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Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See

Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See

Titel: Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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scheißt es auch. So hat das die Natur nun mal eingerichtet, und da ist nichts zu machen! Und was so zusammengeschissen wird, das karren sie hier in diese Gräben, laden’s ab, ohne es auch nur absickern zu lassen. Im Winter, als der Frost die Scheiße hat gefrieren lassen, war es halbwegs auszuhalten, aber seit dem Frühling   … Puhh!«
    »Und sie bringen immer neue und schütten sie auf die alten Haufen.« Auch der zweite Landsknecht spuckte aus. »Und hört ihr dieses Surren? Das sind Fliegen. Ganze Wolken gibt’s hier davon, so früh im Jahr hat man das sonst nie! Bindet euch was vor die Visagen, was ihr gerade habt, denn die fliegen in Augen und Mund, die Mistviecher. Und zügig weiter, je eher wir hier vorbei sind, umso besser.«
     
    Sie ließen die Gräben hinter sich, wurden den Gestank aber nicht los. Im Gegenteil, Jarre hätte die Hand ins Feuer gelegt, dass er um so schlimmer wurde, je näher sie der Stadt kamen. Er war nun vielfältiger, reicher an Spielarten und Nuancen. Es stanken die rings um die Stadt errichteten Militärlager und Zelte. Es stank das riesige Lazarett. Es stank die volkreiche und geschäftige Vorstadt, es stanken die Stadtmauer, das Tor, die Gebäude hinter dem Wall, es stanken die kleinen Plätze und Gassen, es stanken die Mauern des über die Stadt emporragenden Schlosses. Zum Glück gewöhnten sich die Nasen rasch ein, und bald schon war es ihnen gleichgültig, ob es Unrat war, Aas, Katzenurin oder der nächste Imbissstand.
    Die Fliegen waren überall. Sie waren lästig, drängten in die Augen, die Ohren, die Nase. Sie ließen sich nicht verscheuchen. Es war einfacher, sie auf dem Gesicht zu zerquetschen. Oder zu zerbeißen.
    Sobald sie aus dem Schatten des Torwegs traten, sprang ihnen eine riesige Malerei ins Auge, die einen Ritter darstellte, der mit dem Finger auf sie zeigte. Die Schrift unter dem Bild fragte ingroßen Buchstaben: UND DU? HAST DU DICH SCHON ZUM DIENST VERPFLICHTET?
    »Haben wir, haben wir«, murmelte ein Landsknecht. »Lei der .«
    Dergleichen Malereien gab es viele, man konnte sagen, keine Wand ohne Bild. Es überwog der Ritter mit dem Finger; oft kam auch eine pathetische Mutter Heimat mit aufgelöstem grauem Haar vor, hinter deren Rücken brennende Dörfer und Säuglinge auf Nilfgaarder Piken zu sehen waren. Gelegentlich fanden sich auch Elfen mit bluttriefenden Messern zwischen den Zähnen.
    Jarre schaute plötzlich zurück und stellte fest, dass sie allein waren, er, die Landsknechte und der Händler. Hecht, Okultich, die Bauernrekruten und Melfi waren spurlos verschwunden.
    »Ja, ja«, bestätigte einer der Landsknechte seine Vermutung und musterte ihn mit forschendem Blick. »Deine Freunde sind bei der ersten Gelegenheit stiften gegangen, hinter der ersten Ecke haben sie die Flocke gemacht. Und weißt du, was ich dir sage, Junge? Es ist gut, dass sich eure Wege getrennt haben. Wünsch dir lieber nicht, dass sie wieder zusammenlaufen.«
    »Schade um Melfi«, murmelte Jarre. »Das ist alles in allem ein guter Kerl.«
    »Jeder wählt sein Schicksal selbst. Und du komm mit uns. Wir zeigen dir, wo die Anwerbung ist.«
    Sie kamen auf einen kleinen Platz, in dessen Mitte auf einem steinernen Podest der Pranger stand. Rings um den Pranger drängten sich Bürger und Soldaten, die ihren Spaß haben wollten. Der in Eisen geschlagene Delinquent, gerade von einem Dreckklumpen ins Gesicht getroffen, spuckte und weinte. Die Menge brüllte vor Lachen.
    »He!«, schrie einer der Landsknechte. »Schau mal, wen sie da festgesetzt haben! Das ist doch Fuson! Was werfen sie denn dem vor?«
    »Ackerbau«, erklärte eilig ein dicker Bürger mit Wolfspelz und Filzkappe.
    »Was?«
    »Ackerbau«, wiederholte der Dicke mit Nachdruck. »Dass er gesät hat!«
    »Ha, da habt ihr aber, mit Verlaub, einen gewaltigen Bock geschossen«, sagte lachend der Landsknecht. »Ich kenne Fuson, er ist Schuster, sein Vater war Schuster, sein Großvater auch. Der hat zeitlebens weder gepflügt noch gesät noch geerntet. Ihr habt da einen Bock geschossen mit diesem Säen, und was für einen!«
    »Der Vogt hat es selber gesagt!«, beharrte der Bürger. »Er wird bis zum Abend am Pranger stehen, weil er gesät hat! Gesät hat er, der Verbrecher, auf Nilfgaarder Geheiß und für Nilfgaarder Silberlinge   … Er hat allerdings irgendeine eigenartige Frucht gesät, wohl eine aus Übersee   … Wie hieß die doch gleich   … Aha! Defätismus!«
    »Ja, ja!«, rief der Amulettverkäufer. »Davon habe

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