahrzeichen des Clubs war eine in Kunststoff eingeschlossene Silberdistel.
    Der heutige Vortrag »Ausbürgerung von Kulturschaffenden« wurde von einem angesehenen Juristen aus Düsseldorf gehalten. Nach dem Höflichkeitsbeifall ließ er sich die sechshundert Mark Vortragshonorar plus Reisespesen in bar auszahlen, um, wie er mit einem überdeutlichen Augenzwinkern sagte, in Berlin »noch einen Zug durch die Gemeinde« zu machen.
    Somit konnte der wichtigste Teil der Veranstaltung bereits kurz nach zehn beginnen. Der Kurator des Förderkreises, Dr.-Ing. Persmann, vergewisserte sich, daß kein Unbefugter in der Lounge geblieben war, dankte den Anwesenden für ihr Erscheinen und umriß mit wenigen Worten das Thema der Besprechung: »Meine Damen und Herren, wir müssen uns dringend mit unseren Auslandsaktivitäten und der Gewinntransfer beschäftigen. – Der Einfachheit halber nehme ich die alte BRD in diesen Problemkreis mit hinein.«
    Ein hörbares Schmunzeln ging durch die Reihen; man verstand sich. Der Kurator, ein energischer Fünfziger, war es als Generalmajor a. D. gewöhnt zu befehlen und erwartete auch im geschäftlich-privaten Sektor, daß man ihm nicht widersprach. Alle in diesem Kreis wußten inzwischen, daß er in der Abteilung X des früheren Ministeriums für Staatssicherheit zu den Geheimdiensten der sozialistischen Bruderländer den Kontakt gehalten hatte. Sein Wissen und seine Verbindungen waren mit der Auflösung des MfS nicht untergegangen, und der Bedarf der alten Freunde vom KGB an Informationen auch nicht.
    Kurator Persmann fuhr fort: »Unser Kollege Hartenstein ist eigens von Bonn herübergekommen, um uns über die Entwicklung in der Sektion West, also Nordrhein-Westfalen und Beneluxländer, zu berichten.«
    Kurzer Beifall unterbrach die Rede.
    Der Kurator fuhr fort: »Ich begrüße auch Silke Marino, die sich um die Pflege guter Beziehungen verdient gemacht hat. Wir verdanken ihr zahlreiche Erkenntnisse und manch heitere Stunde im grauen Alltag. – Ich beglückwünsche Sie, liebe Silke, zur Karriere beim Werbefilm.«
    Jetzt prasselte der Beifall richtig los.
    Hartenstein ergriff das Wort. »Liebe Clubfreunde, lassen Sie mich vorab meinen Unmut äußern: Diese Fahrerei durch die Lande ist wirklich kein Vergnügen. Mit dem Flugzeug wäre es bequemer.«
    Der Kurator hob die Hand: »Bitte, wir wollen doch unseren Grundsätzen treu bleiben, die haben ja einen Sinn! Geflogen wird nur bei echten Geschäftsreisen, auf keinen Fall zu unseren Besprechungen. Durch die Flugtickets werden zu viele Namen erfaßt. Aus demselben Grund bei Bahnreisen keine Platzreservierungen. Unser Verkehrsmittel im Inland ist das Auto!«
    Hartenstein ließ das Thema sofort fallen. Er berichtete von den durchaus erfreulichen Geschäften über die Schiene Amsterdam und Rotterdam. Der Abbau der Grenzkontrollen sei ein Geschenk. Auch wenn es bei den östlichen Nachbarn mit den Devisen hapere, sei der Markt geradezu unersättlich. Allerdings gäbe es auch für ihn immer noch ein paar weiße Flecken auf der Landkarte. So sei an die High-Tech-Anlage der Sondertronic KG in Bonn zur Überwachung des Funkverkehrs einfach nicht heranzukommen.
    Der Kurator winkte ab. »Sparen wir diesen Komplex aus – die Angelegenheit wird als ›Chefsache‹ behandelt. Ich stehe da auch alten Freunden gegenüber in der Pflicht.«
    Silke Marino nickte ihm bestätigend zu.
    An Hartensteins Ausführungen schlossen sich die Berichte der Sektionen Nord und Süd an; auch hier gab es durchweg sehr gute Geschäftsergebnisse. Selbst die Sektion Ost meldete steigende Umsätze und einen zügigen Ausbau der Wirtschaftsstandorte.
    »Liebe Kolleginnen und Kollegen«, zog der Kurator die Diskussion wieder an sich, »Geschäft ist die eine, Disziplin die andere Seite der Medaille. Gemessen an dem, was ich hier höre und was mir durch unsere Wirtschaftsprüfer bekannt geworden ist, müßte unser Kulturfonds etwa das doppelte Volumen haben. Wir müssen schließlich auch soziale Pflichten denen gegenüber erfüllen, die mit uns zusammengearbeitet haben, die aber aus bestimmten Gründen geschäftlich nicht in Erscheinung treten können. Die formlose Bereitstellung von Kapital in Millionenhöhe war schließlich keine Gottesgabe, sondern eine Investition in die Zukunft. – Jungunternehmerallüren und Gewinnmaximierung ohne Rücksicht auf unsere Freunde und Geldgeber sollten in diesem Kreis nicht

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