Die dem Mond ins Netz gegangen - Lene Beckers zweiter Fall (Lene Becker ermittelt) (German Edition)
einen Ausdruck tiefer Erschöpfung im Gesicht.
» Das ist ja wohl die größte Scheiße, die hat passieren können. Du tust mir leid. So eine verdammte Schweinerei – und um dabei zu bleiben, was ist das für ein Schwein, der so etwas tut! Setz dich und ich hole dir einen Kaffee. Du siehst furchtbar aus.«
Renaud war in den vierzig Fahrminuten die Ausweglosigkeit seiner Ermittlungen, das Fehlen jeglichen Fadens, dramatisch bewusst geworden. Wo sollten sie jetzt suchen? Er hatte sich bisher doch mehr die Gürtelspange als Tatmotiv vorgestellt. Gehofft, in dieser Richtung noch weiter ermitteln zu können. Andererseits wussten sie – als Erste - erst seit gestern, dass sie wohl wirklich echt war. Ein eventueller Mitwisser konnte das bisher also auch nicht mit Bestimmtheit wissen. Hatte Brigitte die Spange doch jemandem gezeigt? Vielleicht Marie, und die hatte darüber mit jemandem gesprochen, der sie jetzt als Mitwisserin ausschalten wollte? Vielleicht hatte sie vermutet, dass dieser Mitwisser Brigitte ermordet hatte um an die Spange zu kommen? Es ihm gesagt? Am Strand gedroht, diese Information an die Polizei zu geben?
» Sie muss etwas gewusst haben oder etwas Verdächtiges beobachtet haben. Und das wollte sie Lene erzählen. Warum hat sie ihren Freunden nichts gesagt? Das ist doch absurd! Oder war es so brisant, was sie wusste, dass sie nicht einmal ihre Freunde einweihen wollte? Keine Spur« - bis auf die Gürtelspange, setzte er in Gedanken hinzu. Noch wollte er Brigittes Geheimnis wahren. Bis sie wussten, ob es damit zu tun hatte.
Er nahm den Kaffee , den George ihm reichte, entgegen. Schielte nach dem Croissant, das er auf der aufgerissen Bäckertüte auf dem Schreibtisch liegen sah.
» Nimm schon. Ich warte auch mit allen Aufzählungen der ersten In-Augenschein-Nahme bis du fertig bist«, grinste George, der um Lucs Magenprobleme im Sezierraum wusste. Aber hier, in seinem Büro, schien die Sonne durchs Fenster und selbst der Formalingeruch blieb dank der Klimaanlage draußen. Luc griff zu und biss hinein.
Es klingelte und ein K urier der Polizei kam herein mit einer Kiste.
» Die nächsten, etwa zweiundneunzig. Vielleicht auch fünfundneunzig. Wir wollten nicht noch einmal zählen.«
» Gut, bringe sie hinüber ins Labor. Die warten sicher schon auf ein bisschen mehr Arbeit …«, meinte George ironisch.
D er Kurier hob nur die Achseln. »Ich kann ja auch nichts dafür, dass es so viele sind. Seid schön fleißig, es sind jetzt schon etwas über zweihundert.«
Als er draußen war, stöhnte Renaud auf.
» Heißt das, es sind schon zweihundert DNA Proben? Der Präfekt bringt mich um. Weißt du, was das kostet? Verdammter Mist, können die Leute nicht einfach drin bleiben? Im village verhungert man auch nicht und so viele können doch heute nicht abreisen. Außer sie fliehen schon vor dem Mörder.«
Dabei biss er große Stücke von seinem Croissant ab und trank schließlich den letzten Schluck Kaffee. Dann sprang er mit einem auffordernden Blick zu George auf. »Wir können«, und war schon durch die Tür in den Obduktionssaal.
Marie sah im Tod seltsam würdevoll aus, als ob sie das alles um sie herum nichts mehr a nginge. Nicht die dunklen Flecken am Hals und das blau gefärbte Gesicht, nicht einmal der Tod selbst. Sie war fort.
George zeigte Luc die Platzwunde am Hinterkopf.
» Aber daran ist sie nicht gestorben. Sie war nur bewusstlos – und dann vielleicht erst hat der Täter die Idee gehabt, dass sie tot am wenigsten gefährlich für ihn wäre. Denn erst dann hat er sie erwürgt. Vielleicht war sie auch zu sich gekommen. Es wirkt wie eine Spontanhandlung, ich tippe schon auf den gleichen Täter wie bei dem ersten Opfer. Da hat er ja auch spontan das Nächstbeste gegriffen um sie zu erwürgen.«
» Kannst du irgendetwas zu dem Täter sagen? Oder der Täterin?«
» Ich glaube eher an einen Mann, es sei denn, ihr habt eine sehr kräftige Verdächtige mit großen Händen. Denn hier sehen wir die Handabdrücke, von der Spannbreite eher die eines Mannes und zwar eines großen und kräftigen Mannes.«
Da ist er ja wieder, der große, kräftige Mann, unser verhasster Freund. Na wa rte, ich kriege dich, dachte Renaud und fühlte seinen Blutdruck nach oben schießen. Ebenso seinen Adrenalinausstoß.
» Dann sollten wir erst einmal die männlichen DNA Proben vergleichen, das ist dann doch wahrscheinlicher. Hebt die von den Frauen einfach auf, falls wir sie noch brauchen.«
Er holte sein Handy
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