Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See
… Dann bringe ichdich um. Selbst wenn ich gefesselt bin. Wenn du einschläfst, beiße ich dir die Kehle durch.«
Der Imperator brachte mit einer raschen Geste ein Gemurmel zum Verstummen, das unter den umstehenden Offizieren aufgekommen war. »Es wird geschehen«, sagte er mit Nachdruck, »was vorherbestimmt ist. Verabschiede dich von den Freunden, Cirilla Fiona Elen Riannon.«
Ciri schaute zum Hexer. Geralt machte eine verneinende Kopfbewegung. Das Mädchen seufzte.
Sie und Yennefer umarmten sich und flüsterten lange. Dann trat Ciri zu Geralt.
»Schade«, sagte sie leise. »Es fing besser an.«
»Wesentlich besser«, bestätigte er.
Sie umarmten einander.
»Sei tapfer.«
»Er kriegt mich nicht«, flüsterte sie. »Keine Angst. Ich werde ihm entkommen. Ich weiß, wie …«
»Du darfst ihn nicht töten. Denk dran, Ciri. Du darfst nicht.«
»Keine Angst. Ich dachte überhaupt nicht ans Töten. Weißt du, Geralt, vom Töten habe ich genug. Davon gab es zu viel.«
»Zu viel. Leb wohl, Hexerin.«
»Leb wohl, Hexer.«
»Wein mir bloß nicht.«
»Du hast gut reden.«
Emhyr var Emreis, der Imperator von Nilfgaard, begleitete Yennefer und Geralt bis zum Bad. Fast bis zur Einfassung des großen Marmorbassins, das voll dampfendem und duftendem Wasser war.
»Lebt wohl«, sagte er. »Ihr braucht euch nicht zu beeilen. Ich reite fort, aber ich lasse Leute hier, die ich instruieren und denen ich Befehle erteilen werde. Wenn ihr bereit seid, ruft, und ein Leutnant wird euch ein Messer geben. Aber ich wiederhole: Ihr braucht euch nicht zu beeilen.«
»Wir wissen die Gunst zu schätzen.« Yennefer nickte ernst. »Euer Kaiserliche Majestät?«
»Ja?«
»Ich bitte, soweit möglich, meiner Tochter nichts zuleide zu tun. Ich möchte nicht mit dem Gedanken sterben, dass sie weint.«
Emhyr schwieg lange. Sogar sehr lange. Auf die Verkleidung gestützt, den Kopf abgewendet.
»Frau Yennefer«, antwortete er schließlich, und sein Gesicht sah sehr seltsam aus. »Ihr könnt sicher sein, dass ich Eurer und des Hexers Geralt Tochter kein Leid antun werde. Ich bin über Leichen gegangen und habe auf den Grabhügeln der Feinde getanzt. Aber das, wessen Ihr mich verdächtigt, brächte ich einfach nicht fertig. Jetzt weiß ich es. Auch dank Euch beiden. Lebt wohl.«
Er ging hinaus und schloss leise die Tür hinter sich.
Geralt seufzte. »Ziehen wir uns aus?« Er schaute auf das dampfende Bassin. »Mir ist nicht besonders froh bei dem Gedanken, dass sie mich als nackten Leichnam hier herausziehen.«
»Und mir, stell dir vor, ist es egal, wie sie mich herausziehen.« Yennefer warf die Schuhe ab und öffnete mit schnellen Bewegungen das Kleid. »Selbst wenn das mein letztes Bad ist, werde ich nicht in den Sachen baden.«
Sie zog das Hemd über den Kopf und ging ins Bassin, spritzte energisch das Wasser beiseite.
»Na, Geralt? Was stehst du da wie angewachsen?«
»Ich hatte vergessen, wie schön du bist.«
»Du bist überhaupt recht vergesslich. Komm schon ins Wasser.«
Als er sich neben sie setzte, schlang sie ihm sofort die Arme um den Hals. Er küsste sie und streichelte dabei ihre Taille, über und unter Wasser.
»Ist das«, fragte er der Ordnung halber, »denn die passende Zeit?«
»Dafür«, schnurrte sie, hielt eine Hand unter Wasser und berührte ihn, »ist jede Zeit passend. Emhyr hat zweimal wiederholt, dass wir uns nicht zu beeilen brauchen. Womit würdest du die letzten Minuten, die uns bleiben, lieber verbringen? Mit Weinen und Klagen? Das ist doch unehrenhaft. Mit einer Gewissensprüfung? Das ist doch banal und dumm.«
»Darum ging es mir nicht.«
»Sondern?«
»Wenn das Wasser kalt wird«, murmelte er, während er ihre Brüste streichelte, »werden die Schnitte wehtun.«
»Für Lust« – Yennefer nahm die andere Hand unter Wasser – »lohnt es, mit Schmerz zu bezahlen. Hast du Angst davor?«
»Nein.«
»Ich auch nicht. Setz dich auf den Beckenrand. Ich liebe dich, aber ich werde, verdammt nochmal, nicht tauchen.«
»Jechen, je«, sagte Yennefer und lehnte den Kopf so zurück, dass ihre vom Dampf feuchten Haare sich auf der Einfassung wie kleine schwarze Schlangen ausbreiteten. »Jechen … je.«
»Ich liebe dich, Yen.«
»Ich liebe dich, Geralt.«
»Es ist Zeit. Lass uns rufen.«
»Lass uns rufen.«
Sie riefen. Zuerst rief der Hexer, dann rief Yennefer. Dann, als keinerlei Reaktion erfolgte, schrien beide im Chor.
»Es ist so weit! Wir sind bereit! Gebt uns das Messer!
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