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Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See

Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See

Titel: Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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spritzte. »Klammer! Und Tampon! Klammer, Shani! Marti, mach doch bitte was mit dieser Blutung   …«
    Jemand gleich neben dem Zelt heulte wie ein Tier auf, kurz, abgehackt. Ein Pferd schrie, etwas stürzte scheppernd und polternd zu Boden. Ein Armbrustbolzen durchschlug krachend die Leinwand, pfiff, flog zur anderen Seite hinaus, zum Glück zu hoch, als dass er den Verwundeten auf den Tragen hätte gefährlich werden können.
    »Nilfgaaaard!«, schrie der Soldat erneut, mit großer, zitternder Stimme. »Ihr Herren Feldschere! Hört ihr nicht, was ich sage? Nilfgaard hat die königliche Linie durchbrochen, es kommt und mordet! Flieheeen!«
    Rusty nahm von Marti Sodergren eine Nadel, legte die erste Naht. Der Operierte bewegte sich seit langem nicht. Aber das Herz schlug. Man sah es.
    »Ich will nicht sterbeeen!«, schrie einer von den Verwundeten, die bei Bewusstsein waren, durchdringend. Der Soldat fluchte, sprang zum Ausgang, plötzlich brüllte er, stürzte rückwärts, verspritzte Blut, fiel zu Boden. Iola, die bei einer Trage kniete, sprang auf, wich zurück.
    Plötzlich wurde es still.
    Schlecht, dachte Rusty, als er sah, wer zum Zelt hereinkam. Elfen. Silberne Blitze. Die Brigade »Vrihedd«. Die berühmte Brigade »Vrihedd«.
    »Wir heilen hier«, stellte der erste von den Elfen fest, hochgewachsen, mit einem schmalen, schönen, ausdrucksvollen Gesicht und großen kornblumenblauen Augen. »Wir heilen?«
    Niemand antwortete. Rusty fühlte, wie ihm die Hände zu zittern begannen. Rasch übergab er die Nadel an Marti. Er sah, wie Stirn und Nasenwurzel Shanis weiß wurden.
    »Was ist also?«, sagte der Elf und dehnte drohend die Worte. »Wozu verwunden wir denn dort auf dem Feld die Leute? Wir schlagen dort in der Schlacht Wunden, damit man von diesen Wunden stirbt. Und ihr heilt? Ich stelle fest, dass darin überhaupt keine Logik liegt. Und keine Interessenübereinstimmung.«
    Er bückte sich und stieß, fast ohne auszuholen, dem Verwundeten, dessen Trage am Zelteingang stand, das Schwert in die Brust. Ein anderer Elf nagelte einen zweiten Verwundeten mit dem Sponton fest. Ein dritter Verwundeter, der bei Bewusstsein war, versuchte, den Stich mit der linken Hand und dem dick bandagierten Stumpf der rechten abzuwehren.
    Shani schrie. Mit hoher, gellender Stimme. Sie übertönte das schwere, unmenschliche Stöhnen des sterbenden Krüppels. Iola warf sich auf eine Trage und deckte mit ihrem Körper den nächsten Verwundeten. Ihr Gesicht war weiß wie die Verbände geworden, die Lippen begannen unwillkürlich zu zittern.
    Der Elf kniff die Augen zusammen. »Va vort, beanna!«, knurrte er. »Sonst durchstoße ich dich zusammen mit diesem Dh’oine!«
    »Fort hier!« Rusty befand sich mit drei Sätzen bei Iola, stellte sich vor sie. »Fort aus meinem Zelt, Mörder! Verschwinde dorthin, aufs Feld. Dort ist dein Platz. Bei den anderen Mördern. Dort könnt ihr euch gegenseitig ermorden. Aber fort hier!«
    Der Elf blickte herab. Auf den vor Furcht zitternden dicklichen Halbling, dessen lockiger Scheitel ihm nur knapp über den Gürtel reichte.
    »Bloede Pherian«, zischte er. »Menschenlakai! Geh mir aus dem Weg!«
    »Ganz bestimmt nicht.« Die Zähne des Halblings klapperten, doch die Worte waren deutlich.
    Der zweite Elf sprang herzu, versetzte dem Chirurgen einen Stoß mit dem Schaft des Spontons. Rusty fiel auf die Knie. Der hochgewachsene Elf riss mit einem brutalen Ruck Iola von dem Verwundeten, hob das Schwert.
    Und erstarrte, als er auf dem schwarzen, zusammengerollten Umhang unter dem Kopf des Verwundeten die silbernen Flammen der Division »Deithwen« erblickte. Und das Rangabzeichen eines Obersten.
    »Yaevinn!«, schrie eine ins Zelt stürzende Elfe mit dunklem, zu einem Zopf geflochtenen Haar. »Caemm, veloe! Ess’evygriad a’Dh’oine a’en va! Ess’tedd!«
    Der hochgewachsene Elf schaute einen Moment lang den verwundeten Oberst an, dann in die vor Entsetzen tränenden Augen des Chirurgen. Dann machte er auf dem Absatz kehrt und ging hinaus.
    Durch die Wände des Zeltes drangen abermals Hufgetrappel, Geschrei und das Klirren von Eisen.
    »Drauf auf die Schwarzen! Schlagt sie tot!«, brüllten tausend Stimmen. Jemand heulte auf wie ein Tier, das Heulen ging in ein makabres Röcheln über.
    Rusty versuchte aufzustehen, doch die Beine gehorchten ihm nicht. Die Hände auch nicht besonders gut.
    Iola, von schweren Krämpfen von unterdrücktem Weinen geschüttelt,krümmte sich an der Trage des verwundeten

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