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Die Darwin-Kinder

Die Darwin-Kinder

Titel: Die Darwin-Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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Vormittagstermine zu erinnern.
    »Sagen Sie die ab«, trug Cross ihr auf.
    Liz war aus Solidarität mit Kaye im Labor geblieben. Sie trat so unruhig von einem Bein aufs andere, dass Kaye ihrer Assistentin durchaus zugetraut hätte, sich im Fall des Falles zwischen sie und Cross zu werfen, um Kaye mit dem eigenen Körper zu schützen.
    Cross bedachte Liz mit einem warmem Lächeln. »Können Sie irgendetwas zu unserem Pas de deux beitragen, meine Liebe?«
    »Leider gar nichts. Soll ich gehen?«, fragte sie Kaye.
    Als Kaye nickte, griff Liz nach Mantel und Handtasche und folgte der Blonden nach draußen.
    »Lassen Sie uns den Express-Fahrstuhl zum obersten Stock nehmen«, schlug Cross mit freundlicher Stimme vor und legte Kaye den Arm um die Schultern. »Ist schon viel zu lange her, dass wir die Köpfe zusammengesteckt haben. Ich möchte, dass Sie mir erklären, was passiert ist. Was Sie in der Radiologie zu finden hofften.«

    Der Sitzungssaal von Americol im zwanzigsten Stockwerk war riesig und extravagant eingerichtet: mit einem überdimensionalen Tisch, der Länge nach aus einem Eichenstamm gesägt, mit handgefertigten Stühlen im Stil des englischen Designers William Morris, die auf ihren schlanken Beinen zu schweben schienen, die Wände voller Kunstwerke des frühen zwanzigsten Jahrhunderts.
    Per Stimmaktivierung durch Cross klappten zwei Wände auf und enthüllten zwei elektronisch gesteuerte Projektionsflächen, während gleichzeitig Teile des Tisches wie Springteufel in die Höhe schossen und sich als Bildschirme von PCs entpuppten.
    »Wenn ich noch einmal von vorn anfangen könnte«, sagte Cross, »würde ich das hier in einen Kindergarten verwandeln.
    Mit niedrigen Stühlchen und Wägelchen voller kleiner Milchtüten. Das wäre unserer Unwissenheit angemessen.
    Aber… wir halten uns an der Vorstellung fest, dass wir die Reichen und Schönen sind, und sonnen uns in dem Gefühl, alles für immer und ewig unter Kontrolle zu haben.«
    Kaye hörte zwar aufmerksam zu, erwiderte aber nichts.
    Nachdem Cross auf eine Taste gedrückt hatte, tauchten auf beiden Projektionsflächen lange Reihen handgeschriebener Notizen auf. Kaye nahm an, dass es sich dabei um das handelte, was Cross festgehalten hatte, wenn sie hier oben am späten Abend oder frühen Morgen, den kleinen Stift wie einen Zauberstab schwingend, vor den Projektionsflächen auf und ab getigert war – wie eine Hexenkönigin, die ihre Bannsprüche gegen die Wände ihres Schlosses schleudert.
    Kaye konnte nur sehr wenig von dem Gekritzel entschlüsseln.
    Cross’ Handschrift war berüchtigt.
    »Das hat noch niemand zu sehen bekommen«, murmelte Cross. »Ist schwer zu lesen, nicht? Früher hatte ich eine perfekte Handschrift.« Sie streckte die geschwollenen Fingerknöchel empor.
    Kaye fragte sich, was Cross mit all dem bezweckte. Sollte es nur dazu dienen, sie auf taktvolle Weise, mit herzlichem Händedruck, zu verabschieden?

    »Das Geheimnis des Lebens«, sagte Cross, »liegt darin zu begreifen, wie die winzigen Elemente miteinander kommunizieren, stimmt’s?«
    »Stimmt.«
    »Und Sie haben schon vor den Anfängen von SHEVA die Meinung verfochten, dass Viren zum Arsenal der Kommunikationsmittel gehören, mit denen sich unsere Zellen und Körper miteinander verständigen.«
    »Deshalb haben Sie mich ja in Ihr Unternehmen geholt.«
    Cross tat das mit leichtem Stirnrunzeln und einem Schulterzucken ab. »Also haben Sie sich selbst in ein Labor verwandelt, um eine bestimmte Sache zu beweisen, und ein SHEVA-Kind zur Welt gebracht. Mutig. Und dümmer, als die Polizei erlaubt.«
    Kaye presste die Lippen zusammen.
    Cross war klar, dass sie eine empfindliche Stelle berührt hatte. »Ich glaube, die Clique um Jackson hat in einem wichtigen Punkt Recht: Aufgrund Ihrer Erfahrung sind Sie in positiver Weise voreingenommen. Sie glauben, dass SHEVA gutartig ist, ein natürliches Phänomen, dem wir uns schlicht und einfach beugen müssen. Wir sollten es akzeptieren, anstatt es zu bekämpfen, weil es mächtiger ist als wir alle zusammen.«
    »Ich liebe meine Tochter«, sagte Kaye steif.
    »Das bezweifle ich auch gar nicht. Lassen Sie mich ausreden.
    Ich will auf etwas Bestimmtes hinaus, wenn ich auch selbst noch nicht genau weiß, auf was.« Mit verschränkten Armen ging Cross an den Projektionsflächen auf und ab, während sie sich mit der Fernbedienung auf den Ellbogen klopfte.
    »Meine Kinder sind die Firmen. Das ist zwar ein Klischee, stimmt aber trotzdem, Kaye. Ich bin

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