Die Dame aus Potsdam
nicht, jedenfalls weiß ich nichts davon.«
»Wen könnte er dann besucht haben?«
Beate Randolfs Hände lagen ruhig auf dem Tisch. »Ich habe keine Ahnung.«
»Haben Sie hier Freunde, Bekannte, Frau Randolf? Und könnte Ihr Mann mit denen Kontakt aufgenommen haben?« fragte wieder der Kommissar.
»Das wäre doch zu unwahrscheinlich. – Ich habe in der Tat hier einige Bekannte, Ellen und Stefan Munskau, die an der Adenauerallee ein Immobiliengeschäft führen. Ich habe sie gestern abend spät noch besucht, weil mir im Hotel die Decke auf den Kopf fiel.«
»Vielleicht kannte Ihr Mann die Munskaus auch?!«
»Das kann ich Ihnen nicht sagen; wegen des Hauses in Potsdam habe ich mit den beiden verhandelt – mein Mann hat sich nicht um solche Dinge gekümmert.«
»Wollen Sie Ihr Haus verkaufen?« fragte Kommissarin Lette.
»Aber nein! Ein Nachbar hat seine Villa am Griebnitzsee wegen Überschuldung verkaufen müssen. Das habe ich den Munskaus mitgeteilt, und die haben das Objekt dann einem amerikanischen Werbefilmproduzenten vermittelt.«
»Und woher kennen Sie das Immobiliengeschäft in Bonn?«
Beate Randolf zögerte nur einen Moment mit der Antwort. »Ich kenne Stefan Munskau vom Studium in Berlin her. Er war später in Bonn an der Ständigen Vertretung der DDR als Handelsattaché tätig. Nach deren Auflösung ist er im Westen geblieben und in das Unternehmen seiner Frau Ellen eingestiegen.«
Die nächste Frage der Hauptkommissarin zeigte, daß sie die alten Strukturen der Ex-DDR richtig einzuschätzen wußte. »Die beiden haben also erst nach der Auflösung der Vertretung geheiratet?«
»Nein – schon vorher.«
»Und das ist vom Ministerium für Staatssicherheit genehmigt worden – bei einem Botschaftsangehörigen? Das ist doch zumindest ungewöhnlich.«
Beate Randolf schaute prüfend auf. »Die näheren Umstände kenne ich nicht.«
»Frau Randolf, haben Sie auch am Wochenende während des Besuchs des Bonn-Zirkels Kontakt mit Ihren Bekannten gehabt?« fragte Freiberg.
»Aber ja, am Samstag habe ich mich aus dem offiziellen Programm ausgeklinkt, weil ich bei Munskaus zum Abendessen eingeladen war; wahrscheinlich als Gegenleistung für das von mir vermittelte Geschäft.«
»War es ein kleiner Kreis?«
Wieder ein kaum merkbares Zögern. »Als Gäste waren nur noch der Unternehmer Hartenstein mit seiner Lebensgefährtin Frau Mühlberg und Herr Kalisch, ein Diplomingenieur, mit von der Partie.«
»Haben Sie auch von dem Toten – pardon, von Ihrem Ehemann gesprochen?«
»Nur ganz kurz. Hartenstein erkundigte sich, ob die Achsen bei ›Special-Transports‹ gut ausgelastet seien. Er selbst handelt mit Autozubehör, und es ist durchaus möglich, daß er mit meinem Mann geschäftlich zu tun gehabt hat. Aber das war an dem Abend kein Thema. Sie wissen doch, wie solche Gespräche beim Essen dahinplätschern.«
Kommissar Freiberg hatte das Gefühl, nur mit gefilterten Wahrheiten abgespeist zu werden. Zu gern hätte er gewußt, wen Beate Randolf beim ersten Wählversuch in der roten Telefonzelle erreichen wollte. Vielleicht jemand anderen aus der Tischrunde? Aber danach fragen durfte er nicht, wenn er nicht offenbaren wollte, daß sie beobachtet worden war.
Nachdenklich fragte Kommissarin Lette: »Wer könnte es auf das Leben Ihres Mannes abgesehen haben, Frau Randolf? Wer könnte ein Motiv haben – und welches?«
Beate Randolf sah suchend zum Fenster hinaus und richtete ihren Blick auf einen imaginären Punkt im Siebengebirge. »Valentin war in diesen Tagen geschäftlich unterwegs – ich sagte es schon. Vielleicht wollte man ihn zwingen, verbotene Waren zu transportieren oder andere krumme Geschäfte zu machen, und er hat nicht mitspielen wollen. Vielleicht hängt es auch mit dem Haschisch zusammen, das er hin und wieder von Amsterdam mitgebracht hat. Bitte messen Sie dem keine zu große Bedeutung bei – wir sind nicht drogenabhängig. Das war reine Neugierde. DDR-Bürger hatten mit dem Zeug früher ja nie etwas zu tun, als die Mauer noch stand.«
Freiberg schüttelte den Kopf. »Mit dem Stoff werden heute keine großen Geschäfte mehr gemacht. Jetzt sind Heroin und Kokain, Speed und Crack gefragt – damit wird das große Geld geschaufelt.«
»Zwischen Magdeburg und Moskau ist noch ein weites Feld zu beackern«, überlegte Kommissarin Lette. »Wer jetzt in den Drogenhandel einsteigt, kann sehr schnell Millionär werden. ›Special-Transports‹ mit seinen Verbindungen nach Osten wäre ein geradezu
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