Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See

Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See

Titel: Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
Vom Netzwerk:
beobachtete, »hat nicht zufällig grüne Augen? Kurze schwarze Haare?«
    »Nein«, sagte er in einem Ton, der weitere Fragen unterband. »Die sieht ganz anders aus. Ich weiß nicht, wieso du darauf kommst   …«
    »Lass das, Geralt, ja? Was ist also mit der hiesigen Fürstin?«
    »Wie gesagt, ich kenne sie. Ein wenig. Nicht besonders gut und   … nicht besonders intim, wenn du es wissen willst. Sehr gut kenne ich hingegen den hiesigen Prinzgemahl oder den Anwärter auf diese Stellung. Du kennst ihn auch, Ciri.«
    Ciri gab Kelpie die Sporen, zwang sie, auf der Straße zu tänzeln. »Quäl mich nicht länger!«
    »Rittersporn.«
    »Rittersporn? Mit der hiesigen Fürstin? Wieso denn das?«
    »Das ist eine lange Geschichte. Wir haben ihn hier zurückgelassen, an der Seite seiner Geliebten. Wir haben ihm versprochen, dass wir ihn besuchen kommen, auf dem Rückweg, wenn   …«
    Er verstummte und schaute finster drein.
    »Da kann man nichts machen«, sagte Ciri leise. »Quäl dich nicht, Geralt. Es ist nicht deine Schuld.«
    Es ist meine Schuld, dachte er. Meine. Rittersporn wird fragen. Und ich werde antworten müssen.
    Milva. Cahir. Regis. Angoulême.
    Ein Schwert hat zwei Schneiden.
    Ach, bei den Göttern, genug davon. Genug. Endlich Schluss damit machen!
    »Reiten wir, Ciri.«
    »In diesen Sachen?«, knurrte sie. »Zum Palast?«
    »Ich sehe nichts Anstößiges an unserer Kleidung«, schnitt er ihr das Wort ab. »Wir reiten da nicht hin, um uns akkreditieren zu lassen. Auch nicht auf einen Ball. Mit Rittersporn können wir uns sogar im Stall treffen.
    Übrigens«, fügte er hinzu, als er sah, dass sie unzufrieden war, »reite ich zuerst in das Städtchen, zur Bank. Ich hebe ein bisschen Bargeld ab, und auf dem Markt, bei den Tuchbänken, gibt es zahllose Schneider und Modistinnen. Du kaufst dir, was du willst, und staffierst dich nach deinem Geschmack aus.«
    Sie neigte schelmisch den Kopf. »So viel Bargeld hast du hier?«
    »Du kaufst dir, was du willst«, wiederholte er. »Meinetwegen Hermelin. Und Schuhe aus Basiliskenleder. Ich kenne einen Schuster, der noch welche vorrätig haben müsste.«
    »Womit hast du so viel verdient?«
    »Mit Töten. Reiten wir, Ciri, schade um die Zeit.«
     
    In der Bankfiliale der Cianfanelli veranlasste Geralt eine Überweisung und die Eröffnung eines Kreditbriefs, nahm einen Bankscheck und etwas Bargeld. Er schrieb Briefe, die mit der nächsten Kurier-Schnellpost über die Jaruga gehen sollten. Höflich schlug er die Einladung zum Essen ab, mit dem ihn der diensteifrige und gastfreundliche Bankier bewirten wollte.
    Ciri wartete auf der Straße und passte auf die Pferde auf. Die Straße, eben noch leer, wimmelte von Menschen.
    »Wir sind wohl in irgendeinen Feiertag geraten.« Ciri wies mit einer Kopfbewegung auf die Menge, die zum Markt strömte. »Ein Jahrmarkt vielleicht   …«
    Geralt warf einen raschen Blick hin. »Das ist kein Jahrmarkt.«
    »Ach   …« Sie blickte ebenfalls hin, in den Steigbügeln aufgerichtet. »Dann ist es wohl wieder   …«
    »Eine Hinrichtung«, bestätigte er. »Die beliebteste von den Nachkriegsunterhaltungen. Was haben wir schon gesehen, Ciri?«
    »Fahnenflucht, Verrat, Feigheit vor dem Feind«, rezitierte sie rasch. »Und ökonomische Fälle.«
    Der Hexer nickte. »Lieferung verschimmelten Zwiebacks an die Armee. Schwer hat’s in Kriegszeiten der geschäftstüchtige Kaufmann.«
    »Heute werden sie keinen Kaufmann hinrichten.« Ciri zog Kelpies Zügel an, die schon von der Menge eingehüllt war wie von einem wogenden Kornfeld. »Schau nur, das Gerüst ist mit Tuch bedeckt, und der Henker hat eine neue und schön saubere Kappe. Er wird jemand Bedeutsames hinrichten, mindestens einen Baron. Also ist es wohl doch Feigheit vor dem Feind.«
    Geralt schüttelte den Kopf. »Toussaint hat keine Truppen, die vor irgendeinem Feind stehen. Nein, Ciri, ich denke, es ist wieder die Ökonomie. Die richten jemanden hin, weil er krumme Geschäfte mit ihrem berühmten Wein gemacht hat, der Grundlage der hiesigen Wirtschaft. Reiten wir, Ciri. Wir werden uns das nicht ansehen.«
    »Reiten? Wie denn?«
    In der Tat, Weiterreiten war unmöglich. Ehe sie sich’s versahen, waren sie in der auf dem Platz versammelten Menge eingekeilt; es konnte keine Rede davon sein, auf die andere Seite des Marktes zu kommen. Geralt fluchte saftig, schaute sich um. Kehrtmachen ging leider auch nicht; die sich auf den Platz ergießende Menge hatte die Gasse hinter ihnen total

Weitere Kostenlose Bücher