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Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See

Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See

Titel: Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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besonderen Erlass dergestalt, dass es ein schwarzer Schild ist, besät mit silbernen Lilien. Und so ist das Wappen Temeriens bis heute. Was ihr alle durch Augenschein feststellen könnt, denn gerade kommen die temerischen Lanzenreiter die Chaussee entlang.«
    »Sehr schön«, sagte der Händler, »hast du uns das erklärt, junger Mann.«
    »Nicht ich«, seufzte Jarre, »sondern Jan von Attre, der gelehrte Heraldiker.«
    »Du bist auch nicht weniger gelehrt, wie man sieht.«
    »Gerade richtig«, setzte Hecht halblaut hinzu, »für einen Rekruten. Um sich unter diesen silbernen Lilljen abschlachten zu lassen, für König und Temerien.«
    Sie hörten Gesang. Bedrohlich, kriegerisch, brausend wie eine Sturmwoge, wie die Dunkelheit eines heraufziehenden Gewitters. Hinter den Temeriern kam in gleichmäßiger und dichter Formation anderes Militär. Eine graue, fast farblose Kavallerie, über der weder Banner noch Wimpel wehten. Vor den an der Spitze der Kolonne reitenden Anführern wurde eine mit Pferdeschweifen verzierte Stange mit einem Querbalken getragen, an dem drei Menschenschädel angenagelt waren.
    »Die Freikompagnie.« Einer der Landsknechte zeigte auf die Grauen. »Die Condottieri. Eine Söldnertruppe.«
    »Man sieht sofort«, seufzte Melfi, »dass die kampferprobt sind. Mann für Mann! Und gleichmäßig gehen die, wie zur Parade   …«
    »Die Freikompagnie«, wiederholte der Landsknecht. »Schaut hin, ihr Bäuerlein und Grünschnäbel, so sehen richtige Soldaten aus. Die waren schon im Kampf; sie waren es, die Condottieri, die Banner von Adam Pangratt, Molla, Frontino und Abatemarco, die bei Mayena den Ausschlag gegeben haben, dank ihnen wurde der Nilfgaarder Ring gesprengt, ihnen ist es zu verdanken, dass die Festung befreit wurde.«
    »Wahrhaft«, setzte der andere hinzu, »kampferprobte und tapfere Leute sind das, diese Condottieri, in der Schlacht standhaft wie ein Fels. Obwohl die Freikompagnie für Geld dient, wie man an ihrem Lied gleich merkt.«
    Die Abteilung näherte sich im Schritt, der Gesang dröhnte mächtig und laut, doch mit einem sonderbar finsteren und bösen Unterton.
    Wir fechten für Zepter nicht und nicht für Throne,
    Für Könige nicht, und nichts schulden wir ihnen.
    Allein dem Dukaten, der glänzt wie die Sonne,
    Dem wollen wir dienen!
     
    Wir küssen die Fahne nicht, nicht eure Hände,
    Wir schwör’n keinen Eid, denn den Schwur kann man brechen.
    Wolln nur dem Dukaten, der golden uns blendet,
    Die Treue versprechen!
    »Ach, bei denen müsste man dienen«, seufzte erneut Melfi. »Zu sammen mit solchen zu kämpfen   … Da käme man zu Ruhm und zu Beute   …«
    »Seh ich richtig, oder was?« Okultich verzog das Gesicht. »An der Spitze des zweiten Haufens – ein Weib? Kämpfen die unter Weiberkommando, diese Söldner?«
    »Ein Weib«, bestätigte ein Landsknecht. »Aber nicht irgendein Weib. Das ist Julia Abatemarco, die sie die Süße Range nennen. Eine Kriegerin, die sich gewaschen hat. Unter ihrem Kommando haben die Condottieri den Riegel der Schwarzen und der Elfen bei Mayena aufgebrochen, obwohl sie mit zweimal fünfhundert Mann gegen dreitausend angetreten sind.«
    »Ich habe läuten hören«, meldete sich Hecht in sonderbarem, schleimig-unterwürfigem, aber zugleich boshaftem Ton zu Wort, »dass dieser große Sieg nicht viel genützt hat, dass die fürdie Söldlinge ausgegebenen Dukaten für die Katz waren. Nilfgaard hat sich berappelt und unseren wieder Pfeffer gegeben, aber kräftig. Und hat Mayena wieder eingeschlossen. Oder vielleicht haben sie die Festung auch schon erobert? Vielleicht sind sie schon hierher unterwegs? Vielleicht werden sie jeden Tag hier sein? Vielleicht sind die käuflichen Condottieri schon längst mit Nilfgaarder Gold abgeworben? Und vielleicht   …«
    »Und vielleicht«, unterbrach ihn der Soldat wütend, »willst du eins in die Fresse, du Lump? Sieh dich vor, wer unsere Truppen madig macht, kriegt den Strick! Also halt’s Maul, solange ich noch nicht böse geworden bin!«
    »Ooh!« Der große Klaproth riss das Maul auf und entspannte die Situation. »Ooh, guckt doch! Was da für komische Winzlinge kommen!«
    Unter dem dumpfen Dröhnen der Heerpauken, dem anhaltenden Tuten der Dudelsäcke und dem wilden Pfeifen der Blechflöten marschierte eine Infanterieformation die Straße entlang, bewaffnet mit Hellebarden, Partisanen, Streitäxten, Kriegsflegeln und Morgensternen. Die in Pelzmäntel mit Kapuze, Kettenhemden und Spitzhauben gekleideten

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