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Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See

Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See

Titel: Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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stützte sie, bewahrte sie vor dem Fall. Sie erkannte Rittersporn.
    »Das wirkt überhaupt nicht«, hörte sie die verzweifelte Stimme Ciris. »Deine Magie heilt ihn überhaupt nicht, Yennefer.«
    »Wir sind   …« Yennefer bewegte die Lippen mit Mühe. »Wir sind zu spät gekommen.«
    »Deine Magie wirkt nicht«, wiederholte Ciri, als habe sie sie nicht gehört. »Was ist sie dann wert, deine ganze Magie?«
    Du hast recht, Ciri, dachte Triss und fühlte, wie ihr etwas die Kehle zusammenpresste. Wir können einen Hagelschlag hervorrufen, aber wir können den Tod nicht bezwingen. Obwohl das Zweite scheinbar leichter ist.
    »Wir haben nach dem Arzt geschickt«, sagte der neben Rittersporn stehende Zwerg heiser. »Aber er ist nicht zu sehen   …«
    »Es ist zu spät für den Arzt«, sagte Triss und wunderte sich selbst, wie ruhig ihre Stimme klang. »Er liegt im Sterben.«
    Geralt zuckte noch einmal, hustete Blut, straffte sich und regte sich nicht mehr. Rittersporn, der Triss stützte, stöhnte verzweifelt, der Zwerg fluchte. Yennefer seufzte, ihr Gesicht veränderte sich plötzlich, sah verzerrt und hässlich aus.
    »Es gibt nichts Erbärmlicheres«, sagte Ciri scharf, »als eine weinende Zauberin. Du selbst hast mich das gelehrt. Aber jetzt bist du erbärmlich, wirklich erbärmlich, Yennefer. Du und deine Magie, die zu nichts taugt.«
    Yennefer antwortete nicht. Sie hielt mit beiden Händen den schlaffen Kopf Geralts, wiederholte mit brechender Stimme Zaubersprüche. Auf ihren Handflächen, auf Wangen und Stirn des Hexers tanzten blaue Fünkchen und knisternde Flämmchen. Triss wusste, wie viel Energie solche Zauber kosten. Sie wusste auch, dass die Zauber nichts nutzten. Sie war sich mehr als sicher, dass selbst der Zauber spezialisierter Heilerinnen hier machtlos wäre. Es war zu spät. Yennefers Zauber raubte ihr nur die Kräfte. Triss wunderte sich sogar, dass die schwarzhaarige Zauberin das so lange aushielt.
    Sie hörte auf, sich zu wundern, denn Yennefer verstummte mitten in einem Spruch und sackte neben dem Hexer aufs Pflaster.
    Wieder fluchte einer von den Zwergen. Der andere stand mit gesenktem Kopf da. Rittersporn, der noch immer Triss stützte, schniefte.
    Auf einmal wurde es sehr kalt. Die Oberfläche des Sees begann zu rauchen wie ein Hexenkessel, überzog sich mit Dunst. Der Nebel nahm schnell zu, ballte sich über dem Wasser zusammen, brandete in Wellen gegen das Ufer, hüllte alles in dichtes, milchiges Weiß, in dem die Geräusche leiser wurden und erstarben, in dem die Gestalten untergingen, die Formen verschwammen.
    »Ich aber«, sagte Ciri langsam, während sie noch immer auf dem Pflaster kniete, »habe einst meiner
Kraft
entsagt. Wenn ich das nicht getan hätte, würde ich ihn jetzt retten. Ich würde ihn heilen, ich weiß das. Aber es ist zu spät. Ich habe entsagt, und jetzt kann ich nichts tun. Es ist, als ob ich es sei, die ihn getötet hat.«
    Zuerst durchbrach ein lautes Wiehern Kelpies die Stille. Dann ein erstickter Aufschrei Rittersporns.
    Alle waren sprachlos.
     
    Aus dem Nebel erschien ein weißes Einhorn, es lief leicht, flüssig und lautlos, den wohlgeformten Kopf anmutig erhoben. Daran war nichts Ungewöhnliches; alle kannten die Legenden, und die stimmten darin überein, dass Einhörner leicht, flüssig und lautlos laufen und die Köpfe mit einer nur ihnen eigenen Anmut halten. Wenn etwas seltsam war, dann, dass das Einhorn auf der Oberfläche des Sees lief und das Wasser sich nicht einmal kräuselte.
    Rittersporn seufzte, diesmal vor Verwunderung. Triss spürte, wie eine Erregung sie ergriff. Eine Euphorie.
    Das Einhorn klapperte mit den Hufen über die Steine der Uferpromenade. Es schüttelte die Mähne. Es wieherte anhaltend, melodisch.
    »Ihuarraquax«, sagte Ciri. »Ich habe gehofft, dass du kommst.«
    Das Einhorn kam näher, wieherte abermals, scharrte mit dem Huf, schlug ihn kräftig aufs Pflaster. Es neigte den Kopf. Das aus seiner gewölbten Stirn ragende Horn flammte plötzlich ineinem hellen, scharfen Licht auf, das für einen Augenblick den Nebel zerriss.
    Ciri berührte das Horn.
    Triss schrie dumpf, als sie sah, wie die Augen des Mädchens plötzlich in milchiger Glut aufflammten, wie eine feurige Aureole ihren Körper einhüllte. Ciri hörte sie nicht, sie hörte niemanden. Mit einer Hand hielt sie noch immer das Horn des Einhorns, die andere lenkte sie zu dem reglos daliegenden Hexer hin. Aus ihren Fingern strömte ein Band funkelnder, wie Lava glühender

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