Die deutsche Götterlehre
zum Hahnenkrat. Entsetzt eilen sie fort und sagen nur noch, man möge am andern Tage am Flusse oder am Quell zuschauen; wenn ein Milchstrahl oder ein Schwall hellen Wassers emporschiesse, dann kämen sie zurück, schösse jedoch ein Blutstrahl empor, dann sähe man sie nie wieder. Nie aber zeigt sich der Milchstrahl und nie kehren die Jungfrauen mehr zurück.
Unter dem Wasser haben die Nixen ihre prächtigen Wohnungen, in welchen sie ganz nach menschlicher Art wirthschaften. Als bei einem Sturm ein Schiff auf einen Felsen lief und trotz aller Mühe der Mannschaft fest sitzen blieb, stieg ein Mann aus dem Wasser und fragte die Schiffer barsch: ›Was habt ihr da zu thun?‹ Der Bootsmann klagte sein Unglück und sogleich sprang der Mann in das Wasser, nahm einen Haken, setzte ihn gegen den Felsen an und drückte nur einmal, da war das Schiff flott. Als der Bootsmann fragte, ob das Schiff ihm lästig gewesen sei, sprach der Nix: ›Seht doch nur zu, es sperrte mir die Hausthür, so dass meine Frau, die eben zur Kirche gehen wollte, nicht heraus konnte.‹
Gleich den Elben bedürfen sie menschlichen Beistandes, wenn ihre Frauen in Geburtswehen liegen. Einst kam der Wassermann zu einer Wehmutter und bat sie, seiner Frau beizustehn. Anfangs weigerte die Frau sich, als er aber gar flehentlich bat und sie versicherte, es geschehe ihr kein Leid, ging sie mit ihm. Am Flusse angekommen schlug er mit einer Ruthe auf das Wasser, da theilte es sich, beide stiegen eine Wendeltreppe hinab und kamen in ein schönes Gemach, worin die Wasserfrau auf einem kostbaren Bette lag. Als die Wehmutter ihre Pflicht gethan hatte, führte der Nix sie wieder herauf und gab ihr oben ein Büschlein Stroh als Lohn für ihre Mühe. Sie nahm es zwar an, warf es jedoch weg, als sie wieder festen Boden unter ihren Füssen fühlte. Zu Hause fand sie, dass ein Hälmlein an ihrem Kleide hätten geblieben war, als sie dasselbe genauer betrachtete, war es reines Gold.
Oft bezeigen sich die Wassergeister freundlich und hülfreich gegen die Menschen, aber ein andermal werden sie ihnen auch gefährlich. Die Nixen locken gern durch ihren Gesang schöne Jünglinge in die Tiefe, und eben so stellt der Nix schönen Mädchen nach.
Jedes Jahr fordert der Nix sein Opfer und zwar meist ein Menschenopfer, welches er, da es ihm nicht mehr freiwillig dargebracht wird, sich nimmt. Die alte Opferzeit war um Johanni, wesshalb man noch jetzt vielfach dies Baden an diesem und den ihm nächsten Tagen meidet. Fast von allen Flüssen und Flüsschen heisst es, dass dann einer in ihnen ertrinke. Ueberhaupt ist Blutdurst und Grausamkeit den Wassergeistern eigen, ein Zug der auch durch das Leben aller Wasserthiere geht. Das kalte, dicke Element scheint wenig Gefühl aufkommen zu lassen, darum entfliehen ihm die zartern Nixen so gern und fühlen sie sich so wohl in der feinern, reinern Luft, in den Strahlen der Mittagssonne und unter dem klaren Sternenhimmel, während der Nix gleich dem dicken, mörderischen Geschlecht der Seethiere mehr die trübe Tiefe liebt. Sie haben mit den Elben und Zwergen oft die Kunde künftiger Dinge gemein, besonders wissen sie vorher, wann ein Mensch im Wasser ertrinkt und zeigen es durch klagenden Ruf an.
Hausgeister. 70
Die bisher betrachteten Genien, die der Berge, der Wälder und der Flüsse nahen den Menschen durchgängig nur gezwungen, wenn sie deren Beistand nöthig haben. Bei den Hausgeistern finden wir das volle Gegentheil, sie kommen von selbst, den Menschen ihre Dienste anzubieten, sie wollen freundlich mit ihnen verkehren, sind ihnen hülfreich, wo und wie sie nur können, und haben stets Glück und Segen in ihrem Geleit. Auch darin sind sie von den andern Genien verschieden, dass während jene sich in männliche und weibliche theilen, sie nur männlich oder vielmehr geschlechtlos sind.
Die ältesten uns bekannten deutschen Namen dieser Geister sind hûsing und stetigot d. i. Geist der Stätte, des Ortes; als solche sind sie den römischen Laren und Penaten gleich. Sie stehen gleichfalls in besonderm Bezug auf den Heerd des Hauses, unter dem sie öfter hervorkommen, wo sie sich am liebsten aufhalten und wo auch die Thüre zu ihrer unterirdischen Wohnung zu sein scheint. Auch stellte man ihnen Gaben dahin und zwar in die kleinen Nischen, welche man noch in Bauernhäusern und alten Häusern der Städte neben dem Heerde findet. Andere trauliche Namen sind ingoumo , Hüter des innern Hauses, ingesîde , unser Ingesinde, ferner Gesell,
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