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Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See

Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See

Titel: Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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schlanke Gestalt einer Frau mit ausgebreiteten Armen und wehendem Haar zu sehen.
    Aus dem Nebel, der über der Wasserfläche des Sees lag, drang der rhythmische Ruderschlag vom Boot des Fischerkönigs heran.
    »Wenn jemand dort bei Triss gewesen ist«, sagte die Dame vom See, »so hat er im Bild des Künstlers nicht überdauert.«
     
    »Oi, wir haben was angerichtet«, wiederholte Yennefer. »Pass auf, Triss!«
    Aus der sich über Riva zusammenballenden schwarzen Wolke stürzte augenblicklich Hagel auf die Stadt herab, kantige Eisklumpen, groß wie Hühnereier. Sie schlugen so kräftig zu, dass sie die Dachziegel zerbrachen. So dicht, dass der ganze Platz im Handumdrehen von einer dicken Schicht bedeckt war. Die Menge begann zu wimmeln, die Menschen fielen, beschirmten die Köpfe mit den Händen, krochen untereinander, flohen Hals über Kopf, drängten sich unter Toren und Vordächern, pressten sich an Mauern. Nicht allen gelang es. Manche blieben zurück, lagen wie Fische auf dem Eis, das sich kräftig von Blut färbte.
    Der Hagel donnerte derart herab, dass der magische Schild, den Yennefer im letzten Moment über ihnen aufgespannt hatte, wankte und zu bersten drohte. Andere Sprüche versuchte sienicht einmal. Sie wusste, dass das, was sie angerichtet hatten, nicht aufzuhalten war, dass sie zufällig ein Element entfesselt hatten, das sich austoben musste, dass sie eine Kraft heraufbeschworen hatten, die sich erschöpfen musste. Und sich in Kürze erschöpfen würde.
    Zumindest hoffte sie das.
    Es blitzte, der Donner rollte, anhaltend, krachend. Die Erde bebte geradezu. Der Hagel hämmerte gegen Dächer und Mauerwerk, ringsum flogen Splitter zerberstender Hagelkörner.
    Der Himmel hellte sich etwas auf. Die Sonne brach hervor, das durch die Wolken stechende Licht hieb auf die Stadt ein wie eine Geißel. Triss’ Kehle entrang sich etwas wie ein Stöhnen oder ein Schluchzen.
    Der Hagel fiel noch immer, pochte, bedeckte den Platz mit einer dicken Schicht von Eiskügelchen, die wie Brillanten glitzerten. Doch die Körner fielen schon weniger dicht und schwächer, Yennefer erkannte es am veränderten Trommeln auf den magischen Schild. Und dann hörte der Hagel auf. Plötzlich. Wie abgeschnitten. Auf den Platz kamen Bewaffnete, beschlagene Hufe knirschten auf dem Eis. Der Mob heulte auf und floh, von Peitschenhieben getroffen, von Lanzenschäften und flachen Schwertklingen weggedrängt.
    »Bravo, Triss«, brachte Yennefer heiser hervor. »Ich weiß nicht, was das war   … Aber du hast das schön hingekriegt.«
    »Es gab etwas zu verteidigen«, antwortete Triss Merigold ebenso heiser. Die Heldin von der Anhöhe.
    »Das gibt es immer. Laufen wir, Triss. Das ist wohl noch nicht das Ende.«
     
    Es war schon das Ende. Der Hagel, den die Zauberinnen auf die Stadt herabbeschworen hatten, hatte die Hitzköpfe abgekühlt. So weit, dass die Armee vorzugehen und für Ordnung zu sorgen wagte. Vorher hatten sich die Soldaten gefürchtet. Sie wussten, was es heißt, die vertierte Masse anzugreifen, den blutrünstigen,mordlustigen Mob, der vor nichts Angst hat und vor nichts zurückweicht. Der Ausbruch der Elemente hatte jedoch die vielköpfige Bestie gezügelt, und der Sturmangriff der Truppen tat das Übrige.
    Der Hagel hatte in der Stadt schreckliche Verwüstungen angerichtet. Und so kam es, dass ein Mann, der eben noch eine Zwergenfrau mit einem Schwengel erschlagen und den Kopf ihres Kindes an der Mauer zerschmettert hatte, jetzt schluchzte, jetzt weinte, jetzt Rotz und Wasser heulte beim Anblick dessen, was vom Dach seines Hauses übrig war.
    In Riva zog Ruhe ein. Hätte es nicht fast zweihundert Ermordete und ein gutes Dutzend niedergebrannte Häuser gegeben, hätte man meinen können, es sei nichts geschehen. Im Viertel Ulm, ganz nah am See Loc Eskalott, über dem ein wunderschöner Regenbogen aufflammte, spiegelten sich die Trauerweiden hübsch auf dem spiegelglatten Wasser, die Vögel begannen wieder zu singen, es roch nach nassem Laub. Das alles sah idyllisch aus.
    Sogar der in einer Blutlache liegende Hexer, über dem Ciri kniete.
     
    Geralt war bewusstlos und weiß wie Kalk. Er lag reglos da, aber als sie vor ihm standen, begann er zu husten, zu krächzen, Blut zu spucken. Er begann zu zucken, so zu zittern, dass Ciri ihn nicht festhalten konnte. Yennefer kniete sich neben sie. Triss sah, wie ihre Hände zitterten. Sie selbst fühlte sich plötzlich schwach wie ein Kind, vor den Augen wurde ihr schwarz. Jemand

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