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Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See

Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See

Titel: Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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Yennefer erinnerte sich jedoch an den Freudentag, als man sie aus dem Verlies hierher verlegt hatte. Aus dem Kellerloch, auf dessen Boden immer eine Pfütze stinkenden Wassers stand und wo an den Wänden Salpeter und Salz blühten. Aus dem Kellerloch, wo man sie mit Abfällen ernährt hatte, die ihr die Ratten mühelos aus den verkrüppelten Fingern rissen. Als man nach etwa zwei Monaten ihre Ketten gelöst und sie dort herausgeholt hatte, als sie sich umziehen und baden durfte, wusste sich Yennefer vor Glück nicht zu fassen. Das kleine Gemach, in das sie verlegt wurde, erschien ihr als königliches Schlafzimmer und die dünne Brühe, die man ihr brachte, wie eine Suppe von Schwalbennestern, würdig der kaiserlichen Tafel. Nach einiger Zeit freilich erwies sich die Suppe als eine Art Spülicht, die harte Pritsche als harte Pritsche und das Gefängnis als Gefängnis. Als kaltes, enges Gefängnis, wo man nach vier Schritten auf eine Wand traf.
    Yennefer fluchte, seufzte, setzte sich auf den Lehnstuhl, der außer der Pritsche das einzige Möbel war, über das sie verfügte.
    Er kam so leise herein, dass sie ihn beinahe nicht gehört hätte
    »Ich heiße Bonhart«, sagte er. »Du solltest dir diesen Namen gut merken, Hexe. Ihn dir gründlich hinter die Ohren schreiben.«
    »Verpiss dich, Arschgeige.«
    »Ich bin«, sagte er knarrend, »ein Menschenjäger. Ja, ja, spitz die Ohren, Zauberin. Im September, vor drei Monaten, habe ich in Ebbing deinen Bankert gefangen. Diese Ciri, von der hier so viel die Rede ist.«
    Yennefer spitzte die Ohren. September. Ebbing. Er hat sie gefangen. Aber er hat sie nicht. Vielleicht lügt er?
    »Eine grauhaarige Hexerin, in Kaer Morhen ausgebildet. Ich habe sie in der Arena kämpfen lassen, unter dem Gebrüll des Publikums Menschen töten. Langsam, langsam habe ich eine Bestie aus ihr gemacht. Ich habe ihr das mit Peitsche, Faust und Stiefel beigebracht. Lange habe ich das getan. Aber sie ist mir entwischt, die grünäugige Schlange.«
    Yennefer atmete unmerklich auf.
    »Sie ist mir ins Jenseits entwischt. Aber irgendwann treffen wir uns noch einmal. Ich bin mir sicher, dass wir uns irgendwann treffen. Ja, Zauberin. Und wenn ich etwas bedaure, dann nur, dass sie deinen Hexergeliebten, diesen Geralt, im Feuer gebraten haben. Ich hätte ihm gern meine Klinge zu kosten gegeben, dem verdammten Abartigen.«
    Yennefer lachte auf. »Also hör zu, Bonhart oder wie du dich nennst. Bring mich nicht zum Lachen. Dem Hexer kannst du nicht das Wasser reichen. In keiner Beziehung. Du bist, wie du zugibst, ein Hundefänger und Abdecker. Aber du taugst nur für kleine Hündchen. Für sehr kleine Hündchen.«
    »Sieh dir das an, Hexe.«
    Mit einer heftigen Bewegung schlug er Wams und Hemd auf, zog an den Kettchen, die sich dabei verwirrten, drei silberne Medaillons hervor. Eins hatte die Form eines Katzenkopfes, das andere die eines Adlers oder Greifen. Das dritte sah sie nicht genau, aber es schien ein Wolf zu sein.
    »Solche Sachen« – abermals lachte sie abfällig, täuschte Gleichgültigkeit vor – »findet man auf jedem Jahrmarkt.«
    »Die hier sind nicht vom Jahrmarkt.«
    »Was du nicht sagst.«
    »Es gab eine Zeit«, zischte Bonhart, »da fürchteten sich anständige Menschen vor den Hexern mehr als vor den Ungeheuern. Die Ungeheuer immerhin saßen im Wald und im Röhricht, die Hexer aber hatten die Stirn, durch die Straßen zu spazieren, in Schenken zu kommen, sich bei Tempeln, Ämtern, Schulen und Spielplätzen herumzutreiben. Die Anständigen hielten das zu Recht für einen Skandal. Also suchten sie jemanden, der mit den dreisten Hexern aufräumen könnte. Und sie fanden jemanden. Nicht leicht, nicht schnell, nicht in der Nähe, aber sie fanden ihn. Wie du siehst, habe ich es auf drei gebracht. Kein einziger Abartiger erschien mehr in der Gegend und belästigte die anständigen Bürger mit seinem Anblick. Und wenn einer aufgetaucht wäre, hätte ich ihn ebenso erledigt wie die zuvor.«
    »Im Schlaf?« Yennefer verzog das Gesicht. »Mit einer Armbrust, hinterrücks? Oder vielleicht mit Gift?«
    Bonhart steckte die Medaillons ins Hemd zurück, kam zwei Schritt auf sie zu. »Du reizt mich, Hexe.«
    »Das hatte ich vor.«
    »Ach so? Dann werde ich dir sofort zeigen, dass ich mit deinem Hexergeliebten in jeder Hinsicht mithalten kann. Ha, dass ich sogar besser bin als er.«
    Die vor der Zelle stehenden Wächter sprangen geradezu auf, als sie in der Zelle Poltern, Krachen, Getöse, Heulen und Wimmern

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