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Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See

Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See

Titel: Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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und Kiefernnadeln.
    »Lieg still, Fräulein.« Sie hörte, wie er geiferte, während er ihr gegen die Hinterbacken drückte. »Der Opa ist nicht mehr jung, nicht gleich, nach und nach   … Aber keine Angst, der Opa macht, was er will. He, he! Und dann isst der Opa, he, isst! Schön satt   …«
    Er brach ab, schrie auf und begann zu quieken.
    Als sie spürte, wie sich der Griff lockerte, bäumte sich Ciri auf, riss sich los und sprang auf wie eine Feder. Und sie sah, was geschehen war.
    Kelpie war leise herangekommen, hatte den Waldopa bei den Haaren gepackt und fast hochgehoben. Der Alte heulte und quiekte, warf sich hin und her, trat mit den Füßen, schließlich konnte er sich losreißen, wobei er ein ganzes graues Haarbüschel zwischen den Zähnen der Stute ließ. Er wollte nach seinemStock greifen, doch Ciri stieß ihn mit einem Fußtritt aus seiner Reichweite. Mit einem zweiten Tritt wollte sie ihn an der passenden Stelle bedenken, doch die halb heruntergezogene Hose behinderte ihre Bewegungen. Die Zeit, die sie brauchte, um sie hochzuziehen, nutzte der Alte. Mit ein paar Sätzen war er an dem Hackklotz, riss die Axt heraus, verscheuchte die immer noch gegen ihn eingenommene Kelpie. Er brüllte los, bleckte seine schrecklichen Zähne und stürzte sich auf Ciri, die Axt zum Schlag erhoben.
    »Der Opa wird dich vögeln, Fräulein!«, schrie er wild. »Und wenn dich der Opa vorher in Stücke hauen muss! Dem Opa ist es egal, ob einzeln oder portionsweise!«
    Sie glaubte, sie würde leicht mit ihm fertig werden. Immerhin war das ein alter, vertrockneter Greis. Sie täuschte sich gründlich.
    Trotz der monströsen Bastschuhe sprang er wie ein Brummkreisel, schlug geschickt Haken wie ein Kaninchen, und die Axt mit dem gekrümmten Stil gebrauchte er wie ein geübter Fleischer. Als die dunkle und geschliffene Schneide sie ein paarmal gestreift hatte, erkannte Ciri, dass sie ihr Heil in der Flucht suchen musste.
    Doch es rettete sie ein Zufall. Im Zurückweichen traf sie mit dem Fuß auf ihr Schwert. Blitzschnell hob sie es auf.
    »Lass die Axt fallen«, stieß sie hervor, während sie mit einem Zischen Schwalbe aus der Scheide zog. »Lass die Axt zu Boden fallen, verrückter Alter. Dann werde ich dich vielleicht verschonen. Und nicht in Stücke hauen.«
    Er blieb stehen. Er keuchte und atmete pfeifend, und sein Bart war widerlich vollgespuckt. Doch die Waffe ließ er nicht fallen. Sie sah, wie er die Axt befingerte. Sie sah in seinen Augen wilde Wut.
    »Na!« Sie schlug mit dem Schwert eine rasche Mühle. »Ma chen wir uns einen schönen Tag!«
    Einen Moment lang schaute er sie an, als verstünde er nicht,dann bleckte er die Zähne, riss die Augen auf, brüllte und stürzte auf sie zu. Ciri hatte genug. Sie wich ihm mit einer raschen Halbdrehung aus und schlug von unten her quer über beide ausgestreckte Arme, oberhalb der Ellenbogen. Der Alte ließ die Axt aus den blutüberströmten Händen fallen, sprang sie aber sofort wieder an und zielte mit den ausgestreckten Fingern in ihre Augen. Sie sprang weg und versetzte ihm einen kurzen Hieb an den Hals. Eher aus Mitleid als aus Notwendigkeit: Da ihm beide Armarterien durchgetrennt waren, wäre er ohnehin verblutet.
    Er lag da und schied unglaublich schwer aus dem Leben; trotz der durchtrennten Adern wand er sich immer noch wie ein Wurm. Ciri stand über ihm. Reste des Sandes knirschten ihr zwischen den Zähnen. Sie spuckte sie ihm einfach auf den Rücken. Ehe sie damit fertig war, war er tot.
    Die sonderbare Konstruktion vor der Hütte, die an einen Galgen erinnerte, war mit eisernen Haken und einem Flaschenzug ausgestattet. Der Tisch und der Hackklotz waren glatt, klebrig von Fett, und sie rochen schlecht.
    Wie eine Fleischbank.
    In der Küche fand Ciri einen Topf mit den Resten jener gerühmten Perlgräupchen, kräftig gefettet, voll Stücken von Fleisch und Pilzen. Sie war sehr hungrig, aber etwas bewog sie, das nicht zu essen. Sie trank nur Wasser aus einem Handzuber und biss in einen kleinen, verschrumpelten Apfel.
    Hinter der Hütte fand sie einen kleinen Keller mit einer Treppe, tief und kalt. In dem Keller standen Töpfe mit Schmalz. An der Decke hing Fleisch. Der Rest einer Hälfte.
    Sie stolperte auf der Treppe, als sie aus dem Keller stürzte wie von Furien gejagt. Sie stürzte in die Brennnesseln, sprang auf, lief schwankend zur Hütte, hielt sich mit beiden Händen an einem der Stützpfähle fest. Obwohl sie fast nichts im Magen hatte, übergab sie sich

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