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Die deutsche Seele

Die deutsche Seele

Titel: Die deutsche Seele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thea Dorn
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wundervolle Werk wollen wir der deutschen Nation, der wahren Nation, zum Geschenk machen und ihr sowie den anderen Nationen zeigen, was deutsche Kunst vermag. Ich beschwöre Sie: Vermeiden Sie jede Berührung mit der profanen Außenwelt! Schonen Sie sich!
    Auch ich fühle mehr und mehr die Berechtigung, ganz in meiner Sphäre zu bleiben, mich nicht herabziehen zu lassen in den Strudel der Alltagswelt, die mich anwidert, selbst wenn ich für sie sorgen muss, sondern in meiner ideal-monarchisch-poetischen Höhe und Einsamkeit gleich Ihnen, angebeteter Freund, zu verharren, unbekümmert durch die geifernden Schlangenzungen. Das reine Feuer erhabener Begeisterung kann nicht genährt werden, wenn der Priester zu viel mit Dingen dieser Erde sich befasst, man kann nicht Gott und dem Mammon zugleich dienen, und darum handelt es sich hier.
    Wenn nur die Arbeiten an meiner geliebten Burg nicht so quälend langsam vor sich gingen! Ich schrieb Ihnen doch von meiner Absicht, die alte Ruine Hohenschwangau bei der Pöllatschlucht wieder aufbauen zu lassen im echten Stil der alten deutschen Ritterburgen? Nun weiß ich, dass ich alles neu anfangen muss. Wie sehne ich den Tag herbei, an dem ich einst dort hausen werde! Mehrere Gastzimmer, von wo man eine herrliche Aussicht genießt auf den hehren Säuling, die Gebirge Tirols und weithin in die Ebene, sollen wohnlich und anheimelnd eingerichtet werden. Sie kennen ihn, den angebeteten Gast, den ich dort beherbergen möchte. Der Punkt ist einer der schönsten, die zu finden sind, heilig und unnahbar, ein würdiger Tempel für den göttlichen Freund, durch den einzig Heil und wahrer Segen der Welt erblüht. Auch Reminiszenzen aus Tannhäuser, aus Lohengrin werden Sie dort finden. In jeder Beziehung schöner und wohnlicher wird diese Burg werden als das untere Hohenschwangau, das jährlich durch die Prosa meiner Mutter entweiht wird. Sie werden sich rächen, die entweihten Götter, und oben weilen bei uns auf steiler Höh’, umweht von Himmelsluft.
    Meine Pläne kennen keine Grenzen mehr. Auch in Linderhof lasse ich bauen, fernab von allem Münchner Getümmel. Wenn ich die Augen schließe, bin ich in der Venusgrotte mit klarem See, Schwäne umschmeicheln meinen leichten Muschelkahn, ich sehe Lichtspiel, sanfte Wogen, Wasserfall. Geliebter, komm! Sieh dort die Grotte, von ros’gen Düften mild durchwallt! Entzücken bot’ selbst einem Gotte der süß’sten Freuden Aufenthalt.
    Herzinnigster Meister, Sie müssen mir Skizzen zu all Ihren Bühnenbildern aus dem Archiv kommen lassen, ich will jedes Ihrer Werke getreulich in die Natur stellen, alle Mauern niederreißen zwischen Bühne und Zuschauerraum, Ideal und Wirklichkeit, Nacht und Tag. Soll es denn nie geschehen, dass die großen Geister glücklich und zufrieden leben können, von ihren Mitmenschen bewundert und sie begeisternd?
    Die fürchterliche Fessel wird schwinden! - Mut! - Siegen werden wir, das weiß ich, denn geheiligt sind unsre Waffen, göttlich und lauter die Sache, für welche wir unermüdet streiten!
    Gruß und Segen aus den Tiefen der Seele! Ihr ewig treues Eigen Ludwig.
     
    >German Angst, Kulturnation, Musik, das Unheimliche

Querdenker
     
    Am Anfang war der Querulant. Er, der immer etwas auszusetzen hatte, dem es keiner recht machen konnte. Er, der als jemand galt, dem das Ganze nicht passte, der es aber nie laut gesagt hätte. Vielmehr hatte er in der einen oder anderen Frage seine Bedenken, wie er einzuräumen pflegte, und bei den Vorschlägen, die auf den Tisch gekommen seien, würden ihn einige der Details noch nicht überzeugen.
    Der Querulant konnte einem ganz schön auf die Nerven gehen, stellte er doch im Grunde das mühsam erreichte Denkergebnis in Frage. Und das, ohne sich allzu weit vorzuwagen. Er war ein Ärgernis, aber damit musste man leben, und man konnte es auch. Schließlich verwaltete er das Aufmüpfige.
    Dem Querulanten konnte man auch zugute halten, dass er der Querulant blieb. Er war eine berechenbare Größe, man hatte mit ihm aber nicht nur zu rechnen, man konnte an seinem Verhalten auch ablesen, ob es in einer Sache größere Widerstände geben könnte. Man war nicht selten durch den Querulanten gewarnt.
    Mit der politisch korrekten Einrichtung der Demokratie nach den Diktaturen des 20. Jahrhunderts war auch der Querulant als solcher nicht mehr haltbar. Man konnte schließlich bei dem allseits geförderten Liberalismus einen, der anders dachte, nicht mehr abqualifizieren. Der Begriff

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