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Die Darwin-Kinder

Die Darwin-Kinder

Titel: Die Darwin-Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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fertig bringt, das schon sehr lange zusammenlebt, trafen sie eine Abmachung. »Sollen wir euch irgendwohin mitnehmen?«
    Will sah Stella fragend an, aber sie konnte nur den penetranten Ölgestank ausmachen. Der Mann, der mindestens zehn Jahre älter als die Frau war, hatte ein hageres Gesicht, helle graue Augen und eine auffällig große Nase. Er trug ebenfalls mehrere Ringe an den Händen, die auf dem Steuerrad ruhten: Silberringe mit Türkisen und Korallen, die Vögel und abstrakte Formen darstellten.
    »Klar doch«, sagte Will.
    Gleich darauf sprang die Tür auf und glitt automatisch zur Seite. Im Wagen stank es nach Zigaretten, Hamburgern und Pommes frites.
    Stella rümpfte zwar die Nase, trotzdem lief ihr bei den Essensdüften das Wasser im Mund zusammen. Seit dem Morgen des Vortags hatten sie nichts mehr gegessen.
    »Wir haben von Kindern wie euch gelesen«, erklärte der alte Mann, während sie einstiegen. »Schwere Zeiten, wie?«
    »Tja«, erwiderte Will. »Vielen Dank auch.«

    Teil 3

    SHEVA
    + 18

    »Wir befinden uns im achtzehnten Jahr dessen, was manche als Jahrhundert der Viren bezeichnen. Die ganze Welt spielt vor Angst immer noch verrückt, obwohl es einige schwache, noch recht verschwommene Anzeichen dafür gibt, dass eine politische Lösung angestrebt wird.
    Dennoch hat die Mehrheit der jüngst befragten Menschen nicht die leiseste Ahnung, was ein Virus überhaupt ist. Die meisten von uns können darüber wenig mehr aussagen, als dass Viren klein sind und uns krank machen.
    Die Mehrzahl der Wissenschaftler hält an der Auffassung fest, dass Viren genetische Piraten sind, die Zellen entern und töten, um sich zu reproduzieren – selbstsüchtige Gene mit Schnappmessern’ oder ,DNA, die Terror ausübt’. Andere Wissenschaftler setzen dagegen, wir hätten ihre Funktion größtenteils missverstanden: Viele Viren seien genetische Boten, die Signale zwischen den Körperzellen, ja selbst zwischen Ihnen und mir vermittelten – sozusagen ein genetischer Bundespaketdienst.
    Die Wahrheit umfasst vermutlich beide Aspekte. Wir haben es hier mit einem seltsamen alten Ballspiel der Biologie zu tun, und die meisten Wissenschaftler sind sich darin einig, dass wir noch nicht einmal die erste Halbzeit beendet haben.«

    Journalist von Fox Media in einem Beitrag für Floodnet
    Real Life, Sondersendung der Real News – nicht ausgestrahlt

    Wer würde in einer solchen Sendung denn für teures Geld einen Werbespot platzieren wollen? Dafür ist die Sache viel zu unheimlich. Und was zum Teufel soll ,noch recht verschwommene Anzeichen’ bedeuten? Mir hängt dieser ganze wissenschaftliche Mist zum Hals raus. Die Wissenschaft macht mir den ganzen Tag kaputt. Geben Sie mir Bescheid, ob und wann sich der Präsident so lange auf den Topf setzt, dass er sein Geschäft erledigen kann. Er ist unser Mann. Vielleicht bringen wir Ihren Beitrag, falls und wenn sich der Präsident zum Handeln entschließt, aber versprechen will ich gar nichts.

    Aktennotiz des Geschäftsführers und Programmdirektors von
    Fox Media

    1
    Fort Detrick, Maryland

    Kaye starrte in Mrs. Rhines abgedunkeltes Wohnzimmer. Das Mobiliar war auf bizarre Weise umgestellt: Eine mit einem Laken verhängte Couch stand auf dem Kopf, sodass deren Beine mitsamt den Fußbodenschonern in die Luft ragten, Kissen lagen in Form eines Kreuzes auf dem Fußboden; in einem Winkel lehnten zwei Holzstühle mit den Sitzflächen zur Wand, als müssten sie zur Strafe in der Ecke stehen. Auf dem Kaffeetisch lagen kleine weiße Kartons verstreut.
    Freedman schaltete die Gegensprechanlage ein: »Carla, wir sind jetzt da. Ich habe Kaye Lang Rafelson mitgebracht.«
    Mrs. Rhine trat mit forschem Schritt ins Wohnzimmer, holte sich einen Stuhl aus der Ecke, schwang ihn in die Raummitte, knapp zwei Meter von den dicken Fensterscheiben entfernt, und ließ sich darauf nieder. Sie trug eine einfache Kombination aus blauem Jeansstoff, die ihren Körper von Kopf bis Fuß bedeckte. Ihre Arme, Hände und ein Großteil des Gesichts waren in Mullverbände gehüllt. Sie trug ein Kopftuch. Es sah nicht so aus, als hätte sie noch Haare. Das Wenige, das von ihrer Haut zu sehen war, wirkte rötlich und geschwollen. Die Gazeschichten, die an die Umhüllung einer Mumie erinnerten, ließen zumindest die angespannt blickenden Augen frei.
    »Ich werde hier abdunkeln«, sagte sie mit klarer, fast schneidender Stimme über die Gegensprechanlage. »Drehen Sie Ihre Lampen voll auf. Ist nicht notwendig, dass Sie

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