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Die Datenfresser

Titel: Die Datenfresser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Constanze Kurz
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der Umgang mit digitalen Kommunikationsinformationen, verbunden mit ebenfalls gespeicherten Bildern, Bewegungsdaten, Einkaufsvorlieben oder biometrischen Informationen alltäglich. Sowohl die technischen Voraussetzungen als auch die mathematisch-statistischen Methoden zur Analyse der in den Daten abgebildeten Persönlichkeit sind nicht nur vorhanden, sondern auch noch preiswert verfügbar. Dank der gleichzeitigen und anhaltenden Verbilligung von Speicher- und Verarbeitungskapazitäten werden computerisierte Verfahren eingesetzt, die auch Millionen Datensätze mühelos durchforsten und dabei überraschende Eigenschaften zu entdecken vermögen: Daß Porsche-Fahrer, die kinderlos sind, eine Schwäche für Apfelkuchen haben und als Urlaubsziel Florida und Alaska bevorzugen, war für Werbetreibende vor der Computerisierung kaum ermittelbar.
    Der einzelne Mensch ist nach algorithmischer Rasterung kaum mehr als eine quantifizierbare Menge von Vorlieben, Gewohnheiten und Kaufmerkmalen, die natürlich nach der Größe seines Geldbeutels typisiert werden kann. Diese menschliche Datenhülle kann hernach mit potentiell zu kaufenden Produkten gefüllt werden. Dabei hinterlassen die Käufer wiederum digitale Fingerabdrücke, die das Profil weiter schärfen – und so den Nutzen der stetig lernenden algorithmischen Auswertung erhöhen.
    Eine wichtige Rolle spielt beim Datenschürfen die Art und Genauigkeit der Anfragen, die ein Algorithmus bearbeitet. Je präziser die Fragen, um so höher die Wahrscheinlichkeit, aussagekräftige Auskünfte zu bekommen. Ein Beispiel dafür liefert die Firma Google. Sie führt detaillierte Einstellungsgespräche mit den zukünftigen Arbeitnehmern und analysiert ihre Online-Profile. Die angegebenen und gefundenen Daten werden dahingehend analysiert, ob sich statistische Häufigkeiten finden, die Aussagen über die prognostizierte Länge des Arbeitsverhältnisses ermöglichen oder die Berechnung von Risiken für den Arbeitgeber wie Krankheiten, Kündigungswahrscheinlichkeiten oder gar Wirtschaftsspionage zulassen.
    Natürlich liefern diese Analysen nur Abziehbilder des wirklichen Menschen mit all seinen Neigungen und Eigenschaften, mit seiner Spontanietät und seinen Neurosen. Dennoch entsteht bei ausreichender Genauigkeit eine gute Skizze, vergleichbar mit einer technischen Zeichnung, die ein Gebäude darstellt. Das Wesentliche ist verzeichnet, obgleich der Uneingeweihte Mühe hätte, anhand dieser Zeichnung das tatsächliche Haus in einer Stadt wiederzuerkennen. Je nach Interesse des Datenauswerters können Unschärfen in der Abbildung vorkommen, aber auch Passagen mit erschreckender Genauigkeit, die das Wesen eines Menschen gut erfassen. Vor allem aber bieten diese technischen Zeichnungen Quantifizierbarkeit und zusätzlich Vergleichbarkeit mit anderen Personen. Anhand einer solchen Zeichnung, der Zusammenstellung seiner Merkmale und Gewohnheiten kann jedoch nur selten eine Aussage über den wahren Charakter eines Menschen getroffen werden.
    Existierten vor wenigen Jahren aus verschiedenen Quellen zusammengesammelte Datenbanken noch weitgehend getrennt, so werden heute in zunehmendem Maße die Informationen vernetzt. Die einzelnen technischen Zeichnungen setzen sich dadurch nach und nach zu genauen Entwürfen ganzer Stadtteile zusammen. Der Trend ist auch deshalb entstanden, da Daten die erstaunliche Eigenschaft haben, bei ihrer Addition ihren Wert mehr als zu verdoppeln. Algorithmische generierte Annahmen über Eigenschaften eines Menschen können am besten durch mehr Daten bestätigt oder falsifiziert werden. Interessanterweise ist dabei eine Abweichung von der mathematischen Vorhersage genauso wertvoll wie eine Übereinstimmung, da die Formeln dadurch automatisch korrigiert werden und den gleichen Fehler für ähnlich gelagerte Daten nicht noch einmal machen.
    Die digitalen Abbilder unserer Persönlichkeiten sind in allerlei Hinsicht praktisch. Werbetreibende erreichen uns viel einfacher. Unternehmen und Behörden können uns zielgerichteter verwalten. Bei Bedarf können auch prognostische Werte errechnet werden, die es erlauben, unsere Kosten als zukünftige Versicherte abzuschätzen oder bei auffälligen Kontenbewegungen einen präventiven Überwachungsalgorithmus zu aktivieren.

Der Mensch als Helfer der Maschinen
    Mensch und Maschine greifen hier nach wie vor ineinander, denn kaum ein Algorithmus ist so genau, daß er Verhaltensweisen mit hundertprozentiger Wahrscheinlichkeit vorhersagen

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