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Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See

Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See

Titel: Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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Sich für das Grab bedanken   …«
    »Ich heiße nicht Falka«, sagte sie scharf. »Ich heiße Ciri. Und was den Dank angeht   …«
    »Fühlt euch von ihr geehrt«, warf die Schwarzhaarige kalt ein, und in ihrer Stimme lag etwas, das Hinkefuß erzittern ließ.
    »Für dieses Grab«, sagte die schwarzhaarige Frau langsam, Wort für Wort. »Für eure Menschlichkeit, für euren Anstand ist euch, eurer ganzen Siedlung, Gnade, Dank und Belohnung zuteil geworden. Ihr wisst nicht einmal, wie groß.«
     
    Am neunten April, kurz nach Mitternacht, wurden die ersten Einwohner von Claremont von einer unsteten Helligkeit geweckt, einem roten Lichtschein, der in die Fenster ihrer Häuser drang. Die übrigen Einwohner wurden von Geschrei aus den Betten gerissen, von Lärm und dem wilden Alarmläuten der Glocken.
    Es brannte nur ein Bauwerk. Das große Holzgebäude eines alten Tempels, der einst einer Gottheit geweiht gewesen war, an deren Namen sich nur noch die ältesten Weiber erinnerten. Des Tempels, der jetzt in ein Amphitheater verwandelt worden war, wo von Zeit zu Zeit Tierhatzen, Kämpfe und andere Belustigungen veranstaltet wurden, die das Städtchen Claremont aus Langeweile,Trübsal und schläfrigem Stumpfsinn zu reißen vermochten.
    Ebendieses Amphitheater war jetzt ein Meer von brüllenden Flammen, erbebte unter Explosionen. Aus allen Fenstern schossen verzweigte, etliche Ellen lange Flammenzungen.
    »Löscheeen!«, schrie der Besitzer des Amphitheaters, der Kaufmann Houvenaghel, der hin und her lief, mit den Armen fuchtelte und mit dem mächtigen Bauch wackelte. Er trug eine Schlafmütze und eine schwere Robe aus Persianerfellen, die er übers Nachthemd geworfen hatte. Mit den bloßen Füßen stampfte er im Morast und Unrat der Straße.
    »Löscheeen! Leuteee! Waaasseeer!«
    »Das ist eine Strafe Gottes«, erklärte mit ihrer ganzen Autorität eine der ältesten Frauen. »Für die Spektakel, die sie in diesem Etablissement veranstaltet haben   …«
    »Ja, ja, meine Dame. Da habt Ihr zweifellos recht!«
    Von dem flammenfauchenden Theater schlug Hitze herüber, in den Pfützen dampfte und stank die Pferdepisse, zischten die Funken. Wer weiß, woher, kam ein Wind auf.
    »Löscheeen!«, heulte Houvenaghel wild auf, als er sah, wie das Feuer auf das Brauhaus und den Speicher übergriff. »Leu teee ! An die Eimer! An die Eimeeer!«
    Es fehlte nicht an Freiwilligen. Ja, Claremont hatte sogar eine eigene Feuerwehr, die von Houvenaghel ausgerüstet und unterhalten wurde. Es wurde ausdauernd und hingebungsvoll gelöscht. Aber vergeblich.
    »Wir schaffen es nicht   …«, stöhnte der Feuerwehrhauptmann, während er sich das Gesicht abwischte, auf dem sich Brandblasen bildeten. »Das ist ein Teufelsfeuer!«
    »Schwarze Magie   …«, krächzte ein anderer Feuerwehrmann, der Rauch geschluckt hatte.
    Aus dem Innern des Amphitheaters erklang das furchteinflößende Bersten von Sparren, Firstbalken und Pfosten. Es krachte, polterte, ächzte, eine mächtige Säule von Flammen und Funkenschoss gen Himmel, das Dach brach und stürzte in die Mitte, in die Arena. Das ganze Gebäude aber neigte sich – man könnte sagen, es verneigte sich vor dem Publikum, das es zum letzten Mal unterhielt und zerstreute, mit einer effektvollen, wahrlich flammenden Benefizvorstellung bedachte.
    Und dann fielen die Wände.
    Den Anstrengungen der Feuerwehrleute und der Helfer gelang es, den halben Speicher und vielleicht ein Viertel des Brauhauses zu retten.
    Ein stinkendes Morgenrot zog herauf.
    Houvenaghel saß in Schlamm und Asche, mit der rußgeschwärzten Schlafmütze und der Persianerrobe. Er saß da und weinte erbärmlich, wimmerte wie ein Kind.
    Das Theater, das Brauhaus und der Speicher, die ihm gehörten, waren natürlich versichert. Das Problem bestand darin, dass die Versicherungsgesellschaft auch Houvenaghels Eigentum war. Nichts, nicht einmal Steuerbetrug, konnte auch nur in verschwindend geringem Maße die Verluste wettmachen.
     
    »Wohin jetzt?«, fragte Geralt und blickte auf die Rauchsäule, die als breitgeschmierter Streifen den sich morgendlich rötenden Himmel zerschnitt.
    Sie schaute ihn an, und er bereute die Frage sofort. Plötzlich verspürte er den Wunsch, sie zu umarmen, malte sich aus, wie er sie in den Armen halten, an sich drücken, ihr übers Haar streichen würde. Sie beschützen. Niemals, nie und nimmer mehr zulassen, dass sie allein wäre. Dass ihr Böses widerführe. Dass ihr etwas widerführe, das sie nach Rache

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