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Die Datenfresser

Titel: Die Datenfresser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Constanze Kurz
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-Innenministern und der Firma Hewlett-Packard – nach einer Vertragsstrafe von nur 360 000 Euro – unbeirrt fortgeführt.

Verhaltensbeobachtende Systeme
    Die Vermessung des Menschen für seine Identifikationspapiere ist nur der Anfang. Denn neben den biometrischen Merkmalen wie Gesichter, Iriden, Handformen, Stimmen oder Körperformen ist auch das Verhalten geeignet für die Unterscheidung von Personen. Nicht nur, wie sich ein Körper bewegt, kann dabei von Interesse sein, sondern auch Verhaltensänderungen und abweichende Körperfunktionen unter Streß oder anderen nichtalltäglichen Bedingungen.
    Wiederum sind dabei Grenzkontrollsysteme Forschungsgegenstand. Wie ändert sich etwa die Körpertemperatur oder die Weitung der Pupillen eines Menschen, wenn er von einem Grenzbeamten bei der Einreise befragt wird? Kann anhand solcher Messungen mathematisch ermittelt werden, wer einer genaueren Kontrolle unterzogen werden sollte? Kann ein Computer gar besser als ein erfahrener Beamter entscheiden, wer intensiv durchsucht werden sollte? Immerhin ist er nie mit seinen Gedanken woanders, nie übermüdet und hat nur selten Vorurteile – außer er wurde darauf programmiert, bestimmte Menschen auszusortieren.
    Analysiert werden auch viele Formen von nonverbaler Kommunikation. Man fühlt sich ein wenig an Lügendetektoren erinnert. In der Forschung wird mit Hochdruck daran gearbeitet, weitere Biosignale des Körpers zu vermessen, etwa Herzsignale. In einigen Ländern wird sogar mit Systemen experimentiert, die angeblich dann auf bestimmte Veränderungen in der Stimme reagieren können sollen, wenn ein zu seinen Absichten befragter Reisender unter Streß steht – was als Anzeichen für Falschangaben angesehen wird.
    Die Sprachanalyse ist ein weiteres Beispiel, wie durch alltägliche Anwendung der Biometrie die automatisierte Abwicklung vormals menschlicher Interaktion möglich wird. Man verwendet etwa Sprachcomputer, die häufig in Callcentern zum Einsatz kommen. Die meisten Großunternehmen gehen heute nicht mehr selbst ans Telefon, sie betreiben Callcenter oder mieten sie an. Ein vorgeschalteter Sprachcomputer für die möglichst effiziente und arbeitssparende Abwicklung der Kundenkontakte kommt hier zunehmend zum Einsatz. Die algorithmische Analyse dessen, was der Kunde sagt und vor allem, wie er es sagt, ist mittlerweile ein fester Bestandteil solcher Systeme.
    Entwickelt wurden die Algorithmen ursprünglich – wie so oft – für Geheimdienste, die große Mengen mitgeschnittener Telefonanrufe nach bestimmten Kriterien durchrastern. Die Techniken zur Erkennung von emotionalen Zuständen anhand der Stimme, von Dialekten, Geschlecht, Alter und auch von bestimmten Stichworten wurden seit den 1980er Jahren immer weiter verfeinert, bis sie schließlich so leistungsfähig und billig wurden, daß sie an normale Callcenter verkauft werden konnten. Sie werden nun zum einen dazu verwendet, um Anrufer zu klassifizieren und zu priorisieren, zum anderen um aufgebrachte oder aggressive Kunden automatisch zu einem Vorgesetzten oder besser auf Umgang mit Problemkunden trainierte Mitarbeiter durchzustellen. Einige Banken benutzen zusätzlich bereits biometrische Algorithmen zur Erkennung der Sprechenden, um im Telefonbanking eine Authentifizierung des Anrufers vorzunehmen.

Biometrische Blockwarte
    Nicht jede Erfassung biometrischer Eigenschaften ist darauf angewiesen, daß der Besitzer des zu vermessenden Körpers kooperiert. Nicht nur die Stimme eines Menschen kann ohne sein Wissen oder seine Mithilfe analysiert werden, auch sein Gesicht trägt er in der Regel offen zur Schau. Eine typische biometrische Gesichtskontrolle wird allerdings unter homogenen Lichtbedingungen und mit Wissen des Datengebers absolviert. Der Kopf wird gescannt, das digitale Ergebnis mit vorher gespeicherten biometrischen Daten verglichen. Bei Übereinstimmung öffnet sich beispielsweise die Tür.
    Während der Mensch bei der Abgabe des Fingerabdrucks in der Regel aktiv mitwirken muß, kann die Gesichtserkennung gänzlich unbemerkt vonstatten gehen. Wenn aber das Gesicht im Kamerabild nicht frontal und gut ausgeleuchtet erfaßt wird, haben die Algorithmen noch Schwierigkeiten, das dazu passende Gesicht in der Datenbank mit hinreichend hoher Wahrscheinlichkeit herauszusuchen. Videoüberwachungssysteme oder bisher prototypische Software auf Mobiltelefonen haben sie dennoch bereits heute eingebaut: Gesichtserkennung beim Vorbeigehen.
    Die Verfolgung von

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