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Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See

Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See

Titel: Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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galoppierte Ciri auf einem schwarzen Pferd, an die Mähne geschmiegt, in einem Spalier von krummen Erlen dahin, die versuchten, sie mit ihren knorrigen Ästen zu packen.
    Ach, und unmittelbar vor Tagesanbruch träumte er von Triss Merigold. Nachdem sie voriges Jahr im Tempel gewesen war, hatte der junge Mann ein paarmal von der Zauberin geträumt. Diese Träume zwangen Jarre zu Dingen, derer er sich danach sehr schämte.
    Diesmal, versteht sich, kam es zu nichts Peinlichem. Es war einfach zu kalt.
     
    Am Morgen, tatsächlich, kaum dass es hell wurde, machten sich alle sieben auf den Weg. Milton und Ograbek, die Bauernsöhne vom Hofaufgebot, machten sich mit einem Soldatenliedchen Laune:
    Reitet da ein Krieger, dass die Rüstung klirrt,
    Hüt dich, Mädchen, weil er dich gleich küssen wird!
    Wer will’s ihm verwehren, soll er ruhig küssen,
    Wird ja doch das Vaterland kühn beschützen müssen!
    Hecht, Okultich, Klaproth und der ihnen anhängende Böttchersohn Melfi erzählten einander Schnurren und Witze, die sie für unglaublich komisch hielten.
    »…   und der Nilfgaarder fragt: ›Was stinkt hier so?‹ Und drauf der Elf: ›Scheiße.‹ Haa, ha, haaa!«
    »He, he, he, häää!«
    »Ha, ha, ha! Und kennt ihr den: Ein Nilfgaarder, ein Elf und ein Zwerg gehen über Land. Sie gucken, da fliegt ’ne Maus   …«
    Je weiter der Tag voranschritt, umso mehr anderen Reisenden begegneten sie auf der Landstraße, Bauernwagen, Geleitzügen der Intendantur, kleinen Abteilungen marschierenden Militärs. Manche Wagen waren mit Gütern beladen, diesen folgte die Bande Hechts fast mit den Nasen am Boden, wie Vorstehhunde, und sammelte auf, was herabfiel – bald eine Möhre, bald eine Kartoffel, eine Rübe, manchmal sogar eine Zwiebel. Ein Teil der Beute wurde vorsorglich für schlechte Zeiten zurückgelegt, ein Teil gierig verschlungen, was das Witzeerzählen nicht behinderte.
    »…   und der Nilfgaarder: Pruuh! Und scheißt sich über beide Ohren ein! Ha, ha, ha, ha, ha, ha!«
    »Haa, ha, haaa! O Götter, ich halt’s nicht aus   … Scheißt sich ein   … Haaa, haa, haa!«
    »He, he, he, häää!«
    Jarre wartete auf eine Gelegenheit und einen Vorwand, sich abzuseilen. Hecht gefiel ihm nicht, Okultich auch nicht. Ihm gefielen die Blicke nicht, mit denen Hecht und Okultich die vorüberfahrenden Wagen der Kaufleute bedachten, die Bauernfuhrwerke und die darauf sitzenden Frauen und Mädchen. Ihm gefiel der spöttische Ton Hechts nicht, wenn der sich alle naselang über die Zweckmäßigkeit ausließ, sich als Freiwilliger zu einem Zeitpunkt zu melden, da Niederlage und Vernichtung sicher und offensichtlich waren.
    Es begann nach gepflügter Erde zu riechen. Nach Rauch. Im Tal tauchten zwischen dem regelmäßigen Schachbrett von Feldern,Waldstücken und wie Spiegel glänzenden Fischteichen die Dächer von Gebäuden auf. An ihre Ohren drang ab und zu das ferne Bellen eines Hundes, das Brüllen eines Ochsen, das Krähen eines Hahns.
    »Man sieht, dass diese Dörfchen wohlhabend sind«, lispelte Hecht und leckte sich die Lippen. »Nicht groß, aber gut eingerichtet.«
    »Hier, in dem Tal«, beeilte sich Okultich zu erklären, »leben und wirtschaften Halblinge. Bei denen ist alles gut und schön eingerichtet. Ein sparsames Völkchen ist das, diese Winzlinge.«
    »Nichtmenschen, verfluchte«, krächzte Klaproth. »Kobolde, die! Die wirtschaften hier ’rum, aber ’n richtiger Mensch hat von wegen denen Unglück und Not. Denen schadet nicht mal der Krieg was.«
    »Vorerst.« Hecht zog den Mund zu einem hässlichen Grinsen breit. »Merkt euch, Jungs, dieses Dörfchen. Das da drüben zwischen den Birken, gleich am Wald. Merkt’s euch gut. Wenn ich da mal zu Besuch hingehe, möchte ich mich nicht irren.«
    Jarre wandte den Kopf ab. Er tat so, als höre er nichts. Als sehe er nur die Landstraße vor sich.
    Sie marschierten. Milton und Ograbek, die Bauernsöhne vom Hofaufgebot, stimmten ein neues Lied an. Weniger kriegerisch. Irgendwie ein bisschen pessimistisch. Man konnte es – insbesondere nach den vorangegangenen Anspielungen Hechts – geradezu für ein schlechtes Omen halten.
    Höret alle zu, ihr Leute,
    Alle seid ihr Todgeweihte,
    Ob du jung bist oder alt,
    Macht der Tod nicht vor dir halt,
    Wenn der Tod wen will verderben,
    jeder muss des Todes sterben   …
    »Der«, schätzte Okultich ein, »muss Kies haben. Wenn der keinen Kies hat, dann sollen sie mich verschneiden.«
    Das Individuum, um dessentwillen Okultich

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