Die Datenfresser
Femto-Zellen. Sie decken kleinere Räume ab als die typischen GSM -Zellen der Mobiltelefonbetreiber. Befindet sich ein Telefon etwa innerhalb der Reichweite einer bestimmten Pico-Funkzelle, so kann daraus geschlossen werden, daß sich der Telefonierende genau in einer Kaufhausetage aufhält. Nano- oder Femtozellen erlauben es sogar, das Telefon in einer bestimmten Hausetage oder sogar in einer bestimmten einzelnen Wohnung zu verorten.
Betrachtet man das Mobilfunknetz nur aus der Sicht technischer Notwendigkeiten, muß die geographische Information eines Telefons nicht bis zur Vermittlungsstelle weitergegeben oder dort gespeichert werden. Dies gilt auch im Standby-Betrieb des Telefons, wenn es also nur betriebsbereit eingebucht ist, aber kein Gespräch geführt wird. Hier besteht – mit der Ausnahme der letztbenutzten Mobilfunkzelle – technisch keine Notwendigkeit der Speicherung. Doch auch wenn es nicht erforderlich ist, so beschleunigt es doch den Aufbau der Verbindung zur aktiven Funkzelle, in der sich das Telefon gerade befindet. In fast allen Ländern der Welt hat das bloße Vorhandensein dieser Ortsinformation Begehrlichkeiten von vielen Seiten geweckt – seien es staatliche Bedarfsträger wie Polizeien und Geheimdienste, private oder professionelle Wirtschaftsspionierende oder die Werbewirtschaft.
Geographische Bewegungsprofile, die ein Mobiltelefonbenutzer hinterläßt, weisen heute noch eine gewisse Unschärfe auf. Dies geht auf die teilweise sehr große Reichweite der Funkzellen zurück. Das ändert sich jedoch schon in naher Zukunft. Nicht nur die erwähnten Miniatur-Funkzellen führen zu einer immer genaueren Ortbarkeit. Unterstützt wird dieser Trend auch durch die technische Fortentwicklung im Bereich der verwendeten Antennen. Denn in den Next Generation Networks werden neuartige intelligente Antennen eingesetzt. Sie können jeweils die Bewegungsrichtung und Entfernung des Mobiltelefons zum Funkmast messen und damit die Geolokation weiter präzisieren. Technisch reguliert wird die Abstrahlung der Antenne in Richtung des Telefons, vergleichbar mit einer Richtantenne. Die Positionsbestimmung kann damit so genau werden, wie wir es bisher nur durch Satellitensysteme wie GPS kennen. Die straßengenaue Ortsinformation kann damit beispielsweise so präzise werden, daß dem Mobiltelefon die Hausnummer in der Straße zugeordnet werden kann. Dichtere Bewegungsprofile sind dabei zwar nicht Ziel der technischen Entwicklung, genaue Ortsinformationen fallen jedoch dabei aus technischen Gründen einfach an.
Es gibt also viele technische Möglichkeiten, um geographische Informationen zusammenzutragen. Dennoch wird das Mobiltelefon durch seine Nützlichkeit und mittlerweile selbstverständliche Integration in alle Kommunikationsebenen keineswegs als Ortungswanze betrachtet. Nur wenige Benutzer verschwenden heute einen Gedanken daran, wer Geoinformationen in welcher Genauigkeit erhält.
Der allgegenwärtige Begleiter
Die Tatsache, daß das Mobiltelefon zum allgegenwärtigen Begleiter geworden ist und die Arbeits- und Lebenswelt vieler Menschen grundlegend verändert, hat dazu beigetragen, daß es in Deutschland, aber auch europaweit zu einer beispiellosen netzpolitischen Debatte um die Frage der sogenannten Vorratsdatenspeicherung gekommen ist. Der sperrige Begriff beschreibt das Vorhaben, alle Telekommunikationsverbindungsdaten für einen bestimmten Zeitraum zu protokollieren und vorrätig zu halten. Da dabei sowohl bei Festnetzanschlüssen als auch bei empfangsbereiten Mobiltelefonen Daten über den Aufenthaltsort des Telefonbenutzers gehören, fallen nicht nur Informationen an, wer mit wem wie lange telefoniert, sondern auch, wo dies geschieht. Die ebenfalls vorgesehene Speicherung der IP -Adressen kommt dazu: Diese IP -Adresse ist die Nummernkombination, die für einen bestimmten Rechner vergeben wird, sie verfeinert bei jeder Internetnutzung das Daten-Bild über den Menschen.
Die geplante Vorratsdatenspeicherung, die also alle Telekommunikationsverbindungsdaten für sechs Monate erfassen sollte, erlaubte neuartige geographische Anfragen an die von den Mobilfunkanbietern erfaßten Datensätze. So sollten an den umfangreichen Datenbestand beispielsweise Fragen wie diese gerichtet werden können: Wer sind die Personen, die zwischen dem 9. September ab 8 Uhr und dem 12. September bis 16 Uhr über eine bestimmte Funkzelle mobil telefoniert haben? Mit wem und wie lange wurde jeweils telefoniert? Gab es in
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