Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See
Fräulein ist sicherlich hungrig?« Er reckte die Zähne vor. »Durstig? Müde? Wenn es will, führt der Waldopa es zur Hütte, gibt ihm zu essen, zu trinken. Unterkunft.«
Ciri hatte seit langem weder Zeit noch die Nerven gehabt, um an Rast und Essen zu denken. Jetzt bewirkten die Worte des wunderlichen Alten, dass sich ihr Magen zusammenkrampfte, die Därme sich verknoteten und die Zunge in den Hals rutschte. Der Alte betrachtete sie unter dem Rand des Huts hervor.
»Der Waldopa«, nuschelte er, »hat in der Hütte etwas zu essen. Er hat Quellwasser. Er hat auch Heu für die Stute, die böse Stute, die den braven Waldopa beißen wollte. He! In der Hütte des Waldopas gibt es alles. Und über Orte und Zeiten reden kann man auch … Es ist überhaupt nicht weit, o nein. Wird das wandernde Fräulein mitkommen? Wird es die Gastfreundschaft des armen Waldopas nicht verschmähen?«
Ciri schluckte. »Geh voran.«
Der Waldopa wandte sich um und trottete einen kaum sichtbaren Pfad durch das Unterholz entlang, wobei er energisch den Stock setzte. Ciri ritt ihm nach, duckte den Kopf unter Ästen hinweg und hielt Kelpie mit den Zügeln zurück, die es sich wirklich in den Kopf gesetzt hatte, den Alten zu beißen oder zumindest seinen Hut zu fressen.
Entgegen den Versicherungen war es dann doch recht weit. Als sie am Ort waren, auf einer Lichtung, stand die Sonne schon fast im Zenit.
Die Hütte des Waldopas erwies sich als malerische Bruchbudeauf Pfählen, mit einem Dach, das sichtlich oft und mit allem, was gerade zur Hand war, repariert wurde. Die Wände der Hütte waren mit Lederstücken beschlagen, anscheinend Schweinsleder. Vor der Hütte standen eine hölzerne Konstruktion in Form eines Galgens und ein Hackklotz mit einer hineingeschlagenen Axt. Hinter der Hütte war ein Herd aus Steinen und Lehm zu sehen, darauf große rußige Kochtöpfe.
»Das ist das Haus des Waldopas.« Der Alte zeigte nicht ohne Stolz mit dem Stock. »Hier wohnt der Waldopa. Hier schläft er. Hier kocht er das Essen. Wenn er was zu kochen hat. Es ist harte, mühevolle Arbeit, in der Wildnis etwas zu essen zu beschaffen. Mag das Fräulein Wanderin Perlgräupchen?«
»Mag es.« Ciri schluckte abermals. »Alles mag es.«
»Mit Fleisch? Mit Fett? Mit Grieben?«
»Mhm.«
»Es sieht aber nicht so aus« – der Alte musterte sie taxierend –, »als ob das Fräulein oft Fleisch und Grieben gekriegt hätte, o nein. Dünn ist das Fräulein, dünn. Haut und Knochen! He, he! Was ist denn das? Hinter dem Fräulein?«
Ciri drehte sich um, fiel auf den ältesten und primitivsten Trick der Welt herein.
Ein fürchterlicher Schlag des knorrigen Stockes traf sie direkt auf die Schläfe. Ihr Reflex reichte gerade noch aus, um den Arm zu heben; die Hand bremste teilweise den Schlag ab, der einen Schädel wie ein Ei zerschmettern konnte. Trotzdem fand sich Ciri am Boden, betäubt, benommen und völlig orientierungslos.
Der Alte sprang sie mit gebleckten Zähnen an und hieb nochmals mit dem Stock zu. Ciri konnte abermals den Kopf mit der Hand decken, die Folge war, dass ihr beide Hände kraftlos herabhingen. Die Linke war mit Sicherheit gebrochen, die Mittelhandknochen wahrscheinlich zertrümmert.
Der Alte fiel sie mit einem Sprung von der anderen Seite an und hieb ihr den Stock in den Bauch. Sie schrie auf, krümmtesich zusammen. Da stürzte er sich wie ein Habicht auf sie, drehte sie mit dem Gesicht zum Boden, nagelte sie mit den Knien fest. Ciri spannte sich an, stieß heftig den Hintern hoch, verfehlte das Ziel, doch ein Schlag mit dem Ellenbogen traf. Der Alte brüllte wütend auf und hieb ihr die Faust mit solcher Wucht ins Genick, dass ihr Gesicht in den Sand getrieben wurde. Er packte sie an den Haaren im Genick und drückte sie mit Nase und Mund auf den Boden. Sie fühlte, wie sie erstickte. Der Alte kniete sich auf sie, drückte ihr noch immer den Kopf zu Boden, riss ihr das Schwert vom Rücken und warf es weg. Dann begann er an der Hose herumzufingern, fand die Schnalle, öffnete sie. Ciri schrie auf, wand sich und spuckte Sand. Er drückte sie kräftiger herunter, fixierte sie, indem er sich ihre Haare um die Faust wickelte. Mit einem scharfen Ruck riss er ihr die Hose herunter.
»He, he«, nuschelte er und atmete schwer. »Aber da hat der Opa erst einen hübschen Hintern gefunden. Hu, huu, lange hat der Opa sowas nicht mehr gehabt.«
Ciri spürte die widerliche Berührung seiner trockenen Krallenhand und schrie auf, den Mund voller Sand
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