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Die Depressionsfalle

Die Depressionsfalle

Titel: Die Depressionsfalle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm Braumüller <Wien> , Alfred Springer
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Empfindsamkeit sowie leichte Schlafstörungen können bestehen.
Die Wochenbettdepression
    Die Symptomatik der Depression zeigt im Unterschied zum Baby-Blues eine – besonders für Angehörige und für das medizinische Personal – unangemessen scheinende, traurige Verstimmung. Die Frauen empfinden Gefühle von Hoffnungslosigkeit sowie von Wertlosigkeit, Hilflosigkeit und Vorstellungen von Unfähigkeit (vor allem im Umgang mit dem Baby). Appetitlosigkeit, Schlafstörungen und sexuelle Lustlosigkeit, die hinsichtlich Ausmaß und Dauer auch von verständigen Partnern schwer nachvollziehbar sind, kommen vor. Weiters bestehen Schuldgefühle, das Gefühl, früher etwas falsch gemacht zu haben und jetzt mit dem Baby etwas oder alles falsch zu machen, etwa das Baby nicht richtig zu ernähren oder zu pflegen. Diese Ängste werden von den Müttern oft versteckt oder verschleiert: Alles hat in Ordnung zu sein, es sollte ihr ja gut gehen. Trotzdem können sich die Ängste zu Panikzuständen steigern.
    Besonders belastend, weil wiederum den Teufelskreis der Schuldgefühle nährend, sind die Ängste, man könne dem Baby etwas antun. Diese irrationalen Befürchtungen können zu einer Messer- oder Scherenphobie führen und/oder zu quälenden, sich unwillentlich aufdrängenden Fantasien der Mutter, sie könne das Baby verletzen – was in Wirklichkeit kaum vorkommt. Versuche anderer Personen, zu beschwichtigen, sind gegen die Fantasie der Mutter, siekönne die Beherrschung verlieren, machtlos. Zusätzlich bestehen Ein- und/oder Durchschlafstörungen, die zu einer weiteren Schwächung führen.
    Dieses Leiden kann mit Selbstmordgedanken vergesellschaftet sein, die oft stark dissimuliert, also „weggetäuscht“ werden können. Solange die Frau stärker gehemmt ist, besteht in der Regel keine unmittelbare Gefahr, wenn aber besondere Panikgefühle hinzukommen, so kann die Hemmung plötzlich durchbrochen und eine Aktion gesetzt werden – und dann besteht akute Gefahr. In dieser Phase besteht auch die Gefahr des erweiterten Suizids, der durch die irrationale Vorstellung der Mutter begründet ist, dass sie das Baby, um es vor einem fantasierten schrecklichen Schicksal zu bewahren, mit in den Tod nehmen muss.
Risikofaktoren für eine Wochenbettdepression
    Derartige Risikofaktoren sind vor allem psychosoziale und psychosomatische Faktoren und möglicherweise auch körperliche Faktoren. Es ist unumstritten, dass kritischen, belastenden Lebensereignissen bei dieser Depression – wie auch bei allen anderen Formen der Depression – eine ganz besondere Bedeutung zukommt. Hier sind es vor allem jene Lebensereignisse, die von George W. Brown und Tirril O. Harris als „exits from the social field“ bezeichnet werden – also etwa das Verschwinden von Personen, von Objekten oder aber auch fantasierte Verluste, die eine krankhafte Traurigkeit mitverursachen. Das „Verlassen-Werden“ vom Vater des „Babys to be“ oder eine Forderung des Partners nach Abbruch der Schwangerschaft bedeuten Trennungen: im ersten Fall von einer realen Person und im zweiten Fall von dem Bild, das die Frau vom Kindesvater gehabt hat. Der Verlust eines Idealbildes, der Verlust des Bildes von sich selbst oder der eines Wunschbildes von der eigenen Person, (z.B., dass nach dem Besuch des Schwangerenturnens und nach der Befolgung aller Ratschläge die Geburt doch kurz und schmerzlos und ohne Kaiserschnitt verlaufen solle) oder der Verlust des Bildes von einem schönen, gesunden Baby und diverse andere Enttäuschungen spielen ebenfalls eine große Rolle. Sie sind ein Königsweg in krankhafte traurige Verstimmung.Die Tatsache, dass diese Symptome im Zusammenhang mit massiven hormonellen Veränderungen auftreten, hat immer dazu geführt, dass die Ursache dieses Leidens bei diesen Vorgängen gesucht wurde. Bis jetzt ist die Wissenschaft bei der Suche nach hormonellen Geschehnissen nur wenig fündig geworden.
    Anthropologische Feldstudien legen nahe, dass ein sinnvolles und ernsthaftes Vermitteln von unterstützenden Ritualen (etwa im Umgang mit dem Baby) bei der betroffenen Frau die Funktionen des Mittelhirns (Hypothalamus), der Hirnanhangsdrüse (Hypophyse) und die Funktion der Nebenniere und somit die Produktion von Signalstoffen mit innerer Sekretion beeinflussen und die Angst oder Panik nach der Geburt verringern

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