Die dem Mond ins Netz gegangen - Lene Beckers zweiter Fall (Lene Becker ermittelt) (German Edition)
seine Landsleute und ihre Gewohnheiten an allem festzuhalten lustig. Bei einem großen Kaffee tauschten sie ihre Resultate aus.
» Ich habe wenig Hoffnung, den Mann darüber, also über die Befragung der Nachbarn, zu finden. Brigitte und ER waren wohl sehr vorsichtig. Jetzt haben wir zwar bald die DNA, aber mehrere Tausend Verdächtige. Oder Zigtausende. Glorios. Na, wir probieren es weiter. Diese Nadel-im-Heuhaufen-Suche ist eben unser Job. Zudem hat mich der Bürgermeister angerufen. Er will auf keinen Fall einer Speichelprobe von wahllos vielen Gästen zustimmen. Er hat richtig losgebrüllt.
› Das schadet uns zu sehr. Es kommt nicht in Frage. Ich habe das Verständnis des Polizeipräsidenten. So etwas kann sich unsere Stadt nicht leisten. Sie müssen schon erst andere Beweise haben. Erst dann …‹, und dazu hat er das autoritärste Gesicht gemacht, das ich je bei ihm gesehen habe. Na, ist ja klar, diese Art Reklame verschreckt jeden, zumal viele hier inkognito bleiben möchten.«
Lene grinste bei der Vorstellung einer endlosen Schlange von nackten Männern, die zur Speichelentnahme anstanden. Wirklich keine gute Idee.
» Dann müssen wir wohl noch andere Anhaltspunkte finden.«
Renaud wollte die französischen Exgäste nachher noch abtelefonieren und hatte inzwischen seine Leute auch für die Befragung der nicht -deutschen Nachbarn losgeschickt. Sie würden aber die Befragung auch erst gegen sechs beginnen wie Lene.
» Vorher ist ja doch Strandzeit.«
Um es nicht zu vergessen fragte Lene noch nach den Formalitäten, die die Melzers jetzt durchlaufen mussten. Aber letztlich mussten sie warten, bis die Rechtsmed izin die Leiche freigeben würde.
» Und das kann noch mehrere Tage, auch Wochen dauern. Kommt auf den Stand der Ermittlungen an, nicht nur auf die ersten pathologischen Auswertungen. Wir werden sehen.«
Dann berichtete er von dem Gespräch mit Jean-Pierre. Und von Père Jean Baptiste.
» Wissen Sie schon, dass Jean-Pierre auch Priester werden wollte? Dass er sich erst sehr spät dagegen entschieden hat und deshalb noch studiert?«
Renaud war begeistert von Lenes Quelle – »da kommt sie aus Deutschland und bekommt mehr französisches Insiderwissen als ich!« Er raufte sich gespielt die Haare. »Wir können nur auf genauere Informationen hoffen. Irgendwie wird der junge Mann immer interessanter. Warum er wohl bei Brigitte so zögerte? Sehr ungewöhnlich für den Süden hier.«
Das stimmte. Auch Lene war das unbegreiflich. Der Grundkonflikt vieler junger Leute, die hierher in die Ferien kamen, war eher die schnelle Eroberung und das Fallenlassen, meist durch die Männer, und oft schon am nächsten Morgen, wenn sie ihr Ziel erreicht hatten. Frankreichtränen.
Lene erzählte von den Tagebucheintragungen und Sebastian.
»Von wann genau bis wann der da war, müssen wir noch wissen. Und wer das ist. Vielleicht haben wir dann noch einen Verdächtigen. Die Mutter weiß sicher mehr über ihn. Und die Schwester auch.«
Plötzlich überzog wieder sein typisches Lächeln das Gesicht und veränderte es völlig. Mindestens tausend Lachfalten.
» Ich bin sehr froh, dass ich Sie habe, Lene«, sagte er so spontan, dass sie fast rot wurde. Albern. Kindisch. Schimpfte sie sich innerlich. Ein Kleinkind, das kein Lob gewohnt ist. Außerdem hatte sie ein schlechtes Gewissen, weil sie aufgehört hatte zu lesen, als ihre Kinder kamen und lieber mit ihnen zusammen gesessen hatte.«
» Ist ER noch einmal darin aufgetaucht?« wollte Luc noch wissen.
» Keine Silbe. Nur Jean-Pierre. Und sie dachte viel nach. Ein sympathisches Mädchen. Ich denke beim Lesen oft an ihre Mutter, als wir jung waren. Sie war auch so.«
Beide hingen kurz ihren Gedanken nach und verabschiedeten sich bald d anach.
»Wir kriegen ihn«, versprach Luc und seine Stimme klang zornig.
Die Kühle der Empfangshalle im Hotel war wohltuend. Draußen war es noch immer sehr heiß. Lene vermisste den Strand jetzt schon.
Ich muss mir immer L ücken freihalten. Wenigstens schwimmen gehen, dachte sie, ihre Ansprüche gleich wieder reduzierend.
Als sie es merkte, streckte sie sich innerlich die Zunge raus. Kannst du nicht einmal ohne schlechtes Gewissen an dich denken?, fragte sie sich ungeduldig.
An der Rezeption gab man ihr gleich Auskunft, wo sie Marion finden würde und sie entdeckte sie auch sofort. Setzte sich zu ihr unter den Sonnenschirm und zog ihr Top aus. Luft! Das tat gut. Der BH musste als Bikinioberteil herhalten. Einmal mehr war Lene
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