Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See
ich reden gehört! Die Nilfgaarder Spione und die Elfen verbreiten die Seuche, sie schütten alles mögliche Gift in Brunnen, Quellen und Bäche, und zwar: Stechapfel, Tollkraut, Lepra und Defätismus.«
»Jawohl.« Der Bürger im Wolfspelz nickte. »Gestern haben sie hier zwei Elfen aufgehängt. Bestimmt, weil sie was vergiftet haben.«
»Diese Straße lang und um die Ecke« – der Landsknecht zeigte es – »liegt eine Herberge, in der die Werbekommission ihr Büro hat. Da ist eine große Plane aufgespannt, mit den temerischen Lilien, die kennst du ja, Junge, du findest es ohne Mühe. Mach’s gut. Mögen die Götter geben, dass wir uns in besseren Zeiten treffen. Lebt auch Ihr wohl, Herr Kaufmann.«
Der Händler räusperte sich laut. »Werte Herren«, sagte er, während er in den Kistchen und Etuis kramte, »erlaubt, dass ich für Eure Hilfe … Zum Zeichen der Dankbarkeit …«
»Bemüht Euch nicht, guter Mann«, sagte lächelnd ein Landsknecht. »Geholfen, und fertig, nicht der Rede wert …«
»Vielleicht eine Wundersalbe gegen Hexenschuss?« Der Händler tastete nach etwas am Grunde eines Etuis. »Vielleicht eine universelle und unfehlbare Medizin gegen Bronchitis, Gicht, Lähmung, Schuppen wie auch Skrofulose? Vielleicht ein Harzbalsam gegen Bienenstiche, Schlangen- und Vampirbisse? Vielleicht ein Talisman zum Schutz gegen die Folgen des Bösen Blicks?«
»Aber habt Ihr vielleicht«, fragte ernst der andere Landsknecht, »etwas zum Schutz gegen die Folgen schlechten Fressens?«
»Habe ich!«, rief der Händler strahlend. »Das ist ein sehr wirksames Elixier aus magischen Wurzeln, mit duftenden Kräutern versetzt. Es genügen drei Tropfen nach der Mahlzeit. Bitte, nehmt, werte Herren.«
»Danke. Also dann, lebt wohl, Herr. Du auch, Junge. Viel Erfolg!«
»Anständig, umgänglich und höflich«, schätzte der Händler ein, als die Soldaten in der Menge verschwunden waren. »Na, aber du hast mir ja auch beigestanden, junger Mann. Was gebe ich dir denn da? Ein Amulett gegen Blitzschlag? Einen Bezoar? Einen Schildkrötenstein, der gegen Hexenzauber hilft? Ha, ich habe auch einen Leichenzahn zum Räuchern, ich habe ein Stück getrockneten Teufelsdreck, sowas soll man im rechten Stiefel tragen …«
Jarre wandte den Blick von den Leuten, die von einer Hauswand eifrig eine Aufschrift abwuschen: WEG MIT DEM BESCHISSENEN KRIEG.
»Lasst gut sein«, sagte er. »Es wird Zeit für mich …«
»Ha«, rief der Händler und zog aus einer Schachtel ein kleines Messingmedaillon in Form eines Herzchens. »Das solltest du gebrauchen können, junger Mann, denn das ist gerade richtig für junge Leute. Es ist eine große Rarität, ich habe nur eins davon. Das ist ein Zauberamulett. Es bewirkt, dass der Träger nicht von seiner Liebsten vergessen wird, wenn auch die Zeit siegetrennt haben mag und viele Meilen zwischen ihnen sind. Schau, hier geht es auf, drinnen ist ein Zettelchen aus magischem Papier. Auf dieses Zettelchen braucht man nur mit magischer Tinte, roter, wie ich sie habe, den Namen der Liebsten aufzuschreiben, und sie vergisst dich nicht, hört nicht auf, dich zu lieben, wird dir nicht untreu und verlässt dich nicht. Na?«
»Hmmm …« Jarre errötete ein wenig. »Wenn ich wüsste …«
Der Kaufmann tauchte ein Stöckchen in die magische Tinte. »Welchen Namen soll ich schreiben?«
»Ciri. Das heißt, Cirilla.«
»Fertig. Nimm.«
»Jarre! Was machst du hier, bei allen Teufeln?«
Jarre drehte sich abrupt um. Ich habe gehofft, dachte er mechanisch, ich könnte meine ganze Vergangenheit hinter mir lassen, jetzt würde alles neu. Aber ich treffe fast pausenlos auf alte Bekannte.
»Herr Dennis Cranmer …«
Der Zwerg in dem schweren Pelz, mit Brustharnisch, eisernen Schulterstücken und Fuchsmütze mit Federbusch, warf einen raschen Blick auf den Burschen, den Händler, dann wieder auf den Burschen. »Was«, fragte er streng, wobei er Brauen, Schnurrbart und Bart sträubte, »machst du hier, Jarre?«
Der junge Mann überlegte einen Moment lang, ob er nicht schwindeln und zur besseren Glaubwürdigkeit den wohlmeinenden Kaufmann in die Lüge einbeziehen sollte. Doch er verwarf den Gedanken fast augenblicklich. Dennis Cranmer, der einst in der Garde des Fürsten von Ellander gedient hatte, stand im Rufe eines Zwergs, den man schwer irreführen konnte. Es lohnte den Versuch nicht.
»Ich will in die Armee eintreten.«
Er wusste, wie die nächste Frage lauten würde.
»Nenneke
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