Die Dame aus Potsdam
der Geschichte in Potsdam etwas zu tun hat, dann möchten wir das umgehend erfahren, um unsere Leute schützen zu können.«
»Kapiert!« sagte Sörensen.
»Sind aus der Sicht des 1. Kommissariats auch andere Motive denkbar?« fragte Kolberg an Lupus gewandt.
»Im Fall Marino – das weiß ich nicht. Aber im Fall Valentin Randolf können wir nicht ausschließen, daß Rauschgift im Spiel ist. Randolf hat – wie wir von seiner Frau wissen – schon mal kleine Mengen aus den Niederlanden mitgebracht; angeblich, um den Stoff kennenzulernen. Die Jahrzehnte hinter der Mauer haben wohl besonders neugierig gemacht. Wenn man ferner berücksichtigt, daß auch Freund Hartenstein vor etwa einem Jahr in die Zollmangel geraten ist – allerdings ohne daß ihm etwas nachgewiesen werden konnte –, dann ist nicht ausgeschlossen, daß die Aktivitäten der Ehemaligen auf einem ganz anderen Feld als dem der Spionage liegen. – Und wer bei den Bossen und Dons des Medellinkartells nicht spurt, der hat schnell ein Loch im Bauch; egal ob mit der Makarow oder mit der Smith &Wesson.«
Regierungsdirektor Kolberg hatte aufmerksam zugehört. »Haben Sie auch nur den kleinsten Anhaltspunkt, daß Silke Marino mit dem Drogengeschäft zu tun hatte?«
»Nein, keine Spur. Die Dame ist aus unserer Sicht nur dank ihrer körperlichen Vorzüge mit den Aktivisten verbunden. Wenn die Herren allerdings mit Koks handeln sollten, könnte man sich vorstellen, daß sie das Hühnchen damit schon mal zum Flattern gebracht haben. Koks macht scharf und nicht gleich so zu wie Aitsch. Aber weder die Kollegen in Potsdam noch wir haben Kokain oder Heroin gefunden.«
Lupus hatte mehr gesagt, als ihm Sörensen eingeräumt hätte, doch hier mußten Fakten auf den Tisch, um klare Verhältnisse zu schaffen.
»Das macht die Sache nicht einfacher«, stellte Kolberg fest. »Wir müssen also beides in Betracht ziehen, nachrichtendienstliche Aktivitäten und Drogengeschäfte.«
Sörensen hatte sich eine Frage bis zum Schluß des Gesprächs aufgehoben. »Sollten wir nicht auch über Bernd Kalisch sprechen? Er hat immerhin sein Verhältnis mit Beate Randolf reaktiviert – und die war schließlich die Frau des Ermordeten.«
»Lieber nicht«, sagte Kolberg schnell. Lupus, der ein kurzes Kopfschütteln von Oberamtsrat Mechtenbrink wahrnahm, dachte sich seinen Teil: Hier war wohl ein Paar Ohren zuviel im Raum.
Die Gelegenheit zur Retourkutsche ließ Sörensen sich nicht entgehen. »Vielleicht habt ihr jetzt auch zu laut gedacht oder zu schnell geantwortet! Das 1. Kommissariat hat die beiden Liebenden observiert; Beate Randolf hat Bernd Kalisch gestern mittag in seiner Wohnung besucht. Seither sind Romeo und Julia spurlos verschwunden.« Sörensen machte eine Pause. »Auch wenn es nicht besonders zu interessieren scheint, wir wollten diese Neuigkeit dem Bundesamt für Verfassungsschutz nicht vorenthalten.«
Kolberg kniff die Lippen zusammen. Wie auf ein Zeichen hin erhob sich Mechtenbrink und verließ den Raum.
Noch während die Besucher aus Bonn sich verabschiedeten, kam der Oberamtsrat zurück und gab seinem Chef einen Zettel.
Kolberg warf einen Blick darauf und sagte nachsichtig lächelnd: »Kalisch hat sich für drei Tage zu einer Geschäftsreise abgemeldet. Wie uns die Leitung des Unternehmens versichert, sei das nichts Ungewöhnliches. Er bestimme die Reiseziele nach den jeweiligen geschäftlichen Bedürfnissen seines Bereichs und rufe zwischendurch an, ob es neue Aufträge gebe. Also kein Grund zur Beunruhigung.«
Höflich, wie die Verfassungsschützer nun mal sind, begleiteten sie die Besucher aus Bonn bis zum Ausgang und hoben sogar die Hand zum Gruß, als der Wagen abfuhr.
»Ein schöner Abgang ziert die Übung«, kalauerte Lupus. »Es sieht ganz so aus, als ob unsere Gastgeber die Punkte gemacht hätten.«
»In der Tat«, bestätigte Sörensen. »Ich hätte an deiner Stelle nicht soviel erzählt. Dadurch fehlte uns das Tauschmaterial in Sachen Kalisch.«
»Ich werde Freiberg berichten, was wir erfahren haben; vielleicht kann der etwas damit anfangen«, sagte Lupus und hüllte sich für den Rest der Fahrt in Schweigen.
18
Schon die erste telefonische Nachricht von Lupus über sein Gespräch mit Ilse Mühlberg war für Kommissar Freiberg und die Kollegin von der MUK Potsdam ein neuer Ermittlungsimpuls in der Mordsache Silke Marino.
Zwar konnte die Anwesenheit des Kfz-Zubehörhändlers zur Tatzeit in Potsdam noch ein geschäftlich
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