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Die Depressionsfalle

Die Depressionsfalle

Titel: Die Depressionsfalle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm Braumüller <Wien> , Alfred Springer
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Kooperationsangeboten unbeschränkte Zuwendungen für Informationsmaßnahmen, die die Wahrnehmung und das Erkennen der Störungen anregen sollen. Eli Lilly allein gab in einem Quartal des Jahres 2009 an die NAMI (National Alliance on Mental Illness) und ihre lokalen Organisationen 551.000 Dollar, an die National Mental Health Association 465.000 Dollar, an CHADD (eine Gruppe, die die Interessen von ADHS-Patienten vertritt) 130.000 Dollar und an die Amerikanische Foundation für Selbstmordprävention 69.250 Dollar. Und das ist nur eine Firma und ein Quartal. Die Gesamtsumme, die von allen Konzernen in diesem Bereich pro Jahr aufgebracht wird, übersteigt diese Zuwendungen wohl in gigantischer Weise. Als Gegenleistung tragen diese Organisation den Slogan, dass Geisteskrankheiten Gehirnkrankheiten seien, aggressiv in die Öffentlichkeit und verlangen nach einer Ausweitung medikamentöser Behandlung, wie der amerikanische Journalist Robert Whitaker in seinem Buch
Anatomie einer Epidemie
beschrieben hat.
    Auf diese Weise werden Patientenvertretungen benutzt, um den Umsatz dadurch zu steigern, dass die Krankheitskonzepte Verbreitung finden und daraus Druck auf die Gesundheitsverwaltung entsteht, Behandlungen im Sinn der Industrie zugänglich zu machen.
    Auch individuelle Patienten wurden als lebende Werbeträger eingesetzt. Sie wurden von den Firmen zu wissenschaftlichen Konferenzen und zu Pressekonferenzen eingeladen, um über ihre Erfahrungen zu berichten. Dabei wurde die Möglichkeit genutzt, über die Patienten vereinfachende Darstellungen der Krankheit und der Funktion der Arzneimittel in die Öffentlichkeit zu spielen, die die Experten nicht mehr hätten vertreten können.
Strategie 7: Präsenz im Internet, die Unterwanderung von Internetplattformen
    Caroline Walter und Alexander Kobylinski haben in ihrem Buch
Patient im Visier
(2010) aufgezeigt, wie Pharmafirmen das Internetnutzen, um die in den USA übliche, in den meisten Ländern Europas aber verbotene direkte Werbung am Patienten zu betreiben. Sie zitieren dabei Fred Harms und Dorothee Gänshirt, die in dem Handbuch
Gesundheitsmarketing
schreiben: „In der Medizin wird das Internet zum entscheidenden Faktor für die uneingeschränkte Informationsweitergabe. Daher führt dieses Medium mittelfristig einen großen Teil der regulatorischen Einschränkungen ad absurdum. Somit werden nationale Regelwerke langfristig durch das Internet ausgehebelt.“ 73
    Walter und Kobylinski haben diese Arbeitsweise der Pharmaindustrie am Beispiel der verdeckten, direkt an die Patienten gerichteten Werbung für Arzneimittel, die gegen Multiple Sklerose eingesetzt werden, nachgezeichnet. Sie zeigen auf, dass die Informationsseiten von der Industrie betrieben werden und dass die Patienteninformation, die angeboten wird, in hohem Ausmaß dem Interesse von Erzeugerfirmen der MS-Medikamente dient. In den Diskussionsforen werden getürkte Postings veröffentlicht, durch Namensplatzierung wird für spezielle Arzneimittel geworben, gut aussehende Modelle, die wahrscheinlich ganz gesund sind, preisen die Wirkung der Medikamente. Es wäre von hohem Interesse, eine vergleichbare Arbeit auch für die Bewerbung der Antidepressiva durchzuführen. Erinnern wir uns: Die WHO meint, dass das Internet einen wesentlichen Beitrag zum Empowerment der Patienten liefern kann. Dazu muss dieses aber als möglichst unabhängiges Informations- und Kommunikationsmedium zur Verfügung stehen.
Strategie 8: Finanzierung und Unterwanderung von „unabhängigen“ Beratungsfirmen
Strategie 9: Verteilungskämpfe auf dem Markt, exzessive Ausnutzung von Patentrechten, Behinderung der Vermarktung günstigerer Generika
    Unter dem Patentschutz stehende Arzneimittel bringen der Industrie hohe Gewinne. Nach dem Auslaufen dieser Periode können Generika auf den Markt gebracht werden, die das Preisniveau entsprechendsenken. Wie dramatisch sich das Auslaufen eines Patents auswirkt, kann man am Beispiel von Prozac erkennen. Noch im Jahr 2000 betrug der Gewinn, den Eli Lilly aus dem Verkauf des Mittels zog, 2,6 Milliarden Dollar. Nachdem im August 2001 das Patent ausgelaufen war, sanken die Verkaufszahlen um 70 Prozent.
    Aus diesem Grund versuchen die Erzeugerfirmen einerseits, die patentierte Phase auszudehnen, und andererseits gegen die Hersteller von Generika aufzutreten. Die Patentphase lässt sich dadurch verlängern, dass

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