Die Delfine von Atlantis ("Alantis"-Trilogie) (German Edition)
Brustkorb wurdebreiter, ihre Schwanzflosse kräftiger. Sie hatte das Gefühl, Bäume ausreißen zu können.
Auf Mario wirkte der Zauber auch. Seine Muskeln wuchsen ebenfalls – leider. Dadurch vergrößerte sich nämlich sein Umfang – und er steckte erst recht in dem enger werdenden Loch fest. Er wimmerte vor Schmerz.
»Bist du wahnsinnig geworden? Was hast du eben getan? Ich werde noch mehr eingequetscht … Mach das sofort wieder rückgängig!«
»Mist!«, sagte Sheila laut. »Es tut mir leid.« Sie versuchte, mit ihrer Körperkraft die Eiswand wegzudrücken, aber nach wenigen Anläufen war ihr klar, dass die magische Wand keinen Millimeter weichen würde.
Erschöpft hielt Sheila inne und dachte nach. Was konnte sie tun, um Mario aus seiner misslichen Lage zu befreien?
Ein Schrumpfzauber! Ja, das war es. Damit würden sie mühelos durch das Loch passen.
Doch dann zögerte Sheila. Was, wenn der Zauber am Ende wieder schiefging und sie ganz winzig wurden?
Plötzlich hatte sie den rettenden Einfall.
»Kannst du mich hören, Mario?«
Mario stöhnte. »Ja.«
»Verwandele dich in einen Menschen! Dann passt du durchs Loch!«
»Das ist Selbstmord!«, protestierte Mario. »Das Wasser ist eisig!«
»Solange wir das Amulett tragen, schützt uns die Hundertkraft «, rief Sheila. Hoffe ich wenigstens, fügte sie in Gedanken hinzu.
Mario schien noch einen Augenblick zu überlegen. Dann begriff er, dass sie keine andere Wahl hatten. Sheila beobachtete, wie sichseine Schwanzflosse veränderte und in zwei schlanke Jungenbeine verwandelte. Auch der restliche Körper wurde menschlich, aus den Flippern wurden Arme, die Finne verschwand, und Marios sehniger Leib passte mühelos durch das Loch – genau, wie Sheila es vorausgesagt hatte. Sie sah, wie er nach draußen verschwand. Jetzt kam sie an die Reihe. Von ganz allein formten sich in ihrem Kopf die richtigen Worte.
Mein Zuhaus’ sind Land und Wind!
Ach, wär ich wieder Menschenkind!
Sheila spürte plötzlich überall am Körper die schneidende Kälte. Sie sah nichts mehr, weil sie kein Sonar mehr hatte, und musste sich mit den Händen nach vorne tasten. Das Amulett drohte ihr über den Kopf zu rutschen, sie hielt es fest, während sie sich durch das Eisloch zwängte.
Vor ihr leuchtete ein orangefarbenes Licht. Es stammte von dem Stein, den Mario in einer Hand hielt. Mit der anderen griff er nach Sheila, und gemeinsam strampelten sie nach oben, um aufzutauchen und Luft zu holen.
Sheila war sich nicht sicher, ob die Amulette sie tatsächlich noch beschützten. Vielleicht hatten sich die Zaubersprüche auch gegenseitig aufgehoben – Hundertkraft und Muskelkraft und zuletzt noch die Verwandlung in Menschen. Jedenfalls froren Mario und Sheila erbärmlich.
Die Luft über dem Wasser war schneidend, die Kälte fuhr in ihre Lungen.
Mit letzter Kraft schaffte Sheila es, sich wieder in einen Delfin zu verwandeln, aber die Kälte steckte noch immer in ihren Gliedern. Als sie abtauchte, war sie erschöpft und ausgelaugt. Sie sehnte sich nach ihrem Bett.
Stattdessen schwammen sie aber hier im Eismeer. Es war noch immer finster, keine Spur von Tageslicht. Nur der Stein leuchtete nach wie vor gleichmäßig orange, als Mario ihn an Spy weitergab.
Wie eine Unterwasserfackel, dachte Sheila müde. Sie kämpfte gegen das Verlangen, den Stein zu berühren und seine Kraft zu erspüren. Traurig sah sie zu, wie er in Spys Maul verschwand und das Licht erlosch.
Spy rülpste zufrieden. »Ich werde meinem Meister sagen, dass wir den nächsten Stein gefunden haben«, kündigte er an.
»Nicht jetzt!«, protestierte Mario sofort. »Zuerst suchen wir uns einen Platz, an dem es wärmer ist, bevor wir hier noch zu gefrorenen Fischstäbchen werden.«
»Ein Delfin ist kein Fisch«, korrigierte Spy besserwisserisch.
»Aber du bist einer«, entgegnete Mario. »Komm mit, du Sackfischstäbchen! Ich hab echt genug von all dem Eis hier! Los, nach Norden!«
15. Kapitel
Mario in Gefahr
Nach einer Weile behauptete Mario, das Meer sei nicht mehr so kalt, aber Sheila konnte keinen großen Unterschied feststellen. Sie fror noch immer.
Spy hielt Ausschau nach Krill, aber die Ausbeute war nicht besonders üppig.
Alle drei hatten das Südpolarmeer ziemlich satt.
Sie waren weit nach Norden geschwommen, und allmählich konnten sie wieder einen Unterschied zwischen Tag und Nacht feststellen. Packeisschollen türmten sich übereinander – schroffe Gebilde –, aber die freien Wasserflächen
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